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Wie betäubt realisierte ich erst allmählich seine Worte. Mein Verstand weigerte sich, diese neue Information durchsickern zu lassen. Wie als wäre ich unter Droge, schaffte ich es nicht irgendetwas zu verstehen. Das war doch nicht mein Herzschlag, das den ganzen Lärmpegel um mich herum übertönte, oder?

Ich sah wie diese Frau Stahl wild gestikulierte. Sie warf ihre Hände in die Luft und sah verzückt aus. Auch sah ich meinen Chef, doch hatte kaum eine Möglichkeit ihn länger zu betrachten, denn ein freudiges Quieken katapultierte mich wieder in die Realität.

Erschrocken riss ich meine Augen auf und blickte erzürnt meinen Chef an. Mir war egal, dass wir hier vor unseren Kunden standen. Was für einen Mist setzte er da in die Welt? Herr Aslan entging mein Blick wohl nicht. Seine Hand glitt langsam an meiner Seite runter, was mich erneut zusammen zucken ließ. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass er mich gegen sich drückte. Meine Wut verpuffte augenblicklich und die neueste Erkenntnis, nämlich die sanfte Berührung Herr Aslans auf meinem blanken Arm, nahm meine neuen Gedanken in Anspruch. Es irritierte mich und machte mich gleichzeitig ärgerlich. Ich wusste nicht, was für ein Spiel er spielte, aber es gefiel mir nicht.

„Helga, siehst du nicht? Du hast die beiden in Verlegenheit gebracht. Komm lass uns schon mal auf unseren Platz gehen. Lassen wir die jungen Menschen allein", forderte Herr Stahl seine Frau auf. Was für ein vornehmer Mensch und so aufmerksam. Anders als die Frau, die ihrem Mann gerade nur widerwillig folgte. Man sah ihr an, dass sie noch viele offene Fragen hatte, aber die hatte ich auch und wäre gerne alleine mit meinem Chef. Als die beiden außer Sichtweite waren, wandte ich mich mit verschränkten Armen meinem Chef zu.

„Was sollte das, Herr Aslan? Warum behaupten Sie, ich wäre Ihre Verlobte?", versuchte ich beherrscht Antworten zu erhalten.

Erst sah Herr Aslan mich überhaupt nicht an und ich zweifelte sogar einen Moment lang, ob er mich überhaupt gehört hatte, denn er hatte mir immer noch nicht in die Augen gesehen.

Zögerlich blickte er nach einer gefühlten Ewigkeit auf, atmete einmal tief durch und taxierte mich mit dem sonst so üblichen, strengen Blick: „Das sollte ich Sie fragen, Frau Kaya. Was soll...", er hob seine Hand und wies auf mein Kleid. „...das?"

Okay, vielleicht hatte ich doch mehr von ihm erwartet. Auch wenn er sich im Ton nicht vergriffen hatte, diese paar Worte, die Gestik und der Blick waren allemal kaum besser. Er hatte mich beleidigt. Was sollte denn bitte „das" heißen? Ich presste meine Lippen aufeinander. Am liebsten würde ich mich einfach umdrehen und gehen. Ich war nun mal temperamentvoll, aber ich musste mich hier von meinem Chef nicht beleidigen lassen. Wenn ich allerdings floh, würde ich ihm zeigen, dass ich es mit ihm nicht aufnehmen könnte und das konnte ich verdammt nochmal.

„Was meinen Sie denn bitte mit 'das'? Können Sie sich nicht klarer ausdrücken?"

„Mit 'das' meine ich Ihr Kleid. Verstehen Sie das unter schick?"

Das reichte, Herr Aslan ging eindeutig einen Schritt zu weit. Ich war nicht gezwungen außerhalb der Betriebszeit und noch dazu an einem Samstag mit ihm meine kostbare Freizeit zu verbringen. Für irgendwelche Diskriminierungen opferte ich nicht meinen freien Tag und sei es mein Chef, ich ließ mich doch nicht beleidigen.

„Ich glaube nicht, dass ich mir von Ihnen das Wort schick beibringen lassen muss."

Seine Augenbrauen zogen sich zusammen. Vielleicht, weil er erkannt hatte, dass er gerade diese Worte am Donnerstag mir entgegnet hatte.


„Frau Kaya, Sie führen sich wieder einmal unmöglich auf", presste er gefährlich leise hervor.

„Ach, Sie aber nicht? Wieso behaupten Sie bitte, ich sei Ihre Verlobte?"

Plötzlich war es LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt