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„D-Der Bahnhof... Was zum Teufel machst du da?!", rief ich aufgebracht.

Plötzlich wandte er seinen Kopf kurz zu mir. Ein strahlendes Grinsen bildete sich binnen Millisekunden auf seinem Gesicht. „Ich dachte, du willst mich nicht mehr duzen", fragte er mehr als provokant.

Schön, dass er sich amüsierte, aber ich musste zum Bahnhof zurück. Verärgert ballte ich meine Hände zu Fäusten. Erwartete er, dass ich jetzt lachte?

„Ich muss zum Bahnhof. Wäre nett, wenn SIE mich wieder aussteigen lassen würden", presste ich hervor. Was bildete er sich ein? Er konnte mich ja nicht einfach entführen. Doch er ignorierte mich und fuhr mit einem schiefen Lächeln weiter.

„Hören Sie, ich muss zum Bahnhof! Sonst komme ich nicht nach Hause."

Jetzt wurde sein Blick etwas ernster. Aber an Anhalten dachte er trotzdem nicht. Ich wandte mich von ihm ab und fluchte innerlich. Er wollte wohl unbedingt meinen Willen brechen.

„Wohin bringen Sie mich?" Wieder antwortete er nicht. „Verdammt, was soll das?"

Langsam wurde mir das unangenehm. Das war doch krank.

„Bitte, lassen Sie mich doch gehen. Was... Was wollen Sie überhaupt von mir? Wohin bringen Sie mich?" Ich sah ihn verzweifelt an. Was sollte das? Er entführte mich regelrecht. Ich atmete schwer. Irgendwie machte er mir Angst. Wieder fuhr ich mir über das nasse Haar.

Tief Luft holend drehte ich mich wieder zu ihm und schrie diesmal: „Deniz, halt sofort an!"

Und wie auf Kommando drückte er scharf auf die Bremse, sodass es mich etwas nach vorne schleuderte, aber zum Glück fuhr er nicht zu schnell, sodass ich mich reflexartig und unbeschadet am Armaturenbrett festhalten konnte.

Mit zusammengekniffenen Augenbrauen starrte er nach vorne. Was war denn jetzt?

Eine Weile saßen wir so da und er betätigte die Warnblinker, um nicht von anderen Fahrern belästigt zu werden.

Langsam drehte er sich zu mir und taxierte mich mit wütenden Blicken.

„War es so schwer?"

„W-Was?" Ich war verwirrt.

„War es so schwer, mich zu duzen?"

Ich schaute ihn ausdruckslos an. Wie bitte? Plötzlich sah ich beschämt weg.

„Was jetzt?", bohrte er weiter nach.

Stumm schüttelte ich meinen Kopf. Scheinbar war es ihm wichtig, wie ich mit ihm umging.

„Und wieso wolltest du dann eine Distanz zwischen uns aufbauen?"

Warum sprach er so, als wäre irgendwas zwischen uns gewesen? Irgendwie klang das intim. Ich schaffte es nicht aufzusehen.

„So muss es sein", flüsterte ich kaum vernehmlich.

„Ach und wieso? Die anderen kannst du doch auch duzen. Natürlich duzt man nicht jeden, aber ich denke, das haben wir hinter uns. Wir verstehen uns nun mal gut. Außerdem bewahren wir doch die geschäftliche Distanz. Dann ist es doch nicht schlimm, dass wir, wenn wir wenigstens alleine sind, nicht so distanziert sind."

Schon wieder... Schon wieder klang es so, als hätten wir etwas miteinander. Meine Wangen begannen zu glühen.

„Ich war sauer auf dich", murmelte ich.

Er atmete hörbar aus. „Das ist mir nicht entgangen. Ich wollte mich bei dir entschuldigen, aber du hast mich nicht ausreden lassen. Dein Temperament ist mal wieder mit dir durch gegangen."

Plötzlich war es LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt