18/2

39.5K 1.6K 421
                                    



„Nusskuchen? Zu Neujahr hatte ich mal einen gebacken. Der ist bei meinen Verwandten nicht schlecht angekommen."

„Hat er denn so gut geschmeckt?"

„Ähm ich glaube schon. Also backen kann ich wirklich gut", bekräftigte ich meine vorherige Aussage.

„Schade, ich hätte auch gerne mal von diesem leckeren Kuchen probiert."

Ich sah ihn sprachlos an. Mir wurde auf einmal heiß und am liebsten hätte ich die Decke von mir gekickt. Irgendwie war das wie ein Dejà-vu. Mete hatte erst letzt einen Kuchen gebacken und ihn mir gegeben. Ich wollte allerdings die gute Stimmung nicht vermiesen indem ich dies erwähnte.

„Wenn Sie mal... Also ich kann gerne einen backen. Dann können Sie Emmy auch etwas mitbringen", schlug ich ihm stattdessen vor. Dann hatte ich mal endlich etwas in der Hand, womit ich wirklich glänzen konnte. Etwas, das ich besser als Herr Aslan beherrschte. Etwas, worin ich ihm überlegen war.

Allerdings machte mir eine Sache Sorgen. Ich wusste nicht, wie ich ihm den Kuchen übergeben könnte, ohne dass es jemand sah und möglicherweise missverstand. Ich wusste ja noch nicht einmal, ob ich die Anspielung auf den Kuchen missverstehen sollte. Er hatte doch indirekt darauf angespielt, dass er gerne einen Nusskuchen essen würde und dies ausdrücklich erwähnt. Das bedeutete ja, dass er einen von mir verlangte.

Während ich überlegte wie ich ihm den Kuchen übergeben könnte, fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Kevin! Er hatte nächste Woche Urlaub. Folglich würde er mir keine misstrauischen Blicke zuwerfen und mir auch keine unangenehmen Fragen stellen. Und irgendwie würde ich es doch schaffen müssen, Deniz' Zimmer zu erreichen, ohne dass jemand Verdacht schöpfte. Eigentlich dürfte das aber nicht so schwer sein, wenn er denn in seinem Zimmer zu erreichen war. Er war oft ziemlich beschäftigt.

„Ich könnte Ihnen den Kuchen zum Beispiel nächste Woche geben", meinte ich euphorisch.

Deniz blickte mich über diesen Gemütsumschwung überrascht an. Ich war wohl zu euphorisch, als könnte ich es kaum erwarten, ihm einen Kuchen zu backen. Ich könnte mich mal wieder für mein unüberlegtes Verhalten ohrfeigen. Was würde er jetzt wieder von mir denken?

„Na gut, wenn du das so willst... Gerne", brachte er zögernd und immer noch verwirrt hervor. Er schien wohl nicht schlau aus mir zu werden. War es ihm zu verübeln? Mit meinen Stimmungsschwankungen, komplizierten Gedankengängen und manchmal übertriebenen Interpretationen brachte ich auf diese Weise allerlei Menschen zur Verwirrung.

Ein erneutes Schweigen trat ein. Diesmal war es mir nicht unangenehm. Ich genoss die Stille, doch zunehmend merkte ich wie nachdenklich Deniz wurde und auch wie seine Laune trübte. Seine Ellenbogen stütze er auf seinen Knien, die Hände waren ineinander verschränkt. Irgendetwas bedrückte ihn. Ich wollte es so gerne wissen. Ein Verlangen, das mir fremd war, machte sich in mir breit. Ich wollte, dass er seine Sorgen gerne mit mir teilte.

Gerade ich, die ihn schon am ersten Tag als letzten Arsch bezeichnet hatte.


Am liebsten würde ich ihn jetzt gerne fragen, auch wenn mir das vielleicht als Praktikantin nicht zustand. Zum ersten Mal machte ich mir Gedanken über uns. Wir waren zwar immer noch Praktikantin und Chef, allerdings konnte ich behaupten, dass Deniz und ich zwischenzeitlich eine gewisse Freundschaft aufgebaut hatten. Wir waren immer bemüht uns zurück zu halten, unsere Grenzen nicht zu überschreiten, aber diese Grenze war doch schon längst überschritten... Schon als ich seine Verlobte spielte.

In Erinnerung an diesen Abend, schlich sich ein leichtes Lächeln auf meine Lippen. Dieser Tag war doch wirklich eines der verrücktesten meines Lebens. Im Nachhinein konnte ich darüber nur lachen und auch am besagten Abend, hatte ich zwar nicht durchgehend, aber doch oft genug meinen Spaß gehabt. Ich war doch allen Ernstes die Scheinverlobte dieses zugegeben heißen Mannes.

Plötzlich war es LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt