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Plötzlich donnerte der Himmel und ich schrak schrecklich zusammen. Wenn ich den Becherhalter nicht auf die breite Armlehne gestellt hätte, wäre der Kaffee umgekippt. Stocksteif saß ich nun da, den Blick starr nach vorne gerichtet. Was hatte ich gerade getan? Ich hatte mich nicht wirklich Deniz genähert, oder? Was musste er nur von mir denken? Das Donnergrollen hatte verhindert, dass ich mich noch mehr blamierte, als ohnehin schon. Ein Glück hatte ich mich nur leicht bewegt, sodass ich immer noch auf meiner Seite saß und Deniz meine Annäherung vielleicht als etwas vollkommen anderes verstand. So etwas Dummes hatte ich noch nie angestellt. Noch nie! Nun saß ich mit starkem Herzklopfen auf dem Sitz und versuchte Deniz sogar von meinem Blickwinkel aus zu ignorieren, was nicht sonderlich einfach war, denn dann müsste ich ihm meine kalte Schulter zeigen und das wollte ich auch nicht. Schließlich hatte er nichts Falsches gemacht.

Mein Herz schlug schmerzhaft gegen meine Brust, ich bekam nicht genug Sauerstoff und versuchte trotzdem Ruhe zu bewahren. Ich wollte mir nicht mal ausmalen, wie rot ich eigentlich sein müsste. Würde ich die Hitze in meinem Inneren mit meinem Äußeren reflektieren, dann hätte ein übernatürliches Rot die Oberhand meiner Körperfarbe erlangt.

Auch Deniz sagte erst nichts. Beide schwiegen wir uns an und ich merkte wie Deniz mich immer noch aus Argusaugen betrachtete. Am liebsten wollte ich meinen Kopf abwenden. Lieber wollte ich seine Blicke auf meinem Rücken spüren, als sie ständig mehr oder minder von meinen Augenwinkeln aus zu sehen.

Was hatte ich mir nur dabei gedacht? War ich von allen guten Geistern verlassen? Ich schimpfte über Deniz' Verhalten und konnte nicht mal meinen Körper kontrollieren. Wie dumm war ich eigentlich? Mit einem Mal wurde ich so wütend auf mich selbst. Wie dumm, naiv, töricht, blöd... war ich eigentlich?

Es regnete immer noch und am liebsten würde ich raus in den Regen rennen. Hauptsache ich entfloh Deniz' bohrenden Blicken.

Er schien nicht minder überfordert mit der Situation, da er einfach nur schwieg. Sicher war der Kaffee schon kalt und eine ohrenbetäubende Stille hüllte das Auto ein. Wenn nicht einmal der Regen so heftig gegen das Auto prasseln würde, wäre es wahrscheinlich schier unmöglich noch hier neben Deniz zu sitzen.

'Je länger du schweigst, desto schuldiger machst du dich. Finde etwas und durchbreche diese Stille', tadelte ich mich selbst. Es brachte allerdings nichts. Mir fiel nichts ein. Aber als hätte man meine Gebete erhört, klingelte plötzlich ein Handy. Schon wieder erschrak ich und zuckte zusammen.

Es war Deniz' Geschäftshandy. Zum Glück nicht meins. Ich könnte es nicht ertragen, würde er meine zitternde und nervöse Stimme hören.

Nach kurzem Zögern ging er ran und sprach recht spärlich mit dem Anrufer. So als würde auch er nicht wollen, dass ich mehr vom Gespräch verstand, als ich hörte. Er hielt sich recht knapp.

„Bin schon auf dem Weg. Ja, bis gleich", verabschiedete er sich kühl. Ein Geschäftspartner oder Mitarbeiter schien es nicht zu sein. Sonst hätte er ja nicht gesagt, dass er gleich da war. Wer das wohl war? Schon wieder ärgerte ich mich über mich selbst. Es ging mich ja wohl gar nichts an mit wem er sprach. Ich drehte schier durch. Ich musste dringend Urlaub machen. Vielleicht würde ich so einen klaren Kopf bekommen.

Deniz räusperte sich und zwang mich meine Aufmerksamkeit auf ihn zu lenken. Dennoch traute ich mich nicht ihn anzusehen.

„Danke", sagte er, wobei seine Stimme belegt klang.

Ich wusste nicht wofür genau er sich bedankte. Für den Kuchen oder den Krümel, den ich ihm auf nicht ganz korrekte Art und Weise entfernt hatte. Aber um keine Fragen zu stellen, antwortete ich mit „Bitte". „Ich glaube, du möchtest deinen Kuchen nicht aufessen." Er hatte wieder einen etwas lockeren Ton angeschlagen. Scheinbar war ihm das was ich eben noch gemacht hatte, genauso unangenehm, sodass er versuchte es geflissentlich zu übersehen. „Hast du etwa Angst zuzunehmen?" Der Spott war unverkennbar aus seiner Stimme zu hören. Okay, ich war mir nun sicher, dass meine vorige Aktion ihm unangenehm war. Warum sonst sollte er vom Thema ablenken? Man, du bist so dumm, dachte ich verärgert und stieg dennoch auf die Provokation ein, weil ich hier nun mal mehr oder weniger gezwungen war die nächsten x Minuten mit ihm zu verbringen. „So ein Problem hab ich nicht", behauptete ich und erschrak über meine hohe Stimme. Oh Gott, Erde spalte dich und lass mich verschwinden. Kurz warf er einen fragenden Blick zu und ich hasste mich noch mehr als ohnehin schon. Um meine Stimme in die richtigen Bahnen zu leiten, räusperte ich mich und strich mir nervös eine Strähne hinters Ohr. Ich hatte im Moment wirklich absolut keinen Appetit auf Kuchen. Egal wie sehr Deniz darauf bestehen sollte.

Plötzlich war es LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt