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Mein Wecker schrillt in einer grauenhaften Lautstärke, eine kalte Hundeschnauze presst sich gegen meinen nackten Oberkörper und ich strecke grummelnd die Hand aus, um das Schrillen abzuschalten. Blinzelnd öffne ich die Augen, reibe den Schlaf heraus und richte mich auf. Bucket sieht mich fordernd an und sitzt bereits neben meinem Bett, um mich zum Aufstehen zu bewegen. Gestern saß ich noch eine ganze Weile mit Julia auf meiner Veranda, bis ich so müde gewesen bin, dass meine Augen zugefallen und meine Nachbarin mich ins Bett gejagt hat. Jetzt bereue ich es, nicht früher schlafen gegangen zu sein. Gähnend setze ich mich auf, lasse die Beine über den Rand des Bettes baumeln und fahre mir schläfrig durch die Haare.

»Das wird ein harter Tag«, murmle ich meinem Hund entgegen. Winselnd legt sie ihren Kopf auf der Matratze ab und schaut in mein Gesicht empor. Ich spüre ihr Leid in jeder Faser meines Körpers und kämpfe mich aus der Decke, um ihren traurigen Augen zu entkommen.

Nach dem Duschen schnappe ich mir Bucket, meine Tasche und meine Unterlagen und steuere den Wagen vor meiner Tür an. Die Sonne krabbelt über den Horizont, taucht die Stadt in ein oranges Licht, lässt die Bäume wie Feuerbälle erstrahlen und der Hauch des Frühlings drängt sich so provokativ auf, wie ein Süchtiger in einem Casino nach neuen Chips verlangt.

Bucket hüpft ohne Murren auf die Rückbank, lässt mich die Tür schließen und ich steuere die Fahrerseite an. Schnaubend kämpfe ich mich ins Innere, zerre die Unterlagen unter meinem Arm hervor und schmeiße sie achtlos auf den Beifahrersitz. Meine Hände schließen sich um das Lenkrad und ich hole mehrfach Luft, um mich zu sammeln.

Der gestrige Tag hat mich aufgewühlt, meine Nerven gespannt und mich unruhig gemacht. Es ist ungewöhnlich so viel zu fühlen. So früh so viel zu fühlen, das bin nicht ich. Mich hat es nie nach der Liebe verzehrt, nie nach einer Beziehung. Niemals wollte ich eine Ehe, Kinder oder sowas und jetzt, wird mir bei dem Gedanken übel sie mit einem anderen Mann zu sehen. Schon Adam hat für aufsteigende Galle gesorgt, obgleich ich von seinen Gefühlen um ihre beste Freundin weiß. Würde Reja mit ihm schlafen? Hat sie womöglich schon mit ihm geschlafen? Fuck.

Ich muss dringend mit diesen Gedanken aufhören. Knurrend stecke ich den Schlüssel ins Schloss, drehe ihn um und er Motor erwacht schnurrend zum Leben. Noch immer hängt ihr Duft in meinem Wagen, lässt mich genussvoll einatmen und ich fahre kopfschüttelnd aus der Einfahrt. Bucket hat sich bereits zusammengerollt, als ich an der nächsten Ecke abbiege und in die Richtung des Reviers fahre. Die Straßen sind an diesem Montag ziemlich leer, nur einige Personen stehen an den Bushaltestellen oder holen sich aus der Bäckerei einen Kaffee.

Zwei Straßen vom Revier entfernt halte ich an der kleinen Bäckerei, um für Amanda einen Bagel und einen Cappuccino und für mich einen schwarzen Kaffee und zwei Croissants zu besorgen. Die hochgewachsene, niederländische Verkäuferin reicht mir meine Bestellung bereits über den Tresen, als ich die Tür hinter mir schließe und ich bedanke mich bei ihr.

»Es sind noch zwei Schokoladen-Donuts extra drin, gehen aufs Haus. Grüßen Sie ihre Sekretärin von uns. Einen schönen Tag Sheriff Cage«, wünscht sie und ich erwidere es. Angestrengt vertreibe ich die Lustlosigkeit von meinen Stimmbändern, zwinge ein Lächeln auf mein Gesicht und nicke ihr zum Abschied freundlich zu.

Kaum betrete ich das Revier stöckelt Amanda mir entgegen und nimmt mir die Akten ab. »Guten Morgen Sheriff. Sie sehen müde aus«, stellt sie galant fest und ich presse die Lippen zusammen.

»Guten Morgen Amanda.« Auf ihre Feststellung gehe ich nicht weiter ein, steuere zielstrebig mein Büro an und grüße die Deputys der Nachtschicht, die derzeit ihre Sachen zusammenpacken.

»Deputy Smith hat den Bericht auf ihren Schreibtisch gelegt, der Dienstplan für diese Woche ist fast fertig und ich komme damit sofort zu Ihnen, sobald ich alles erledigt habe. Gestern Abend sind noch zwei Anzeigen aufgegeben worden, die allerdings nicht von Belang für Sie sind, dennoch liegen die Kopien auf Ihrem Schreibtisch. Deputy Paulsen hat seine Versetzung endlich beantragt und sie wurde vom anderen Department genehmigt, also ist am Freitag seine letzte Schicht. Die Abschriften liegen auf Ihrem Schreibtisch«, rattert sie herunter und ich nicke an den passenden Stellen. Ihre Worte interessieren mich kein Stück, denn ich weiß genau was am Wochenende los gewesen ist, sobald ich in meine Mails und auf meinen Schreibtisch sehe, trotzdem hält dieses quirlige Ding es für notwendig mich über jedes Detail aufzuklären. Stumm schlürfe ich meinem Kaffee und werfe ihr einen kurzen prüfenden Blick zu, als sie tief Luft holt und auf ihrer Lippe herumknabbert. Vor ihrem Schreibtisch bleibt sie stehen und sieht mich an, als würde sie mir gleich die schrecklichste Neuigkeit aller Zeiten unterbreiten.

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