Die Gesetze deiner Liebe

35 | Offenbarungen

Das Zischen der Kaffeemaschine vermischt sich mit den typischen Geräuschen des Senders und ich versinke tief in der Verzweiflung. Immer wieder tippe ich einige Zeilen in das Textfeld, lösche sie wieder und fange von vorne an. Als die Mittagspause näher rückt, habe ich vom ganzen Haareraufen ein Vogelnest auf dem Kopf, Stressflecken im Gesicht und vier riesige Tassen Kaffee intus. Mein Puls ist mittlerweile nicht mehr messbar und der Schweiß, den ich vergossen habe, kratzt an der Litermarke.

Diese Aufgabe ist für mich besonders schwer zu bewältigen, weil ich weiß, ich werde diesen jungen Mann nächste Woche gegenüberstehen. Die E-Mail muss super werden, ansonsten wird es extrem peinlich. Hoffentlich kann ich dieses Interview irgendwie vor dem Abendessen über die Bühne bringen.

»Kommst du mit Essen, Süße?« Rubys Hand legt sich auf meine Schulter und ich zucke tatsächlich zusammen. Ich will bereits den Kopf schütteln, da spricht Ruby weiter: »Ablenkung wird dir guttun, versprochen.« Bestimmt dreht sie meinen Stuhl zu sich herum, sodass ich gezwungen bin sie anzuschauen. »Wir wollen doch nicht, dass deine umwerfenden Kurven verschwinden, richtig? Das würde dem Sheriff sicherlich nicht gefallen«, scherzt sie. Genervt rolle ich mit den Augen, da ich Davis für die letzten Stunden eigentlich erfolgreich aus meinem Gedächtnis verbannt hatte.

»Du wirst nicht lockerlassen, oder?« Selbstredend ist diese Frage völlig überflüssig. Ruby schenkt mir ein fettes Grinsen und schüttelt ihren Kopf, wodurch ihre langen hellbraunen Haare hin und her schwingen.

»Solltest du bis jetzt keine brauchbare E-Mail an den Kerl verfasst haben, dann wird es dir in den nächsten zehn Minuten sicherlich auch nicht gelingen«, stellt sie klar und greift nach meinen Händen. Kraftvoll zieht sie mich in die Höhe, von meinem Stuhl weg und drückt mir meine Handtasche in die Hand.

Dot rührt sich unter meinem Schreibtisch keinen Millimeter, schlummert friedlich weiter und ich habe nicht vor ihn dort wegzuholen. Schlussendlich ist er im Sender sogar sicherer, als auf der Straße. »Wir werden uns jetzt ein köstliches Mittagessen gönnen. Paul hat wieder eine seiner Diäten angefangen, aber wir treffen Jax zum Lunch«, plappert sie und stopft mein Handy in die Tasche.

Ich folge ihr beinahe willenlos aus dem Sender, ignoriere einen wütend dreinblickenden Jackson und trete in die frische, sonnige Frühlingsluft. Meine umwerfend schöne und perfekt gestylte Kollegin, schlüpft seufzend in ihren dünnen Mantel und schnappt sich meinen Arm, um sich bei mir einzuhaken.

Einige Straßen vom Sender entfernt, setzen wir uns in ein kleines Restaurant. Die fantastische Mittagskarte hat uns alle angelockt und jetzt läuft mir das Wasser im Mund zusammen. Jax und Ruby plappern fröhlich, während ich von jedem Gericht, welches der Kellner vorbeiträgt, einen tiefen Atemzug nehme.

»Er hat bestimmt nur so lange durchgehalten, weil er total besoffen gewesen ist. Männer kommen meistens entweder gar nicht in Fahrt oder brauchen sehr lange bis zum Höhepunkt, wenn sie zu viel getrunken haben. Reja, was meinst du?« Neugierig sieht meine beste Freundin mich an, ehe sie einen kräftigen Schluck von ihrem Cocktail schlürft.

»Hm?« Desinteresse ist nicht der Grund für meine geistige Abwesenheit, sondern der massive Hunger, welcher sich durch die vielen Gerüche in meinem Magen ausbreitet.

»Ruby hat gerade von ihrer Nacht mit Ariu berichtet. Hast du etwa nicht zugehört?« Schnaubend stellt Jax das Glas wieder auf die Tischdecke und lehnt sich in meine Richtung. »Wo bist du mit deinen Gedanken?« Ihre Frage ist selbstverständlich rhetorisch gemeint, weshalb sie auch sofort die Erzählung von Ruby wiederholt und mich über jedes Detail aufklärt - sei es auch noch so unbedeutend. Ab und an bin ich sogar kurz davor das Gesicht zu verziehen, während Ruby strahlt wie eine Neonröhre. Eigentlich möchte ich überhaupt nicht so genau über das Liebesleben meiner Freunde informiert werden, jedoch höre ich mir alles bereitwillig an und zeige an den richtigen Stellen mehr Interesse.