42 | Charmante Brüder

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Die Morgensonne erreicht mein Schlafzimmer viel zu früh, viel zu grell und eindeutig zu schnell. Gähnend kämpfe ich mich ins Badezimmer, erledige anschließend alle Notwendigkeiten des Haushaltes und mache mich auf den Weg in den Sender. Allmählich wird es Morgens wärmer und ich kann die dicke Winterjacke in meinem Schrank verstauen.

Einige Vögel zwitschern, während ich mit Dot durch die ruhigen, noch leblosen Straßen von Silverpine schlendere. Hin und wieder passiert ein Auto unseren Weg. Auch die Streifenwagen entgehen mir nicht. Mittlerweile sehe ich deutlich mehr Polizei in dieser Stadt, als noch vor wenigen Wochen. Ich bin mir nicht sicher, ob es daran liegt, dass sie wirklich häufiger durch die Stadt fahren oder daran, dass ich es mit Davis verbinde und mir deshalb auffällt. Fröstelnd komme ich schließlich im Sender an und laufe geradewegs in Jackson rein.

»Morgen Sonnenschein«, begrüßt er mich und heftet den Blick umgehend wieder auf seine Papiere.

»Guten Morgen.«

»Heute keinen Kaffee?« Mit einem schiefen Lächeln drückt er die Dokumente gegen seine Brust und umklammert seinen Bizeps mit der freien Hand. Zwischen seinen Fingern hängt seine Brille und ein Kugelschreiber, während er meine leeren Hände mustert.

»Ich habe zu Hause Kaffee getrunken«, erwidere ich schulterzuckend. Als ich an ihm vorbeigehe, schlüpfe ich aus meiner Jacke.

»Reja, hör mal«, hält er mich auf und räuspert sich. Im nächsten Moment greift er nach meinem Ellenbogen, um mich zurückzuziehen. In seinen Augen sehe ich eine große Portion Reue. »Ich wollte mich für mein Verhalten entschuldigen. Das ... Es war wirklich unangebracht von mir dich so anzugehen. Und es ist dein gutes Recht gewesen mir eine zu verpassen. Dadurch hast du offenbar einige Hirnwindungen wieder an die passende Stelle verfrachtet.« Jackson lacht aufgesetzt und ich hebe die Brauen, ehe ich den Kopf schief lege. In meiner Vorstellung ist das Aufeinandertreffen mit Jackson, nach der Ohrfeige meinerseits völlig anders ausgefallen. Irgendwie ruppiger und mit einem Kündigungsschreiben.

»Mir tut es auch leid, Jackson. Ich hätte mich wirklich auf die Arbeit konzentrieren sollen und nicht gedankenlos agieren dür-«

»Nein. Nein, es war ganz allein mein Fehler. Ich hätte dir nicht zu viel aufhalsen sollen und ich weiß genau, wie es dir geht. Du hast dich das erste Mal, seitdem Gideon abgedampft ist, wieder einem Mann emotional hingegeben. Vielleicht bin ich ein wenig eifersüchtig gewesen, weil ich nicht derjenige bin.«

»So?«, frage ich völlig verwundert.
Jackson zieht die Schultern hoch und schenkt mir ein schiefes, unsicheres Grinsen. Heute sind seine Haare besonders ordentlich gestylt und er hat sich wirklich in Schale geworfen. Um seinen muskulösen, athletischen Oberkörper spannt sich ein flauschiger hellblauer Pullover. Seine Beine werden von einer lockeren grauen Stoffhose umspielt. »Ich habe mich da wohl in eine Sache herein gesteigert. Verzeih' mir, okay?« Sanft fährt er über meinen Oberarm und drückt kurz meine Hand, bevor er an mir vorbei in sein Büro rauscht. Völlig verdattert blicke ich ihm nach.

»Hat er dir gerade mitgeteilt, dass er in dich verknallt ist?«, ertönt es flüsternd hinter mir. Als ich mich umdrehe, sehe ich Ruby und Paul mit offenen Mündern in der Eingangstür stehen. Ruby sieht wieder aus wie einer Modezeitschrift entsprungen, während Pauls Nase fürchterlich rot ist und er irgendwie kränklich wirkt.

»Ich ...« Mehr bringe ich nicht heraus und starre wieder zu Jacksons geschlossener Bürotür. Schluckend zucke ich ebenfalls die Schultern und steuere wortlos meinen Schreibtisch an. Dot hat es sich bereits auf seiner Decke bequeme gemacht und hebt nicht einmal den Kopf, als er mich sieht.

»Reja! Wir müssen darüber reden«, zischt Ruby über die Trennwand und sieht aus wie ein Kind im Süßigkeitenladen. Überglücklich und irgendwie völlig aufgekratzt.

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