4 | Spionin à la Carrie Bradshaw

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Die heutige Sendung läuft fürchterlich. Jackson sieht es als seine Pflicht an, sowohl mich, als auch Paul zusammenzufalten, gerade als wir die erste Pause einlegen. Das Gesicht von unserem Chef ist von roten Stressflecken übersät und dieses Mal finde ich den Grund ganz und gar nicht amüsant.

Paul knabbert nervös an seiner Unterlippe, und bemüht sich mit allen Mitteln darum, Jackson nicht in die Augen zu sehen. Seitdem Paul bei uns im Sender ist, lässt er sich von Jackson einschüchtern, obwohl es überhaupt nicht notwendig ist. Vielleicht erachte ich ihn als Handzahm, weil ich genau weiß, wie ich ihn um den Finger wickeln kann.

»Reißt euch zusammen, sonst blende ich Dauerwerbung ein«, knurrt Jackson und verschwindet wieder im Technikraum. Mein Kollege sieht mich zerknirscht an, aber ich winke unbeeindruckt ab.

Sicherlich, die Statur unseres Vorgesetzten ist nicht von schlechten Eltern und auch die Dunkelheit seiner Tonlage ist furchteinflößend, dennoch weiß er, was mit den Zuhörerzahlen geschieht, wenn er uns Mundtot macht. Ich stehe auf Jackson, jedoch weitestgehend körperliche Aktivitäten betreffend. Bisher habe ich mich zu selten mit ihm getroffen, ohne das wir spätestens nach einer halben Stunde in einem Bett oder auf einer Couch gelandet sind, um beurteilen zu können, was er für einen Charakter hat. Als Chef hat er das Talent dafür, nervtötend zu sein, als Liebhaber ist er wirklich unübertroffen.

Paul und ich beenden um halb vier die Sendung und übergeben an unseren Kollegen Tim. Noch immer schaue ich ihn nicht gerne an, denn der Bericht hat meine Laune vollständig verhagelt. Natürlich merkt er die Anspannung zwischen uns, kommentiert sie allerdings nicht. Gemeinsam mit Jackson gehen wir kurz die Zahlen der heutigen Sendung durch, bevor wir uns an die Vorbereitungen für den nächsten Tag machen.

Die Fragen des Interviews haben es in sich und mir sträuben sich die Nackenhaare, während ich sie überfliege. Lust die pikanten Fragen von Ruby zu stellen habe ich keine, trotzdem weiß ich, es wird auf mich zurückfallen. Mittlerweile kenne ich Paul gut genug, um sagen zu können, dass er seine Ausflüchte finden wird, um nicht in die Miesere zu rutschen. Schnaubend streiche ich einige Fragen mit einem Rotstift an, welcher verdächtig nah an die Farbe von Pauls Gesicht herankommt. Schnaubend lasse ich den Kopf in die Hände sinken.

»Ich werde verrückt«, brumme ich. Im selben Augenblick erscheint Rubys hübsches Gesicht im Türrahmen.

»Hey ihr Süßen. Habt ihr Lust auf Kaffee, Mittagessen und Schokoladenkuchen?« Ihr heiterer Ton dreht mir kurzzeitig den Magen um, bis ich realisiere das es sich bei diesem Gefühl um Hunger handelt.

»Bin dabei«, ruft Paul freudig aus und schiebt die Blätter zusammen. Verblüffung macht sich in mir breit, denn in dieser Geschwindigkeit bewegt er sich für gewöhnlich nur von Jackson weg.

»Ich bin in zehn Minuten unten.«

»Alles klar, Süße. Beeil dich.« Ruby harkt sich bei meinem Kollegen unter und zerrt ihn in die Richtung der Aufzüge. Die Absätze ihrer dunklen Schuhe schlagen laut auf den Boden und ich verziehe ungewollt das Gesicht. Bei diesem Geräusch legt Dot stets die Ohren an. Eine einzelne Träne kullert aus meinem Auge und ich wische sie eilig fort. Ich kann mir jetzt nicht erlauben zu weinen, denn womöglich höre ich dann nicht mehr damit auf. Bislang habe ich die Tränen erfolgreich verdrängt, obwohl mir wirklich nach lautem, von Schluchzern geplagtem und Nase laufendem Heulen zumute ist.

»Reja?« Die Stimme von Jackson lässt mich den Kopf heben. Mit einem versonnenen Lächeln lehnt er mit verschränkten Armen im Türrahmen und beobachtet mich.

»Hmm?«

»Ein junger Mann hat angerufen und gesagt, dass er Dot letzte Nacht in seinem Garten gesehen hat«, verkündet er und ich richte mich kerzengerade auf. »Leider hat er ihn verjagt und fühlt sich fürchterlich. Es ist wohl ungefähr in Höhe der Polizeiwache gewesen. Vielleicht fragst du dort nach? Sie haben einen Zwinger, soweit ich weiß.«

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