Leyla

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LIAMS SICHT:

„Und du kennst mich!“, unterbrach Mia mich mit wütendem Tonfall. „Also hör bitte endlich auf mit diesem Schwachsinn.“ Ich war zu geschockt, um etwas zu erwidern. „Sonst können wir das mit uns beiden sowieso gleich vergessen.“, fügte Mia leise hinzu und wandte ihren Blick ab. Nein. Nicht einmal 24 Stunden brauchte ich, um alles auf’s Spiel zu setzen. Fantastisch. „Mia, es tut mir leid.“ Keine Antwort. Natürlich nicht. „Ich hätte mich nicht so verhalten dürfen, weder gestern noch heute. Aber dieses Verhalten ist echt nicht gegen dich gerichtet!“, versuchte ich es erneut, doch Mia reagierte noch immer nicht. „Rede mit mir.“, bat ich sie leise. Kaum merklich schüttelte sie den Kopf. „Dann sieh mich wenigstens an.“ - „Fahr einfach weiter.“, flüsterte sie, ohne meiner Bitte nachzugehen. Seufzend griff ich nach ihrer Hand. Sie protestierte nicht, was hoffentlich ein gutes Zeichen war. Meine andere Hand legte ich an ihre Wange und drehte so ihr Gesicht vorsichtig in meine Richtung. Jegliches Anzeichen von Wut war verschwunden. Stattdessen waren ihre Augen verdächtig feucht. Verdammt. Jetzt hatte ich sie auch noch zum Weinen gebracht. Großartig Liam, wirklich großartig. Schnell löste ich meinen Gurt und drehte mich vollständig zu ihr um. „Hör zu Mia, ich vertraue dir wirklich komplett. Und ich weiß, dass du niemals etwas mit David oder sonst irgendwem anfangen würdest. Manchmal denk ich einfach nicht nach, bevor ich irgendetwas sage oder mache. Aber ich wollte dich nicht verletzen.“ Sie wich meinem Blick aus und trocknete ihre Wangen flüchtig mit der Hand. „Ist doch jetzt auch egal.“, murmelte sie mit brüchiger Stimme. „Nein, Mia. Gar nichts ist egal. Ich habe dich ganz offensichtlich verletzt und enttäuscht. Ich möchte, dass du mir glaubst, dass das nicht meine Absicht war und dass es mir wirklich leid tut!“ Mia seufzte und schüttelte den Kopf. „Ich weiß. Darum geht es doch gar nicht.“ Jetzt war ich komplett verwirrt. „Nicht? Worum geht es dann? Weshalb bist du auf einmal so traurig?“ - „Weil wir es nicht mal einen Tag lang schaffen, uns nicht zu streiten! Und ich hasse es einfach, mich mit dir zu streiten.“ Sie biss sich auf die Unterlippe und sah aus dem Fenster. Noch immer hielt ich ihre Hand, welche ich nun leicht drückte. „Hey… glaub mir, ich mag das auch nicht. Aber manchmal gibt es halt kleine Meinungsverschiedenheiten oder man ist mal nicht nicht so gut auf den anderen zu sprechen. Das gibt es in jeder Beziehung. Und trotzdem liebt man sich und ist glücklich miteinander.“ Der Hauch eines Lächelns erschien auf ihrem Gesicht. Sie warf mir einen flüchtigen, fast schüchternen Blick zu. „Tut mir leid, dass ich ständig so emotional bin.“, sagte sie leise. „Das ist eben meine Mia, wie ich sie kenne und liebe.“, entgegnete ich und strich ihr zärtlich über die Wange. Sofort wurde ihr Lächeln breiter. „Deine. Ganz allein deine.“ 

Wenig später lenkte ich den Wagen zurück auf die Fahrbahn. Immerhin hatten wir noch einen recht langen Weg vor uns. Nach ein paar Minuten kam mir eine Idee. „Hast du noch Lust, mit zu mir zu kommen?“, fragte ich und sah kurz zu Mia hinüber. Sie überlegte nicht lange. „Klar. Ich muss schließlich noch dein neues Haus besichtigen.“ Ich nickte zustimmend. „Da hast du Recht. Und außerdem gibt es da jemanden, den ich dir gerne vorstellen würde.“ 

MIAS SICHT:

Ich bezweifelte, dass ich mich jemals an diesen Anblick gewöhnen würde. Schon seit einigen Minuten sah ich Liam dabei zu, wie er flach auf dem Boden lag, während ein unendlich niedlicher Welpe um ihn herumsprang und ihm alle paar Sekunden das ganze Gesicht ableckte. Leyla war mit Abstand der süßeste Hund, den ich jemals gesehen hatte. Liam hatte sie aus einem Tierheim geholt, weshalb niemand so genau wusste, von welchen verschieden Rassen sie abstammte, doch sie war flauschig, winzig und absolut unwiderstehlich. 

Offenbar hatte sie nun genug von Liam, denn stattdessen kam sie auf mich zugerast und sprang an mir hoch. Da ich mitten im Raum saß und mich nirgendwo angelehnt hatte, verlor ich das Gleichgeweicht und fiel hinten über. Leyla gab ein freudiges Kläffen von sich und sprang auf meinen Bauch. Lachend kraulte ich sie hinter den Ohren, bis sie auch mein Gesicht mit ihrer Zunge erkundete. Sofort kam Liam mir zu Hilfe und hob sie auf seinen Schoß. „Das ist meine Freundin, verstanden?“ Er warf Leyla einen gespielt warnenden Blick zu, auf den sie mit einem weiteren fröhlichen Kläffen reagierte. Liam schleuderte eines ihrer Spielzeuge quer durch den Raum und sofort raste Leyla hinterher. Grinsend stützte Liam sich neben mir auf die Ellenbogen. „Und deshalb darf auch nur ich das hier machen.“, fuhr er fort und platzierte sanfte Küsse auf meinem ganzen Gesicht. „Du riechst nach Hund.“, stellte ich fest, woraufhin sein Grinsen noch breiter wurde. „Dieses Kompliment kann ich nur zurückgeben.“ Seine Lippen wanderten von meiner Wange zu meinem Mund. Bevor ich überhaupt die Chance hatte den Kuss zu erwidern, sprang Leyla erneut auf mich und drückte Liams Gesicht mit ihrem winzigen Kopf beiseite. Lachend rollte Liam sich auf den Rücken. „Ich glaube da ist jemand eifersüchtig.“ - „Die Frage ist nur: auf wen?“, erwiderte ich, während ich mich aufrichtete. „Hm…“ Liam richtete sich ebenfalls auf und legte den Kopf schief. „Wahrscheinlich ist sie auf dich eifersüchtig, weil ich so verdammt heiß bin.“ - „Oh ja, ganz bestimmt.“ Grinsend stand ich auf und ging in Richtung Küche, um mir etwas zu trinken zu holen. Liam folgte mir uns lehnte sich mit verschränkten Armen an den Kühlschrank. „Täuscht mich mein feines Gehör, oder habe ich da gerade tatsächlich einen Hauch Ironie wahrgenommen?“ Ich zuckte mit den Schultern. „Sieht aus, als könntest du dich auf dein Gehör verlassen.“ - „Tatsächlich? Ich bin also nicht heiß?“ - „Nein, eher etwas kalt.“ Mit gehobenen Augenbrauen kam Liam auf mich zu. „Kalt? Dein Ernst?“ Etwas verunsichert nickte ich. „Kalt ist doch das Gegenteil von heiß, oder nicht?“ Kopfschüttelnd sah er mich an. „Manchmal frag ich mich echt, was ich mit dir machen soll.“ - „Du könntest mir was zu essen machen!“, schlug ich grinsend vor. „Das ist gar nicht mal so eine schlechte Idee. Und ich glaube ich weiß auch, was genau ich dir mache.“ Aus irgendeinem Grund machte mir diese Aussage etwas Angst.

Liam machte sich sofort an die Arbeit. Aus einem Schrank holte er einen Topf, welchen er mit kochendem Wasser füllte. Dann wog er Nudel ab und gab sie in den Topf. Dabei wuselte Leyla aufgeregt um seine Beine herum. „Du hattest dein Essen schon!“, teilte er ihr mit, was sie jedoch nicht ganz zu verstehen schien, denn ihre Aufregung ließ nicht nach. Etwa zehn Minuten später verteilte Liam die Nudel auf zwei Tellern. „Warte, noch ist es nicht fertig.“ Bevor ich nachfragen konnte, hatte er bereits eine Dose aus dem Schrank geholt. „Du erinnerst dich an unser Gespräch von heute Morgen?“, fragte er lächelnd. „Die Tomatensoße!“, rief ich aufgeregt. Liam nickte und bedeckte die Nudeln mit der Soße. Dann streuselte er noch ein wenig Parmesan darüber und reichte mir einen der Teller. 

Wir nahmen einander gegenüber am Küchentisch Platz. Anstatt zu essen, stützte Liam sein Gesicht auf seine Hände und beobachtete mich aufgeregt. Ich verdrehte die Augen, begann jedoch trotzdem, ein paar Nudeln aufzurollen. So besonders konnte die Soße nun wirklich nicht sein. Ich kaute, kaute und schluckte. Dann sah ich Liam mit gerunzelter Stirn an. „Ist das dein Ernst? Die Soße schmeckt total widerlich. Irgendwie so… künstlich.“ Lachend schüttelte Liam den Kopf. „Du hast einen sehr seltsamen Geschmackssinn!“, behauptete er und begann nun selbst zu essen. Ich aß so gut es ging um die Soße herum, während Liam sogar noch einmal Nachschub holte. „Multimillionär und trotzdem isst du so etwas freiwillig.“, murmelte ich. „Und damit hast du mich heute Morgen auch noch verglichen… echt nicht zu glauben.“ Liam zuckte grinsend mit den Schultern. „Seltsame Vorlieben eben.“ 

Don't let me go..Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt