Zweite Wahl

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Kurze Zeit später machten wir uns auf den Rückweg zum Hotel. Bereits am nächsten Morgen würde unsere Reise weitergehen, weshalb ich damit rechnete, dass wir alle relativ früh schlafen gehen würden. Allerdings war ich offenbar die einzige mit diesem Gedanken.

„Das Hotel hat eine Dachterrasse mit Pool, da können wir gleich feiern!“, berichtete Louis, als wir im Auto saßen. Mit hochgezogenen Augenbrauen fragte ich: „Ihr wollt gleich noch feiern? Ich dachte wir müssen morgen ganz früh los.“ Er zuckte grinsend mit den Schultern. „Ja und? Wir können auch im Flugzeug schlafen.“ Kopfschüttelnd erwiderte ich sein Grinsen. „Ihr seid echt komplett irre.“ – „Das nehme ich als Kompliment. Du bist nachher hoffentlich auch anwesend?“ Ich verdrehte die Augen, nickte jedoch. „Ich hab Ferien, ich kann es mir erlauben.“ Louis streckte mir nur die Zunge raus.

Liam war nicht in unserem Wagen. Überhaupt hatte ich ihn nicht mehr gesehen, seit ich vor ihm weggelaufen war. Ich wusste, dass er kurz mit Caro gesprochen hatte, aber worüber genau wusste ich nicht. Ich nahm allerdings an, dass er gleich auch am Pool sein würde. Vielleicht gelang es mir dort, endlich den wahren Grund für unsere Trennung herauszufinden.

Auch Luke war auffällig schweigsam. Er hatte mich nur einmal kurz gefragt ob alles okay sei, als ich wieder aus dem Bad gekommen war. Doch seitdem schien er mich regelrecht zu meiden. Etwas, das noch nie vorgekommen war und mich deshalb ziemlich beunruhigte. Aber hier im Auto konnte ich ihn schlecht darauf ansprechen.

„Zieht euch einfach schnell um und kommt dann nach oben!“, sagte Louis, als wir beim Hotel ankamen. „Der andere Wagen ist schon vor uns angekommen.“ Liam war also bereits hier. Nicht, dass das irgendeine Rolle spielte. Vor unserer Zimmertür verabschiedeten wir uns kurz von den anderen, nachdem ich Louis noch einmal hatte versichern müssen, dass ich definitiv erscheinen würde.  

Noch immer hatte Luke kein einziges Wort von sich gegeben. So langsam machte ich mir wirklich Sorgen. „Was ist los, Luke?“, fragte ich deshalb, sobald ich die Tür hinter uns geschlossen hatte. Er hob ahnungslos die Augenbrauen, doch ich kannte ihn gut genug um zu wissen, dass er genau wusste wovon ich sprach. „Was sollte los sein?“ – „Das weißt du ganz genau. Du ignorierst mich jetzt schon seit fast zwei Stunden.“ Die Tatsache, dass er beharrlich meinem Blick auswich, machte die Situation nicht besser. „Quatsch, ich bin nur erschöpft.“, murmelte er und öffnete den Schrank, um seine Badesachen hinaus zu holen. Entschlossen trat ich neben ihn und schloss die Schranktür wieder. „Blödsinn. Was ist wirklich los?“ Luke seufzte, drehte sich um und setzte sich auf die Bettkante. „Mia, weshalb bin ich hier?“ Für kurze Zeit war meine Kehle wie zugeschnürt. Dann schluckte ich. „Weil… weil ich dich hier haben möchte?! Ich habe Caro gesagt, dass ich nur mit ihr mitkomme, wenn du uns begleitest.“ Er sah mich ausdruckslos an. „Und wieso möchtest du mich hier haben?“ Worauf wollte er hinaus? „Weil ich dich liebe.“, entgegnete ich leise. Luke schloss kurz die Augen, dann schüttelte er den Kopf. „Tust du das wirklich? Oder bin ich nur hier um dich von der Tatsache abzulenken, dass du noch immer in Liam verliebt bist?“

Es war, als würde die Zeit still stehen. Kein Laut war zu hören, keine Bewegung zu sehen. Eine Gänsehaut überzog meinen Körper. „Nein, Luke.“, flüsterte ich und schüttelte den Kopf. „Das stimmt nicht.“ – „Also liebst du ihn nicht mehr?“ Mein Herz pochte in schnellem Tempo gegen meinen Brustkorb. „Ich… ich weiß nicht was ich für ihn empfinde. Aber ich weiß was ich für dich empfinde.“ Wieder seufzte Luke. „Es ist ziemlich offensichtlich, dass du noch immer unter der Trennung leidest und glaub mir, ich nehm dir das nicht übel. Aber ich weiß einfach nicht, wie lange ich das noch aushalte.“ – „Wie lange du was aushältst?“, fragte ich mit einem nervösen Zittern in der Stimme. „Immer die zweite Wahl zu sein.“ Sofort ging ich zu ihm, setzte mich neben ihn und griff nach seiner Hand. „Du bist nicht meine zweite Wahl. Du bist einer der wichtigsten Menschen in meinem Leben und nur weil ich momentan ganz einfach durcheinander bin, heißt das noch lange nicht, dass dich irgendjemand von meiner Seite verdrängen kann. Das mit Liam… ist kompliziert. Ihn nach so langer Zeit wiederzusehen ist seltsam und ich weiß ehrlich gesagt noch immer nicht, wie ich damit umgehen soll. Aber du bist hier, weil ich diese Reise nicht ohne dich machen wollte. Weil ich dich liebe. Bitte glaub mir das.“ Luke ließ meine Hand nicht los, was hoffentlich ein gutes Zeichen war. Trotzdem schwieg er weiterhin. „Aber ich muss mit Liam reden.“, fuhr ich leise fort. „Ich muss herausfinden, weshalb er mich verlassen hat. Nur so kann ich das Ganze hinter mir lassen.“ Endlich nickte Luke. „Dann tu das. Rede mit ihm.“ – „Das werde ich! Und du bist nicht mehr sauer auf mich?“, fragte ich unsicher. Mit einem kaum sichtbaren Lächeln schüttelte er den Kopf. „Ich war nie sauer auf dich, Mia. Die ganze Situation ist für mich nur nicht ganz leicht, das ist alles. Aber ich liebe dich und das wird sich auch nicht ändern.“

Als wir fünf Minuten später zu den anderen stießen, war Lukes Laune um einiges besser. Auf der Dachterrasse herrschte bereits eine hervorragende Stimmung, fast die ganze Crew war anwesend. Der Pool war größer als ich gedacht hatte, die Musik äußerst laut und der Ausblick atemberaubend. „Da ist Caro!“, stellte Luke fest und deutete in Richtung Pool. Sie saß mit Harry und Niall am Rand des Beckens und ließ die Füße im Wasser baumeln. Hand in Hand gingen wir in ihre Richtung und setzten und zu ihnen. Das Wasser war überraschend kalt und somit eine gute Abkühlung, denn die Außentemperatur war noch immer äußert hoch. Wir unterhielten uns eine Weile über die Show, bis Harry irgendwann aufstand, um für Getränke zu sorgen. Schnell erhob ich mich und folgte ihm. „Harry, warte!“, rief ich und holte ihn ein. „Mia, alles okay? Ich hab gehört, dass es dir vorhin nicht so gut ging…“ Ich winkte ab. „Ja, alles wieder in Ordnung. Aber ich muss mit Liam reden. Weißt du zufällig wo er ist?“ Denn auf der Dachterrasse konnte ich ihn nirgends entdecken. Auch Harry ließ seinen Blick nun über die Menge schweifen. „Da hinten ist er!“, sagte er schließlich und deutete in Richtung eines etwas abgelegenen Teils der Terrasse, den ich bis jetzt noch überhaupt nicht wahrgenommen hatte. Und tatsächlich saß dort Liam, mit dem Rücken zur Menge und sah über die Stadt. „Danke.“, murmelte ich an Harry gewandt. Dann atmete ich einmal tief durch und näherte mich Liam. 

Don't let me go..Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt