Alex

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LIAMS SICHT:

Wäre es nach mir gegangen, hätte ich Harrys Haus schon lange verlassen. Aber die anderen wollten bleiben und mir fiel keine passende Ausrede ein, die mein Verschwinden rechtfertigen würde. Vor ein paar Wochen hätte ich nicht einmal daran gedacht, jetzt zu gehen. Denn damals hatte ich noch Hoffnung. Hoffnung, dass Mia mir nicht mehr lange aus dem Weg gehen würde, dass sie sich bald bei mir meldete und wir endlich wieder Zeit miteinander verbringen konnten. Aber dann war ich zu weit gegangen. Die Kette war zu viel gewesen, das wusste ich nun. Mia hatte um Zeit und Abstand gebeten. Und dennoch hatte ich es nicht lassen können und ihr das Paket geschickt. Eine einfache Karte hätte gereicht, um sie in London willkommen zu heißen. Wenn überhaupt. Für ein paar Tage hatte ich noch damit gerechnet, dass sie mich anrufen oder mir eine Nachricht schicken würde, um sich zu bedanken. Doch das war nicht geschehen. Weil ich übertrieben hatte. 

Mia jetzt wiederzusehen, gehörte demnach nicht zu meinen größten Wünschen. Ich wusste nicht, wie sie sich verhalten würde. Es könnte sein, dass sie mich einfach ignorierte. Oder aber sie stellte mich zur Rede. Aber was sollte ich ihr in diesem Fall sagen? „Tut mir leid, aber ich komme mit unserer momentanen Beziehung nicht klar.“? Wohl kaum. 

Das Klingeln der Haustür riss mich aus meinen Gedanken. Sie war hier. Nur wenige Wände trennten mich von Mia. Ich hörte Stimmen aus dem Wohnzimmer und Schritte, die sich in Richtung Flur bewegten. Kurz darauf wurden die Stimmen lauter, doch ich konnte nicht hören, was genau gesagt wurde. Aber es war eindeutig, dass Caro und Mia mittlerweile im Haus waren. Vermutlich war ich als einziger nicht im Flur, um die beiden zu begrüßen. Feige wie immer. Genervt von mir selbst stand ich auf und verließ den Raum. Je näher ich der Haustür kam, desto deutlicher wurden die Stimmen. Doch sobald ich den Flur betrat, kehrte abrupte Stille ein. Fantastisch. 

Mein Blick streifte kurz Caro, die mir etwas verhalten zulächelte, Harry, der zu Boden sah und blieb dann an Mia hängen. Wie zum Teufel war es möglich, dass sie jedes Mal wenn ich sie sah, noch hübscher war als zuvor? Sie erwiderte meinen Blick für einen kurzen Moment, dann wandte sie sich zu Caro um und sah sie fast hilfesuchend an. Durch die Bewegung fiel das Licht aus einem anderen Winkel auf sie. Und ließ etwas hell aufleuchten. Mit geweiteten Augen und plötzlich laut klopfendem Herzen starrte ich dieses Etwas an. Mia schien meinen Blick zu bemerken. Blitzschnell hob sie ihre Hand und verdeckte das silberne Flugzeug, das um ihren Hals baumelte. Augenblicklich spürte ich ein minimales Feuer in mir auflodern. Hoffnung. 

„Ich hab einen Bärenhunger. Wer noch?“, fragte Louis auf einmal und lenkte so alle Aufmerksamkeit auf ihn. Zayn nickte zustimmend. „Los, ab ins Esszimmer!“ Ich blieb neben dem Türrahmen stehen, während alle anderen an mir vorbeigingen. Mia folgte Caro mit gesenktem Blick und hielt dabei so viel Abstand von mir wie möglich. 

Wieso trug sie die Kette? Wieso lag sie nicht in der hintersten Ecke ihres Zimmers oder gar im Müll, so wie ich es fest angenommen hatte? Die Kette war ein Symbol. Ein Symbol für unsere erste Begegnung, für das Schicksal, das uns zusammen geführt hatte. Wenn Mia aber nichts mehr mit mir zutun haben wollte… wieso trug sie die Kette dann? 

Während alle aßen und sich dabei unterhielten, saß ich schweigend daneben und versuchte, die Logik hinter Mias Verhalten zu erfassen. Vergeblich. Erst als Harry Mia direkt ansprach, lauschte ich ihnen mit gesenktem Blick. „Die Wohnung gefällt dir weiterhin?“ - „Ja, ich liebe sie! Und das warme Wasser funktioniert auch endlich.“ Harry lachte. Verärgert runzelte ich die Stirn. Ich wusste, dass es albern war und trotzdem störte es mich, dass Harry mehr über ihr neues Leben wusste als ich. Ihr warmes Wasser hatte nicht funktioniert? Ich hätte ihr umgehend geholfen. Aber nein, sie hatte mir ja nicht einmal gesagt, dass sie in ein anderes Land umgezogen war. „Wurde aber auch Zeit.“, stellte Harry fest. „Und wie geht es Alex?“

Mein Kopf schoss in die Höhe. Wer zur Hölle war Alex? 

MIAS SICHT:

„Dem geht es gut. Ich soll dir liebe Grüße ausrichten.“, antwortete ich. „Liam, reichst du mir mal bitte das Salz?“, bat Louis in diesem Moment. Reflexartig drehte ich meinen Kopf in Liams Richtung. Und begegnete seinem Blick. Mit geweiteten Augen sah er mich an und reagierte überhaupt nicht auf Louis’ Worte. Allerdings schien ihm irgendwann aufzufallen, dass wir alle ihn verwundert ansahen. „Das Salz. Bitte.“, wiederholte Louis grinsend. Liam reichte ihm den Salzstreuer, stand dann auf und verließ ohne ein einziges Wort den Raum. Das Grinsen verschwand von Louis’ Gesicht. „Hab ich… hab ich irgendwas falsches gesagt?“, fragte er und sah irritiert zwischen uns allen hin und her. Niemand antwortete ihm, aber Harry schüttelte kaum merklich den Kopf. Ohne lange zu überlegen, schob ich meinen Stuhl zurück und folgte Liam. 

Lange suchen musste ich ihn nicht. Die Haustür stand offen und Liam saß draußen auf den Stufen, die in den Vorgarten führten. Mehr als nervös setzte ich mich neben ihn. Jetzt wo ich hier war, bereute ich es, ihm überhaupt gefolgt zu sein. Denn ich hatte keine Ahnung, was ich ihm überhaupt sagen sollte. Doch zum Glück ergriff Liam in diesem Moment das Wort.

„Alex. Dein Freund?“

Deshalb war er nach draußen gegangen? Ich konnte nicht anders, als lachend den Kopf zu schütteln. „Was ist daran so lustig?“, fragte Liam und klang dabei etwas verärgert. „Gar nichts. Tut mir leid.“, murmelte ich. Wir beide schwiegen für eine Weile, bis er fragte: „Also?“

„Erstens gehen meine Beziehungen dich absolut nichts an.“, begann ich und versuchte das Bild der wunderschönen Frau in seiner Wohnung zu verdrängen. „Deine Beziehungen gehen mich nichts an?“ Liam klang komplett entgeistert. „Was soll das denn heißen?“ - „Das weißt du ganz genau.“ Ohne ihm Zeit für eine Antwort zu lassen, fuhr ich fort: „Und zweitens: Nein. Er ist nicht mein Freund, sondern mein Mitbewohner. Und er hat eine Freundin.“ - „Oh.“, erwiderte Liam und sah zu Boden. Ich seufzte und stand auf. Doch bevor ich zurück ins Haus ging, sagte ich: „Selbst wenn er keine Freundin hätte und wir irgendwelche romantischen Gefühl füreinander hegen würden, was definitiv nicht der Fall ist… selbst dann wäre er nicht mein Freund. Ich bin nicht zu haben.“

LIAMS SICHT:

Obwohl sie es nicht direkt aussprach, wusste ich, was ihre Worte bedeuteten. Auch für mich war sie nicht zu haben. Das winzige Fünkchen Hoffnung drohte zu erlischen. „Vielleicht sollten wir einfach versuchen Freunde zu sein.“, murmelte Mia. Freunde? Ich wollte nicht mit ihr befreundet sein? Und bei unserer letzten Begegnung war das auch noch Mias Standpunkt gewesen. Was hatte sie seitdem geändert? Ich zuckte mit den Schultern. „Ja, vielleicht.“, sagte ich schließlich. Freundschaft war definitiv besser als gar nichts. 

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Ich muss euch leider mitteilen, dass im Januar nicht sonderlich viele neuen Kapitel kommen werden. Meine Klausurenphase beginnt jetzt bald und ich muuuuss viel lernen :( Aber dafür habe ich danach zwei Monate komplett frei, dann kann ich auch mehr schreiben :)

Don't let me go..Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt