Vorzeitige Abreise?

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Ich packte meinen Koffer noch in derselben Nacht. Es machte einfach keinen Sinn, hier zu bleiben. Glücklicherweise schlief Luke tief und fest, sodass er nicht aufwachte. Als schließlich die ersten Sonnenstrahlen das Zimmer durchfluteten, saß ich hellwach auf meiner Seite des Bettes. Es dauerte noch ungefähr eine weitere Stunde, bis Luke die ersten Lebenszeichen von sich gab. Mit immer noch geschlossenen Augen seufzte er und drehte sich auf die Seite. Sobald er kurz darauf die Augen öffnete, richtete er sich abrupt auf. „Mia? Was ist los?“ Ich redete gar nicht erst groß drum herum. „Ich fliege wieder nach Hause. Ihr könnt natürlich hier bleiben, ich will euch die Reise schließlich nicht versauen. Meinst du Harry ist schon wach? Dann könnte ich direkt-“ – „Woah, warte. Was?“, unterbrach er mich mit geweiteten Augen. Alle Müdigkeit war aus seinem Gesicht verschwunden. „Wir sind doch gerade erst angekommen. Wieso willst du jetzt schon wieder zurück?“ Ich wandte den Blick ab. „Es war eine bescheuerte Idee. Ich hätte niemals hier her kommen dürfen.“ Luke rückte näher zu mir heran und nahm mich in den Arm. „Mia… ich weiß, dass es schwer ist. Aber irgendwann solltest du vielleicht… versuchen, die ganze Sache mit Liam hinter dir zu lassen.“ Sofort machte sich mein Schuldbewusstsein bemerkbar. Luke war wirklich die letzte Person, mit der ich über Liam reden wollte. Er verdiente es einfach nicht. Und er hatte natürlich Recht: ich musste aufhören, Liam hinterher zu trauern, oder was auch immer es war, das ich tat. Ich war jetzt mit Luke zusammen und dementsprechend musste ich mich auch verhalten. Das änderte jedoch nichts an der Tatsache, dass ich nicht hier bleiben konnte. Wenn ich Liam hinter mir lassen wollte, dann musste ich so viel Abstand wie möglich zwischen uns bringen. „Genau deshalb muss ich hier weg. Ich möchte einfach nicht in seiner Nähe sein.“, erklärte ich, wand mich aus Lukes Umarmung und stand auf. „Genießt ihr bitte trotzdem diese Reise! Ihr könnte mir ja mal eine Postkarte schreiben oder so…“ Luke schüttelte schnaubend den Kopf. „Sei nicht albern, Mia. Entweder bleiben wir beide, oder wir fliegen beide. Und ich wäre ehrlich gesagt für die erste Option.“ Auch ich schüttelte den Kopf. „Nein. Ich kann das nicht.“ Genau in diesem Moment klopfte es an der Tür. Sofort beschleunigte sich mein Herzschlag. Wenn das Liam war… Doch bevor ich den Gedanken abschließen konnte, hörte ich Caros Stimme durch die Tür fragen: „Mia, Luke? Seid ihr wach?“ Erleichtert durchquerte ich den Raum und öffnete die Tür. Caro war nicht allein. Neben ihr standen Harry und Niall, der mich nun freudestrahlend in seine Arme schloss. „Mia! Lang nicht mehr gesehen!“ Er trat einen Schritt zurück und betrachtete mich, wobei sein Lächeln immer schwächer wurde. „Du siehst ziemlich müde aus.“ Bevor ich etwas erwidern konnte, schob Caro sich an mir vorbei. „Mia, weshalb hast du deinen Koffer wieder gepackt?“ Ich sah zu Boden und antwortete ihr nicht. Das war allerdings auch nicht nötig, denn Luke war bereits neben mich getreten. „Sie will nach Hause fliegen.“, erklärte er, woraufhin abrupte Stille eintrat. „Du willst was?“, fragte Caro schließlich und sah mich ebenso entgeistert an wie vorhin Luke. Ich zuckte mit den Schultern. „Es geht nicht, Caro.“ Sie verstand sofort, was genau ich damit meinte. Allerdings zeigte sie wenig Verständnis. „So ein Quatsch, natürlich geht das. Reiß dich zusammen Mia, gemeinsam kriegen wir das hin.“ Jetzt mischte sich auch Harry ein: „Wir sind alle für dich da, glaub mir. Und ich würde es wirklich schade finden, wenn du jetzt schon wieder fliegst. So lange wie ich dich schon nicht mehr gesehen habe…“ Niall nickte zustimmend. „Das wird eine tolle Zeit! Komm schon, wir machen eine Stadiontour! Das kannst du echt nicht verpassen.“ Nacheinander sah ich die vier an. Dann schüttelte ich den Kopf und sah zu Boden. „Nein. Es tut mir leid, aber ich kann es einfach nicht.“

„Lasst mich mit ihr reden.“ Abrupt riss ich den Kopf hoch. Liam stand in der geöffneten Tür und sah stur in Harrys Richtung. Dieser schüttelte langsam den Kopf. „Liam, ich glaube wirklich nicht, dass das so eine gute Idee ist…“ Doch Liam hob nur die Augenbrauen, woraufhin Harry seufzte. „Also gut. Luke, Caro, Niall… kommt mit, wir gehen schon mal zum Frühstück.“ Niall ging in Richtung Tür, aber Caro und Luke blieben neben mir stehen. „Nein.“, entgegnete Caro schlicht und einfach. Es war kaum in Worte zu fassen, wie dankbar ich ihr in diesem Moment war. Doch zu meiner Überraschung griff Harry nach ihrem und Lukes Arm und zog die beiden aus dem Zimmer. Panisch sah ich den dreien hinterher. Ich wollte auf keinen Fall mit Liam alleine sein. Bevor ich protestieren konnte, hatte Harry die Tür bereits geschlossen. Die Stille war erdrückend. Unter größter Anstrengung wich ich Liams Blick aus. Für eine Weile regte er sich überhaupt nicht. Dann entwich ihm ein verzweifeltes Stöhnen. „Was muss ich tun?“ Nun sah ich ihn doch an. Und stellte fest, dass die Ringe unter seinen Augen noch dunkler waren als meine. Wovon redete er? Offenbar verstand er meinen fragenden Blick. „Was muss ich tun, damit du bleibst?“ Oh. Ich schüttelte nur den Kopf und sah wieder zu Boden. „Ich bleibe nicht.“ Er bewegte sich ein paar Schritte auf mich zu, doch als er sah wie ich genauso viele Schritte zurückwich, blieb er sofort stehen. „Mia, ich werde mich von dir fernhalten. Nicht weil ich es möchte, sondern weil du es möchtest. Genieß bitte einfach deinen Urlaub. Du wirst mich kaum zu Gesicht bekommen, das verspreche ich dir.“

Obwohl das genau das war, was ich eigentlich wollte, verursachten seine Worte ein seltsames Gefühl der Enttäuschung bei mir. Vermutlich ein weiteres Zeichen dafür, dass ich so schnell wie möglich weg von hier musste. „Was habe ich dir getan?“ Die geflüsterten Worte kamen aus meinem Mund, ohne dass ich sie aufhalten konnte. Obwohl Liam, seit ich ihn zuletzt gesehen hatte, definitiv noch muskulöser geworden war, sah er auf einmal ganz schwach und zerbrechlich aus. „Vergiss es.“, murmelte ich und ging in großem Bogen an ihm vorbei. Meine Hand lag bereits auf der Klinke, als er mich aufhielt. „Warte.“ Er griff nach meinem Arm. In dem Moment, in dem wir uns berührten, durchfuhr mich ein stechender Schmerz. Ich riss mich los und rannte aus dem Zimmer. Liam rief meinen Namen, doch ich blieb nicht stehen. Denn ich konnte unter keinen Umständen riskieren, dass er die Tränen sah, die nun meine Wangen hinunter strömten.  

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Don't let me go..Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt