Sinneswandel

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„Weshalb der plötzliche Sinneswandel?“, fragte ich überrascht. „Ich dachte immer du seist gegen Liam.“ Caro schüttelte den Kopf. „Ich war nie gegen Liam. Ich war nur immer auf deiner Seite. Und bin es natürlich auch weiterhin. Ich habe nur das Gefühl, dass das mittlerweile auch Liams Seite ist.“ – „Du meinst also wir sollten es noch einmal versuchen?“ Dieses Mal nickte Caro und setzte sich auf unser Bett. „Er war ein Idiot. Sein Verhalten war komplett unüberlegt und daneben und das solltest du nicht… vergessen. Aber vor dir hatte er nie eine richtige Beziehung, oder?“ Zögernd schüttelte ich den Kopf. „Nur eben die Sache mit Danielle…“ Caro winkte ab. „Keine richtige Beziehung. Wahrscheinlich ist er einfach… überfordert oder so. Aber er liebt dich, Mia. Und du liebst ihn. So etwas sollte man nicht einfach wegwerfen.“ Mit einem Grinsen fügte sie hinzu: „Es war übrigens gar nicht so einfach, ihn vorgestern Abend aus dem Zimmer zu kriegen. Ich musste fast schon Gewalt anwenden.“

Harry und Liam waren den ganzen Tag unterwegs, während die anderen drei Jungs damit beschäftigt waren, bereits neue Songs für ihr nächstes Album aufzunehmen. Mittlerweile kam es mir so vor, als hörten die fünf die auf zu arbeiten. Aber die Ergebnisse konnten sich durchaus sehen lassen. Caro und ich verbrachten den Tag mit dem Rest der Crew, erkundeten das fast menschenleere Luxushotel und packten ein weiteres Mal unsere Koffer.

Als Harry und Liam schließlich zurückkehrten, saßen wir anderen gerade alle im Restaurant. In einer halben Stunde würden wir zum Flughafen aufbrechen und von dort die nächste Stadt ansteuern. Mit gerunzelter Stirn ließ Liam sich neben mir auf einen leeren Stuhl sinken. „Was machst du denn hier? Wieso bist du nicht im Bett.“ Ich verdrehte die Augen, während Caro neben mich lachend den Kopf schüttelte. „Liam, ich bin gesund.“, teilte ich ihm mit, griff nach seiner Hand und hielt sie an meine Stirn. „Trotzdem solltest du dich ausruhen.“, murmelte er und ließ seine Hand sinken. „Vielleicht solltest du mich selbst entscheiden lassen, was das Beste für mich ist.“ Ich rechnete fest damit, dass er mir erneut widersprechen würde, doch stattdessen sagte er leise: „Tut mir leid.“, und wandte seinen Blick ab. „Ich habe mir nur Sorgen gemacht.“ – „Ich weiß. Und das weiß ich auch zu schätzen. Aber glaub mir bitte einfach, dass es mir wieder gut geht. Okay?“ Liam nickte und warf mir ein kurzes, halbherziges Lächeln zu. „Und, wie war euer Ausflug?“, versuchte ich das Thema zu wechseln, was mir zum Glück auch gelang.

Zum Flughafen war es nicht weit und auch der Privatjet war bereit zum Boarding. An diesen Luxus würde ich mich wohl niemals gewöhnen. Ich betrat den Flieger hinter Caro und setzte mich nach kurzem Zögern auf den noch freien Platz neben Liam. Ihm war anzusehen, dass er damit nicht gerechnet hatte. „Was ist?“, fragte ich, als er mich nach gut einer Minute noch immer erstaunt ansah. Schnell wandte er den Blick ab. „Gar nichts. Ich… ich dachte nur du seist sauer auf mich.“ – „Warum sollte ich sauer auf dich sein?“ Er zuckte mit den Schultern. „Naja, weil ich vorhin so überreagiert hab und allgemein etwas übertrieben habe in den letzten Tagen…“ – „Du meinst, weil du dich um mich gekümmert hast, während ich krank war?“, berichtigte ich ihn. Mit gerunzelter Stirn sah er mich an. „So könnte man es wohl auch formulieren.“, murmelte er. Ich nickte bestätigend. „Danke dafür, Liam. Du hättest das nicht tun müssen.“ – „Doch, hätte ich.“ Fragend hob ich die Augenbrauen. „Um mich zu überreden, dir, beziehungsweise uns, noch eine Chance zu geben?“ Er schüttelte demonstrativ den Kopf. „Nein. Weil ich dich liebe.“ Augenblicklich breitete sich ein angenehm warmes Gefühl in mir aus. Lächelnd griff ich nach Liams Hand und legte meinen Kopf an seine Schulter.

„Weißt du, woran mich das erinnert?“, fragte er nach einer Weile. Der Flieger bewegte sich bereits langsam über das Rollfeld. Ohne ihn zu heben, schüttelte ich den Kopf. „Unser erster gemeinsamer Flug. Da kannten wir einander noch überhaupt nicht und trotzdem bist du an meiner Schulter eingeschlafen.“ Die Erinnerung daran zauberte mich automatisch ein Lächeln ins Gesicht. „Ja, so behandel ich fremde Leute denen ich im Flugzeug begegne immer.“ – „Gut zu wissen.“, erwiderte Liam und ich hörte das Lächeln in seiner Stimme. Doch im nächsten Moment schob er mich von sich weg. Verwirrt sah ich ihn an, aber es erwiderte meinen Blick nicht. Stattdessen drückte er einen winzigen Knopf an der Armlehne zwischen uns, woraufhin diese mit mechanischem Surren nach oben klappte. Dann legte er einen Arm um meine Schulter und zog mich wieder zu sich heran. Ich griff nach seiner anderen Hand und verschränkte sie mit meiner eigenen. „Mia, deine Hand ist eiskalt!“, stellte Liam erschrocken fest. „So wirst du ganz bestimmt nicht wieder vollständig gesund.“ – „Ich bin gesund.“, entgegnete ich genervt, doch Liam schien mir überhaupt nicht zuzuhören. Aus einem Fach unter seinem Sitz holte er eine Wolldecke und breitete sie über uns beiden aus. „Besser?“, fragte er leise, woraufhin ich lächelnd nickte. In diesem Moment beschleunigte das Flugzeug und erhob sich wenig später in Richtung Wolken. Draußen war es bereits dunkel, weshalb man nur die Lichter der Stadt sehen konnte, die immer kleiner wurden.

„Liam?“ – „Ja?“ Wir waren bereits seit einigen Minuten in der Luft, gewannen jedoch noch immer an Höhe. „Hättest du… hättest du etwas dagegen, wenn ich heute Nacht mit zu dir komme?“ Es dauerte einen Moment bis er antwortete. „Mit zu mir? Du meinst in mein Hotelzimmer?“ Schweigend nickte ich. „Du weißt, dass ich da absolut nichts gegen hätte, aber… bist du dir sicher?“ Als ich nicht antwortete, fuhr er fort: „Ich dachte, du wolltest noch mehr Zeit haben. Um dir über alles klar zu werden.“ – „Ja, wollte ich. Aber… jetzt gerade möchte ich ehrlich gesagt einfach nur in deiner Nähe sein. Aber du hast Recht, das ist wahrscheinlich keine gute Idee.“, murmelte ich. Liam seufzte und tastete unter der Decke nach meiner Hand. „Doch, Mia. Ich möchte dich in meiner Nähe haben.“

HARRYS SICHT:

Die Hälfte der Flugzeit hatten wir bereits hinter uns und mittlerweile war es kurz vor Mitternacht. Zum Glück konnten wir morgen endlich einmal ausschlafen. Die meisten anderen schliefen, doch ich hatte in Flugzeugen noch nie schlafen können. Seufzend ließ ich meinen Blick schweifen. Und blieb schließlich bei Liam und Mia hängen. Auch diese beiden hatten die Augen geschlossen. Nur ihre Köpfe waren zu sehen, der Rest ihrer Körper war unter einer riesigen Wolldecke versteckt. Mias Kopf lag auf Liams Schulter und auch Liam lehnte sich in Mias Richtung. Während ich die beiden betrachtete, konnte ich das Lächeln, das sich auf meinem Gesicht bildete, nicht verhindern. Schon lange hatte ich Liam nicht mehr so ruhig, entspannt und… zufrieden gesehen. 

Don't let me go..Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt