Protokoll: Folter III; part 22

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Datenübertragung: Rose D. Hawk (POV)

*Achtung! Dieses Kapitel enthalt Folterszenen und grobe Gewalt. Wer das nicht lesen möchte oder aus anderen Gründen kann/will, sollte diesen Abschnitt überspringen.*

Ich hockte an meiner Kücheninsel und hatte mich vorgelehnt, um Cuanos Schloss zu begutachten. Sie hatte es für mich gebastelt aus den Kaffeebechern, die sie mir in der ersten Schulwoche für einen Streich aufgestellt hatte. Es war süß von ihr, dass sie sie so lange behalten hatte, um mir damit ein Geschenk zu machen. Ehrlich gesagt hatte ich geschätzt, sie hätte sie trotz ihrer Strafe weggeworfen. Doch das hatte sie nicht. Und dieses Schloss heute zu besitzen, bedeutete mir viel.

Ich wünschte, ich könnte ihr das persönlich sagen.

Was Cuano betraf, war ich hin- und hergerissen. Einerseits war sie meine Schülerin, mindestens zehn Jahre jünger und somit laut Gesetz tabu, andererseits mochte ich sie wirklich, ohne dass ich mir meine Gefühle erklären konnte. Der Kuss mit ihr lief ständig vor meinem inneren Auge ab. Er war leidenschaftlich und fest gewesen mit einer deutlichen Spur Sehnsucht. Es gab nicht viele, die so küssten. Ich hatte das Feuer in ihr durch ihre Lippen geschmeckt und egal,wie oft ich es mit Gedankenkraft löschen wollte, es gelang mir nicht mehr.

Oh, das war gar nicht gut.

Ich befand mich in einem emotionalen Dilemma. Es war ein Albtraum. Ich mochte sie und sie mich, doch wir durften nicht zusammen sein. Aus mehreren Gründen, moralischen, juristischen und in gewisser Weise politischen: Firewalk. Gerade jetzt, wo Kazaka ein Auge auf mich geworfen hatte, durfte ich nicht riskieren, mein Umfeld durch mich in Gefahr zu bringen. Ich würde ihr zutrauen, Cuano aus Prinzip etwas anzutun. Einfach nur, weil ich ihr nahegekommen war.

Deshalb durfte Kazaka nichts von Cuano und mir erfahren. Deswegen musste ich sie auf Distanz halten, so sehr es uns beide auch schmerzte. Cuano wusste nichts von meiner Vergangenheit und das sollte sich nicht ändern, aber sie belogen zu haben, hatte mir selber wehgetan. Und als sie an diesem einen Abend geweint hatte und von Selbstverachtung zerfressen gewesen war, hatte ich nicht anders gekonnt, als ihr die Wahrheit zu beichten.

Ich wollte nicht, dass sie litt. Irgendjemand. Sie hatte die Schuld bei sich gesucht und das war nicht fair gewesen, wo die Verantwortung doch bei mir lag. Ich war älter, ich war ihre Lehrerin, ich hatte zu viel Nähe zugelassen ... und nun hatte ich, was ich wollte. Abstand – nein, schlimmer! – Ignoranz.

Obwohl ich wusste, dass es besser für uns beide war, fühlte es sich grausam an, von Cuano nicht beachtet zu werden. Meldete sie sich, formulierte sie ihre Fragen trocken und mied Blickkontakt. Sie starrte mich nicht mehr an, selbst dann, wenn sie glaubte, ich würde sie nicht sehen. Das hatte sie sonst stets getan. Sie sprach nicht mit mir und zeichnete schlechter. War es kindisch von mir, dass es mich ... verletzte? Immerhin war ich kein Teenager, der ihr heimlich Liebesbriefe schrieb und diese dennoch nie abschickte, aus Angst, verschmäht zu werden.

Es beunruhigte mich außerdem, dass sie plötzlich viel Zeit mit der Schülerin Layla Shine verbrachte. Ich entsann mich, dass das Mädchen in Cuano verliebt war und einst Rat bei mir ersucht hatte. Ob sich zwischen den beiden etwas entwickelt hatte? Hatte Cuano erkannt, dass ein potentielles Verhältnis mit mir sinnlos war und sich darum eine andere genommen? Wieso machte mich das eifersüchtig? Gott, ich war nun wirklich kein Kind mehr! Ich ... verdammt, ich ertrug diese Vorstellung nicht. Was stimmte nicht mit mir? Sollte ich mich nicht glücklich für sie schätzen? Warum war ich unglücklich?

Ich seufzte und strich mit dem Daumen über mein Septum. Cuano hatte jemand Besseren verdient als mich. Einen gesunden, reinen Menschen. Jemanden wie Layla. Denn wo sie noch jung und unschuldig waren, war ich gänzlich verdorben. Eine Mörderin, eine psychisch Kranke, ein Wolf im Schafspelz.

A Baptism of Fire - Hawk's Eyes SerieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt