Protokoll: Erste Male II; part 32

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Datenübertragung: Kaya Cuano (POV)

»Ich bin zuerst da!«

Rose war losgesprintet, ehe ich begriffen hatte, dass sie mich zu einem Wettrennen herausforderte. »Das ist unfair!«, schrie ich ihr hinterher, brachte fluchend meine Beine in Bewegung und raste los, die scharfen Zweige, die mir ins Gesicht peitschten, ignorierend.

Das Gras auf der Wiese, die hinter dem Waldstück lag, glitzerte vom Tau. Meine mattschwarzen Turnschuhe wurden nass vom Durchlaufen. Ärgerlich blies ich aus meiner Nase Dampf wie ein Bulle, zornig, dass ich verlor. Kühler Wind zauste mein Haar, und als ich Rose abklatschte, war es völlig durcheinander, struppig. Im Sonnenschein war es hell wie Honig, nur leider salzig vom Schweiß und nicht gesüßt.

Rose' Wangen hatten einen rosigen Schimmer aufgetragen. Ihre gebrannten Locken schillerten erdbeerblond, eine neue Haarfarbe, die sich zu ihren Sommersprossen bekannte. Sie lachte und umarmte mich kurz. Ich fand das gar nicht witzig. »Zieh nicht so eine Grimasse«, sagte sie heiter. »Es ist ein schöner Tag; du beschwerst uns Regenwetter.«

Ich sog den Rest ihres Duftes ein, den sie an mir hinterlassen hatte. Das kühlte mein Gemüt ab. »Ich hätte gewonnen!«, trotzte ich.

»Gegen mich, ja?« Sie zwinkerte mir zu. »Ich besitze mehr Ausdauer als du, Raucherlunge.«

Ich grollte: »Von mir aus, Wette angenommen! Wir laufen bis zu diesem Baum, den mit den komischen Blättern.«

»Das ist Ahorn«, verbesserte mich Rose frech, »und nein.«

»Hast du Schiss?«

»Keine Lust«, entgegnete Rose locker, zuckte die Achseln und drehte mich sanft herum. Der Griff ihrer Finger war weich und beruhigend. Man konnte ihn nicht an Zartheit übertreffen. Eine Welle der Erregung durchflutete mich. Alles, was sie tat, egal, wie kleinlich es war, verursachte eine Regung in mir, entweder meinem Körper oder dem Herzen. »Ich bin deshalb mit dir hier. Das ist mein Lieblingsort. Er ist verlassen und natürlich, abgeschieden von der Stadt und der Straße, sicher. Wenn ich könnte, würde ich für immer hierbleiben, mir ein Häuschen und einen kleinen Garten bauen und selber anpflanzen, was ich esse.«

»Wie einsam«, murmelte ich abgelenkt.

»Oh, ich würde nicht alleine wohnen, und Besuch wäre jederzeit willkommen.«

»Mit wem würdest du leben?«

Rose antwortete nicht. Ich blickte hinaus auf den Ort, den sie mir zeigen wollte. Es handelte sich um eine Talenge, die von grauen, dicken Steinen, Wildblumen, schlanken, hohen Bäumen und einem schmalen Fluss gezeichnet war, über den sich aus dem Berg ein Wasserfall erbrach. Die zackigen Umrisse des Gebirges glühten von dem Licht, das die Morgensonne warf. Für diesen Anblick hatte mich Rose früh aus dem Bett gescheucht. Ich war so müde, dass mich selbst das Staunen nicht weckte.

Hände falteten sich um meinen Bauch, schoben mich an Rose, die sich hinter mich gestellt hatte. »Waren das die Stunden nicht wert, die wir gewandert sind?«, flüsterte sie begeistert. Ich fragte mich, woher sie die Energie nahm.

»Wären wir mit dem Auto gefahren, hätt's nicht so lange gedauert«, musste ich klugscheißen.

»Wärst du nicht ständig für Verschnaufpausen und Zigaretten angehalten, auch«, konterte Rose.

»Ich bitte dich.«

»Kaya?«

»Was?«

»Sei still.«

Also schwieg ich. Wir genossen ruhige Minuten, in denen sie mich umarmte und ich ihren Geruch wahrnahm. Ihre Wärme half mir, nicht zu frieren. Ihrer Warnung zum Trotze, hatte ich natürlich keine Jacke gekauft, oder sonst was in der Richtung. Pullover, Unterhemd und Jeans genügten mir. Immerhin wollte ich mich nicht wie in Watte verpackt fühlen wie irgendein Paket. Obwohl ich nichts einzuwenden hätte, mich von Rose auspacken zu lassen.

A Baptism of Fire - Hawk's Eyes SerieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt