Protokoll: Nicht mehr IV; part 47

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Datenübertragung: Kaya Cuano (POV)



Ich bemerkte die Anspannung in meinen wackelnden Fäusten erst, als sie sich durch den Anblick von Rose lockerten. Mein Herz raste wie ein überhitzter Motor, Hass flammte in meinem Blut auf und mir war warm, zu heiß. Ich atmete wie eine Bestie und als ich meine Freundin so betrachtete, fühlte ich mich auch wie eine. Es besorgte mich, und meine Stimmung änderte sich sofort. Ich erkühlte und begriff, was ich gesagt hatte. Wie ich mich angehört hatte. Als wäre ich selber ein Mörder, gewissenlos, brutal, unehrenhaft.

Der Teint einer erfrorenen Leiche hatte sich über Rose gedeckt, ihre im Moment mehr grauen als blauen Augen waren aufgerissen und schienen zu zittern, sogar ihre Lippen waren bläulich. Als wäre Eis selbst durch sie gefahren und hätte ihr warmes Herz infiltriert. Ihre Fingerknöchel waren weiß angelaufen von der Kraft, mit welcher sie ihre Hand in den Tisch krallte, so als müsste sie sich zwingend festhalten – festhaken! – um nicht geistig aus dem Raum zu fallen. Sie war starr und ich befürchtete, dass ich die Ursache war.

»Babe!« Ich huschte zu ihr, rieb ihre fröstelnden Hände. War ich das gewesen? »E-es tut mir leid, ich wollte dich nicht verschrecken, ich wollte nicht ausrasten! Bitte denk nicht schlecht von mir, okay?« Ich sah sie verzweifelt an. Keine Regung. »Babe«, flüsterte ich, »ich bin kein Monster. Ich will den Menschen helfen.«

Das Licht über uns flackerte und ich konnte schwören, dass während der raschen Dunkelheit Äderchen in Rose' Augen platzten. War es hell, war der weiße Teil um ihrer Iris rosa.

»Du ...«, sprach sie endlich fürchterlich, fürchterlich leise, »willst Firewalk vernichten.« Es war mehr eine Feststellung für sich selbst. »Du stehst auf FIRMAs Seite.«

Wieso trennte sie in Seiten? Es handelte sich um eine Ansammlung von irren Verbrechern, für mich stellte das keine Instanz dar, der man sich anzuschließen jemals erwägen sollte. »Es gibt keine Seiten, nur das Richtige.«

»Und das soll FIRMA sein?« Nun klang sie nicht nur geschockt, sondern auch argwöhnisch.

Ich verzog die Brauen und setzte meine Stirn in Falten, analysierte sie. Sie war immer noch leichenblass, man konnte aus Toten nichts lesen. Doch offensichtlich gefiel ihr meine Einstellung nicht, und dem musste ich auf den Zahn fühlen, um den Streit aus der Welt zu schaffen. Ich wollte nicht mit ihr streiten. Ich wollte sie lieben. Hatte ich es vergeigt? Hatte ich ihr meine Beweggründe zu früh gestanden? Ich war so ein Trottel! »Ja«, meinte ich irritiert. »Sie hat die Mittel, die Terroristen zu bekämpfen. Bei Ihr kann ich lernen und mich ausbilden lassen. FIRMA ist nicht böse, Rose.«

»Aber Firewalk?«

»Natürlich!«, brüllte ich fast.

Damit zog sie ihre Hand zurück, und als ich sie zurückholen wollte, um zu schlichten, was sich anbahnte, warf mir Rose einen Blick zu, der mir ausdrücklich sagte, dass ich sie besser nicht berühren sollte. »Du bist so blind«, schnaubte sie, den Tränen nahe. Warum weinte sie denn? »Du denkst so einseitig, du bist so naiv, du bist so ...« Sie schüttelte den Kopf, biss sich fest auf die Lippe. »Weder FIRMA noch Firewalk sind es wert, für sie einzustehen, doch FIRMA ist bei weitem schlimmer als die Waffe in Flammen.«

Ich atmete tief und wütend durch. »Was soll das heißen? Ich sei ein Blindgänger? Ich weiß, was ich tue!«

»Du vertraust den Lügen einer korrupten Konzernmacht!«

»Mag sein, aber ich werde sie verändern! Und zwar von innen! Das ist der Grund, warum ich mir täglich beim Lernen den Arsch aufreiße, warum ich pausenlos für Prüfungen büffle und warum ich im Studio und auf den Straßen trainiere.« Ich versuchte, trotz meines Zorns einen milden Ton zu wahren. »Meine Leistungen und meine Verbindung zu Sandrilla werden der Schlüssel sein, um im Konzern aufzusteigen. Ich kann an Macht kommen und diese benutzen, indem ich die Hierarchien nach und nach abschaffe. Das System benötigt einen Wandel.«

A Baptism of Fire - Hawk's Eyes SerieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt