TEASER zu "A Fall of Rain"

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Datenübertragung: Keith Gerald (POV)

Songempfehlung zum Anfang des Kapitels: "Teenagers" von My Chemical Romance





Ich startete die meisten Wochen mit Cornflakes, einer rieeesigen Prise Zucker, heißem Kakao (aber aus weißer Schokolade!) und der neuen Ausgabe meines Lieblingscomics. Meinen Rucksack stopfte ich mit meinem Laptop, 'nem Pausenbrot und Cola voll, nachdem ich mich um meinen Mitbewohner gekümmert hatte – eigentlich sollte sich er um mich sorgen, aber ich war handlicher als er, also übernahm ich das Ruder. Außerdem machte es mir nichts aus.

Galloneya war heiß und dunkel, selbst wenn die Sonne aufging (wovon man nie was schnallte, weil das Teil hinter der dicken Schicht aus Abgasen verlorengegangen war). Ich hatte einen eigenen Chauffeur, der mich kutschierte und theoretisch hielt, wo ich wollte. Doch ich nutzte das nicht aus. Wäre ja scheiße von mir, oder? Zumal ich mich immer noch nicht daran gewöhnt hatte, dass ich anderen Befehle geben durfte. War das cool? Ja. War ich zu schüchtern? Ein bisschen.

Dabei hatte ich normalerweise 'ne große Klappe.

Wie im Waisenhaus. Ich war einer der schlimmsten Unruhestifter gewesen. Bei meiner ersten Begegnung mit Mum hatte ich jemandem in den Arsch getreten und gebrüllt, dass er sich verpissen solle und ihn einen »Arschkacker« genannt. War nicht so gut angekommen – vor allem zu den Besichtigungszeiten für potentielle Eltern – und ich hatte ziemlich Anschiss von den Betreuern für die Aktion gekriegt.

Umso krasser hatte es sie gewundert, dass die streng guckende Frau in der schwarzen, verdammt geilen Uniform mich ausgewählt hatte. Mich! Ich hatte es selbst nicht glauben können. Meinen kompletten Aufenthalt lang hatte man mir eingetrichtert, dass nie jemand einen Herumtreiber wie mich adoptieren würde und dann war das geschehen. Sie war aufgetaucht, und sie hatte mich genommen. Ohne mich zu kennen. Ohne meinen Namen zu wissen. Ohne je mit mir gesprochen zu haben. Sie hatte mir nur diesen knappen Blick zugeworfen und eine Stunde später hatte man mich zur Besprechung und zum Ausfüllen der Formulare ins Büro gebeten. Ich war neben ihr gesessen. Sie hatte mich nicht angesehen oder etwas gefragt, außer eine Sache: »Willst du, dass ich dich aus diesem Drecksloch hole?«

Oh mein Gott, wie die Leiterin geglotzt hatte! Ihr hättet ihr Gesicht sehen sollen, echt mal!

Natürlich hatte ich Ja geantwortet.

Anfangs war ich sehr zurückhaltend gewesen, und meine Mum total schweigsam. Ich erinnerte mich an den schwarz lackierten Wagen, der neu geduftet hatte, daran, dass sie eine während der Fahrt geraucht und die Metal-Musik laut aufgedreht hatte. Und ich hatte sie angeschaut, beobachtet, als wäre sie ein Traum, der in Erfüllung ging. Sie war nicht spießig oder alt, im Gegenteil, sie war richtig jung für eine Mum. Sie war lässig, aber hart, und sie fluchte mehr als ich. Mir fiel ihr Lächeln auf, sonderbar warm für jemanden, der emotional unnahbar wirkte. Es schlug diese Falten um ihre Augen. Voll hübsch. Ich wollte auch so eines. Sie war wie diese düsteren Antihelden aus den Comics, die ich las. Sie hatte sogar ein Schwert und Schusswaffen, war Soldatin oder so was. Ihre Klinge trug einen genialen Namen: »Cloudscratcher«. Ich hatte es am ersten Tag halten dürfen, und es war schwer gewesen. Keine Ahnung, wie Erwachsene so was schwingen konnten.

Ich erinnerte mich zudem an den Moment, als wir ihre Wohnung betraten – und wo sie lag. Der Distrikt hatte eine derart kurze Nummer, dass ich ihn an zwei Händen aufzeigen konnte. Es war geräumig gewesen, so viel Platz hatte ich noch nie besessen, und der Ausblick aus dem Hochhaus – ich wollte gar nicht mehr vom Balkon weg. Wir hatten eine Küche und Waschmaschine mit Trockner und ein Bad mit heißem Wasser. Ich war dagestanden, hatte gestaunt und mich vor Ehrfurcht nicht vom Fleck rühren können. Irgendwann hatte sich Mum geräuspert und mir angeboten, mir mein Zimmer vorzustellen. Sie wollte wissen, ob es mir gefiel oder sie etwas verändern sollte. Ihr sei wichtig, dass ich gut lebte.

A Baptism of Fire - Hawk's Eyes SerieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt