Protokoll: Viermal grün; part 44

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Datenübertragung: Kaya Cuano

»Du hast ihr drei Wochen nicht geantwortet?!«

Meine Faust ruhte auf der gefurchten Stirn. Ich hatte mich über meinen Schreibtisch geneigt, einen Stift für Notizen in der Hand. Lernmaterialien lagen unordentlich verstreut vor mir mitsamt einer Packung saurer Zungen und zwei Dosen Energy-Drink, eine davon hatte ich vor Schreck umgekippt, als Ellie mich anschrie. »Ja ...«, brachte ich lediglich hervor.

»Und was meinst du, soll sie davon halten, du Dummdödel?«, warf sie mir an den Kopf.

Ich blickte sie irritiert an. Ellie saß auf meinem Bett und hatte vor Empörung die Arme verschränkt; ein braun-weiß gepunktetes Schleifchen hockte auf ihrem rosa Haar und unterstrich ihre fassungslosen bronzefarbenen Augen. »Dummdödel? Was ist das bitte für ein Wort?«, fuhr ich meine Schilde hoch. »Außerdem ... fuck, das geht dich eh nichts an!«

»Was? Dass meine beste Freundin das Einzige zerstört, was sie glücklich macht? Das geht mich nichts an?« Sie zeigte mir den Stinkefinger, kreuzte diesen über den anderen und zischte, als wollte sie irgendeine Beschwörung hervorrufen.

»Was tust du?«

»Ich läutere dich!«

»Was?!«

Sie drückte mir ihr Kreuz aufs Gesicht. »Lieber Gott, lass die Dummheit aus ihr fahren!«

Ich schlug ihre Hände von mir. »Hör auf damit!«

»Dann hör auf, dich dumm zu verhalten!«

»Ich verhalte mich nicht dumm!«

»Tust du wohl!«

»Tu ich nicht!«

Wir verstummten, als es gegen die Zimmerwand klopfte und meine Nachbarin donnerte: »Ihr verhaltet euch beide wie ein altes Ehepaar! Habt endlich Sex und haltet's Maul!«

Sofort führten wir unsere Diskussion leiser weiter. Verdammt, konnte man uns so gut verstehen? Ich fragte mich, wie oft man Rose und mich ... Ach, das war jetzt nicht wichtig! Ellie feuerte: »Warum ignorierst du sie so lange?«

Ich seufzte. »Ich ignoriere sie nicht, ich brauche ... Zeit.«

»Wofür?«

»Um das zu verarbeiten.«

»Dass sie dich liebt?«, resümierte Ellie ungläubig.

»Nun ... ja?«

»Und das nimmt sie so einfach hin?«

»Nicht direkt.« Ich kratzte mir den Hinterkopf, räusperte mich. »Sie, ähm, hat mir natürlich ganz oft geschrieben, was los sei, ob ich in Schwierigkeiten stecken würde und solche Sachen eben ... Ich hab keine Ahnung, wie ich damit umgehen soll. Deswegen schreibe ich nicht zurück. Und in der Schule, na ja, du siehst ja, wie schnell ich aus dem Klassenzimmer renne, sobald die Stunde zu Ende ist. Ich kann nicht mit ihr reden und ich wüsste auch nicht, wie ... Ich hab überlegt, ob ich Schluss machen soll.« Daraufhin ohrfeigte mich Ellie, und der Schmerz brannte auf meiner Wange. Ich guckte sie fraglos an. »Wieso hast du das getan?«

Ellie beugte sich vor, um mich an den Schultern zu packen. »Kaya«, sie holte tief Luft, »ich schwöre dir, wenn du mit Miss Hawk Schluss machst, kündige ich dir die Freundschaft.«

»Warum?« Ich verstand sie nicht. »Mit wem ich zusammen bin, ist doch meine Sache!«

»Du verdrängst deine Gefühle!«

»Bullshit!« Ich schnaubte und wandte das Gesicht ab. Weshalb hackte man so auf mir herum? Warum ließ man mir nicht meinen Frieden? Ich wollte verdammt nochmal bloß Zeit zum Nachdenken haben! Die Situation mit Rose überforderte mich, und zwar extrem, denn seit sie mir ihre Gefühle gestanden hatte, schwenkten meine wie ein Fähnchen im Wind. Ich wusste nicht mehr, was ich fühlen sollte – oder was ich tun sollte. In meiner Brust war es manchmal dermaßen eng, dass ich dachte, ich könnte an diesem Druck ersticken, und Ellie war mir gerade keine Hilfe. »Ich verdränge gar nichts. Ich will für die Schule lernen, schlafen und meine Ruhe.«

A Baptism of Fire - Hawk's Eyes SerieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt