Kapitel 29: Weil es so ist (1.297)

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Jisung:

Als nun auch die dritte und vierte Stunde vorbei sind, begeben sich Hyunjin, Seungmin und Jeongin bereits zu unserem Stammplatz, um dort auf Changbin und uns zu warten, während Felix und ich über den Schulhof laufen und dabei hoffen, Minho irgendwie ausfindig zu machen, was uns letztendlich auch gelingt.

Er steht also lieber bei Yeji und ihren Freundinnen, als bei uns?

Jedenfalls machen wir es wie abgemacht und Felix mischt sich unters Volk, wobei er versucht die Mädels abzulenken und ich mich Minho zuwende.

„Hey, Minho." sage ich schließlich schüchtern, da mich dieser Traum von Freitag noch immer beschäftigt und ich ihn einfach nicht vergessen kann. Kurz scheint sich ein Lächeln auf seine Lippen geschlichen zu haben, das jedoch so kurz, dass ich es glaube mir eingebildet zu haben, denn plötzlich hat er wieder diesen kalten Blick drauf, den er immer drauf hat, wenn er einen schlechten Tag hat oder wenn ihn etwas beziehungsweise jemand nervt.

„Was willst du?" fragt er nun auch so gefühlskalt, weshalb ich kurz erschrocken drein blicke und sich eine Gänsehaut auf meinem Körper ausbreitet. „Ich frag mich nur, wie es dir geht. Seit Freitag habe ich nichts mehr von dir gehört, da du uns scheinbar aus Versehen blockiert und die Gruppe verlassen ha-..." „Das war nicht aus Versehen, Jisung. Das war gewollt." unterbricht er mich.

Aufgrund der Tatsache, dass er keinen meiner Spitznamen nutzt, wird mir der Ernst seiner Worte erst so richtig bewusst und genau das verletzt mich.

„Aber...Warum denn?" frage ich stotternd und ich denke, dass man ganz genau hören kann, wie sehr mich seine Worte verletzen. „Weil es so ist." antwortet er nur knapp. Sonst war er immer eingeknickt, wenn er mich so verletzt gesehen hat. Hätte mich umarmt und mir gesagt, dass alles gut wird, doch jetzt? Jetzt zeigt er mir diese Kälte, von der alle Mitschüler immer gesprochen haben und von der ich dachte, sie wäre nicht wirklich so, da ich glaubte Minho zu kennen.

Doch scheinbar kenne ich ihn doch nicht. Oder zumindest nicht mehr.

Ich würde gerade so gerne, so vieles sagen, doch seine Worte und sein Verhalten mir gegenüber schmerzen zu sehr und ich bin zu schüchtern, um meine Gedanken auszusprechen.

Ich würde ihm zum Beispiel gerne sagen, dass wir auch ein Recht dazu haben zu erfahren, warum er scheinbar nichts mehr mit uns zu tun haben will und ein einfaches 'Weil es so ist.' nicht als Begründung ausreicht.
Ich würde ihn gerne anschreien. Meine Wut und Trauer in diesem Moment ihm gegenüber einfach raus schreien, doch ich kann nicht.

Zu sehr bin ich damit beschäftigt meine Tränen zurückzuhalten und nicht gleich zusammenzubrechen.

„Könntet ihr jetzt gehen? Ich will nichts mehr mit euch zu tun haben." sagt Minho kalt, während er mich nicht einmal mehr anschaut, sondern weiter stur nach vorne. Hauptsache mich ja nicht ansehen.

Felix, der bis eben Ryujin, Yeji, Chaeryoung und Lia abgelenkt hat, scheint Minho's Worte nun gehört zu haben, denn in seinen Augen ist pure Wut zu sehen, als er wieder auf uns zukommt. Mich beruhigend in seine Arme nehmend, da die Tränen nun tatsächlich aus meinen Augen kommen, knallt er Minho noch seine Gedanken an den Kopf:

„Was zur Hölle ist in letzter Zeit bloß los mit dir?! Du weißt, dass Jisung sensibel ist! Diese Phasen haben wir schon oft genug mitgemacht, aber das jetzt ist selbst für deine Verhältnisse zu krass! Wir hatten schon immer Probleme damit, dich zu verstehen, doch jetzt verstehen wir nicht einmal mehr das kleinste bisschen! Seit Wochen bist du schon so scheiße! Schön und gut, wenn du nichts mehr mit uns zu tun haben willst, doch wenigstens einen ordentlichen Grund könntest du uns nennen, nicht einfach nur 'Weil es so ist.'! Auch das ist für deine Verhältnisse echt Arschlochniveau hoch tausend! Melde dich doch wieder bei uns, wenn du dich wieder eingekriegt hast!"

Mit diesen Worten zieht mich Felix mit sich zu den anderen, welche sich direkt besorgt von der Mauer schwingen und zu uns kommen. „Was ist passiert?" fragt Hyunjin, als er mich ebenso in seine Arme nimmt und ich nun auch zu Schluchzen beginne. „Minho ist ein Arschloch. Das ist los." gibt Felix eingeschnappt von sich.

„Erzählt uns bitte, was passiert ist." bittet Jeongin, wobei ich sehen kann, dass auch seine Augen scheinbar glasig geworden sind. „Es wird schon schwierig genug, das überhaupt zu sagen. Zwei Mal wird nur noch schlimmer, da wir Chan ja auch noch informieren müssen." sagt Felix frustriert und drückt mich noch ein bisschen fester an sich, während ich mein Schluchzen noch immer nicht in den Griff bekommen kann.

„Ich schlage vor, dass wir die letzten beiden Stunden schwänzen und direkt zu Chan gehen. Konzentrieren könnten Jisung und ich uns eh nicht mehr." fährt der Lilahaarige noch immer frustriert fort. „Und wir auch nicht, so lange wir nicht wissen, was passiert ist." gibt nun auch Changbin von sich, woraufhin wir sechs nun tatsächlich vor Ende des Unterrichts das Schulgelände verlassen und uns auf direktem Wege zu Chan's Haus machen. Dort angekommen klingelt Seungmin und uns wird fast direkt die Tür von unserem Ältesten geöffnet.

„Hey, habt ihr nicht Schule?" fragt Chan skeptisch, als er uns alle sechs erkennt. „Eigentlich ja, aber da ist etwas passiert, weshalb wir uns eh nicht mehr hätten konzentrieren können." sagt Felix, ehe Chan scheinbar nun auch merkt, wie deprimiert wir alle wirken und dass ich noch immer stille Tränen vergieße.

Man, ich bin echt so eine scheiß Heulsuse.

„Oh mein Gott, Jisung! Was ist passiert?" fragt Chan direkt und nimmt mich aus Felix' Arm, um mich selbst zu umarmen. „Können wir erstmal reinkommen?" fragt Felix, während Chan mich fest an seine Brust drückt. „Klar, kommt rein. Meine Eltern sind arbeiten und meine Geschwister in der Schule. Lasst uns also ins Wohnzimmer." beantwortet der Blondhaarige die Frage des Lilahaarigen und so begeben wir uns auf die übergroße Couch in Chan's Wohnzimmer.

„Jetzt erzählt endlich mal." sagt Chan, während ich nun meinen Kopf auf seiner Schulter gebettet habe und er mir beruhigend über meinen Arm streicht. „Changbin. Fang du an." sagt Felix frustriert, woraufhin sein Freund beginnt davon zu erzählen, dass Minho heute fünf Minuten zu spät zum Unterricht kam, Yeji auf seinen eigentlichen Platz gescheucht hat und Changbin die ganzen vier Stunden Unterricht keines Blickes gewürdigt und komplett ignoriert hat.

„Als wir das dann von Changbin gehört haben, hat Jeongin Jisung gebeten mit Minho zu sprechen, was er und Felix dann in der zweiten Pause auch gemacht haben." bildet Seungmin die Brücke zu Felix' und meinem Erzählpart.

„Ich habe mit ihm gesprochen und er hat gemeint, dass er nichts mehr mit uns zu tun haben will." kläre ich die fünf auf, während eine einzelne Träne über meine Wange rollt. „Er hat uns nicht aus Versehen alle blockiert und auch nicht aus Versehen die Gruppe verlassen. Er wollte es. Er will plötzlich nichts mehr mit uns zu tun haben." fahre ich fort, während die Tränen wieder mehr werden, weshalb mich Chan noch näher an sich drückt und tröstet.

„Hat er denn wenigstens gesagt, warum?" fragt Jeongin ebenfalls mit Tränen in den Augen, weshalb Hyunjin ihn fest in seine Arme nimmt, jedoch selbst gegen Tränen ankämpft. Genau so auch Seungmin, Chan und Changbin.

„Das ist ja noch das Beste an dem Ganzen. Als Jisung gefragt hat, warum er nichts mehr mit uns zu tun haben will, hat Minho einfach nur gesagt 'Weil es so ist.'. Dafür könnte ich ihn gerade echt köpfen." gibt Felix wütend von sich, versucht damit jedoch wohl höchstwahrscheinlich seine eigene Trauer etwas zu verstecken, was wohl auch Changbin zu spüren scheint, da er direkt darauf Felix in seine Arme nimmt und dieser leise zu Schluchzen beginnt.

Da sitzen wir nun also.

Heulend und schluchzend im Wohnzimmer von Chan, weil Minho uns ohne wirklichen Grund die Freundschaft gekündigt hat...




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Awkward Silence {MinSung}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt