Kapitel 61: Die Entscheidung (1.329)

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Minho:

„Du hast dich wirklich sehr verändert, wenn du so ganz ohne Probleme mit Fremden reden kannst." murmle ich leise. „Ja, das habe ich auch. Die Therapie hat bisher echt gute Fortschritte erzielt. Keine Panikattacken mehr und kaum noch Beruhigungstabletten." lächelt er. „Aber jetzt lenk nicht vom Thema ab. Erkläre dich." fügt er dann ernster hinzu.

„Es tut mir alles so leid, Jisung. Du weißt ja gar nicht, wie sehr. Ich war einfach nur dumm." beginne ich mit gesenktem Kopf.

„Alles fing damit an, dass Hyunjin und Jeongin zusammengekommen sind. Du musst wissen, dass mein Vater homophob ist und er es schon nicht klasse fand, dass ich mit Changbin und Felix befreundet war. Als sich dann auch noch Hyunjin und Jeongin geoutet haben, wurden es meinem Vater wohl zu viele 'Schwuchteln' in meinem Freundeskreis. Aus diesem Grund hat er mir den Kontakt zu euch verboten. Beziehungsweise zu den anderen und zu dir nur noch eingeschränkt."

Ich atme nochmal tief durch, während Jisung mir einfach aufmerksam zuhört und mich scheinbar nicht unterbrechen will.

„Ich hatte ungesund großen Respekt vor meinem Vater. Kein Wunder, wenn man bedenkt, dass er ein Krimineller ist und sicher auch über Leichen gegangen wäre. Das grenzte schon fast an Angst, weshalb ich mich unter anderem auf seinem Befehl einließ, ohne richtig für mich selbst und unsere Freundschaft einzustehen. Ich bereue das noch immer so sehr, schließlich seid, beziehungsweise wart ihr mehr Familie für mich, als meine leibliche. Ich habe mich bei euch viel wohler gefühlt, als bei mir zuhause. Um ehrlich zu sein, waren die einzigen die mein sogenanntes Zuhause erst zu einem Zuhause gemacht haben, Soonie, Doongie und Dori. Jedenfalls eskalierte das Alles so sehr. Ich wollte dich wirklich nicht so sehr verletzen, als ich dir sagte, dass ich keinen Kontakt mehr zu euch will." fahre ich fort, während die ersten Tränen nun auch aus meinen Augen kommen, ich sie jedoch schnell von meinen Wangen wische.

„Ja, das wusste ich schon. Das haben Hyunjin, Seungmin und Jeongin schon erzählt. Nur warum hast du uns das nie erzählt? Vertraust du uns so wenig?" fragt Jisung, während sich scheinbar nun auch in seinen Augen Tränen sammeln. „Hast du mir so wenig vertraut? Ich war fast siebzehn Jahr lang dein bester Freund und ich habe dir oft genug gesagt, dass du immer zu mir kommen und mit mir reden kannst. Warum hast du das nie erzählt?" fragt er weiter und man kann seine Verletztheit darüber ganz klar heraushören.

„Weil ich Angst hatte. Ich tue nach außen hin immer auf kalt und so, als würde mir niemand etwas anhaben können, dabei bin ich tief in mir nichts weiter als ein verdammtes Weichei, das sofort den Schwanz einzieht, wenn es auch nur ein bisschen unschön wird." sage ich Jisung offen und ehrlich.

Ich will diese Chance nicht verspielen, indem ich auch jetzt wieder versuche stark zu bleiben, obwohl ich innerlich einfach nur zusammenbrechen und alles raus lassen will.

„Du bist so dumm, Minho." sagt Jisung, als er zu meiner Überraschung seine Arme um mich schlingt. Kurzzeitig spanne ich mich an, ehe ich seine Umarmung erwidere und nun auch beginne zu weinen. Das jedoch auch irgendwie vor Freude, da Jisung mich tatsächlich umarmt. Was natürlich nichts heißen muss, aber dennoch genieße ich diese Wärme von ihm, die mir all die Zeit über so sehr gefehlt hat.

„Aber halt...Wenn dein Vater dir nur den Kontakt zu den anderen verboten, ihn dir zu mir aber noch eingeschränkt erlaubt hat, warum hast du dann auch mir die Freundschaft gekündigt?" fragt er, als er die Umarmung löst und mir seine Wärme augenblicklich fehlt.

„Weil...Jisung, ich habe Gefühle für dich entwickelt, die eindeutig über das Freundschaftliche hinaus gehen. Ich...Ich wollte mir diese Gefühle aber wegen meines Vaters nicht eingestehen. Deshalb...Deshalb bin ich dann mit Yeji zusammengekommen. In der Hoffnung, sie vergessen zu können."

„Du hast mich also unnötigerweise noch mehr verletzt, als ohnehin schon?" fragt er, als er schnell aufsteht und mich unglaublich verletzt ansieht. Zuvor waren seine Augen viel eher mit Mitleid gefüllt, doch diese Verletztheit jetzt raubt mir jegliche Luft zum Atmen, als nun auch ich aufstehe.

„Es tut mir alles so unglaublich leid, Jisung. Bitte glaube mir." sage ich unter Tränen. „Du hast diese Beziehung mit Yeji also nur als Alibi genutzt? Woher soll ich denn dann sicher sein, dass du nicht auch deinen Vater als Alibi benutzt, um dich warum auch immer wieder mit uns anzufreunden?" fragt er noch immer sichtlich verletzt.

„Ich sage die Wahrheit. Mein Vater hat mir wirklich den Kontakt verboten und er ist wirklich homophob. Alles, was ich dir jetzt über meinen Vater gesagt habe, ist wahr. Ich nutze ihn nicht als Alibi." entgegne ich verzweifelt.

„Woher soll ich das wissen? Was kann das beweisen? Ich kann dir einfach nicht mehr vertrauen, Minho." sagt er unter Schluchzern, während er nun an mir vorbei geht. „Jisung, bitte glaube mir." halte ich ihn verzweifelt an seinem Handgelenk zurück, doch er reißt sich schnell wieder aus meinem Griff. „Fass mich nicht an, Minho." sagt er währenddessen und setzt seinen Weg fort.

Doch schnell haste ich ihm hinterher und ziehe ihn erneut am Handgelenk zurück. „Ich hab gesagt..." beginnt er, doch weiter kommt er nicht, da ich ihm wie aus Affekt meine Lippen aufdrücke, um ihm zu beweisen, wie ernst es mir ist. Wie ernst meine Worte sind.

Jisung spannt sich kurzzeitig an, ehe er den sanften Druck erwidert und ich nun auch beginne meine Lippen zu bewegen, was er mir gleich tut. Währenddessen wandert seine freie Hand haltsuchend an meinen Nacken und meine freie an seine Taille, während meine linke noch immer das Hangelenk seiner Rechten umfasst.

Als wir den durchaus gefühlvollen Kuss lösen, löse ich auch meine Hand um seinem Handgelenk, um diese an seine Taille zu legen und mit der anderen an seine Wange zu wandern, wo ich mit meinem Daumen sachte drüber streiche und unsere Stirnen aneinander lehnen habe.

„Ich schwöre dir auf das Leben meiner Katzen, dass ich meinen Vater nicht als Alibi benutze. Ich weiß, dass es dumm von mir war, Yeji auszunutzen und mit ihr meine Gefühle für dich vergessen zu wollen. Aber ich schwöre dir, bei allem was mir wichtig ist, dass ich dich liebe und dich nie wieder anlügen oder dir irgendwas verschweigen werde. Bitte verzeihe mir dieses letzte Mal. Es wird nie wieder vorkommen. Ich bitte dich, Jisung."

„Ich liebe dich auch, Minho und eben das bin ich leid." beginnt er, während er seine linke Hand an meinen Arm legt, dessen Hand an seiner Wange ruht und seine rechte ebenso wie meine ihren Platz an meiner Wange findet. „Ich will nicht auch einfach nur ausgenutzt oder wieder verletzt werden. Ich hab kein Vertrauen mehr in dich, wie soll man dann eine Beziehung führen?" fährt er fort.

„Bitte, Jisung. Gib mir die Chance, dein Vertrauen wieder zu gewinnen. Ich erwarte ja auch nicht, dass du es vergisst, aber bitte gib mir die Chance dir zu beweisen, dass ich nicht mehr so bin. Dass ich aus meinen Fehlern gelernt habe. Bitte, Jisung. Ich will dich nicht nochmal verlieren. Bitte gib mir diese Chance. Ob nun als fester Freund oder nicht."

Langsam und noch immer unter Tränen nickt Jisung schließlich, was mir einen unglaublichen Stein vom Herzen fallen lässt. „Beweise es mir als ein Freund." antwortet er dann auch noch mit Worten, bei denen ich nicht anders kann, als zu lächeln. „Ich danke dir." lächle ich und verbinde nochmal unsere Lippen miteinander, wo Jisung dieses Mal direkt erwidert. „Ich werde dich nicht enttäuschen." sage ich, als wir den Kuss lösen und drücke ihm noch einen kurzen und unschuldigen Kuss auf, ehe ich ihn fest umarme.

„Beweise mir, dass das kein Fehler ist." murmelt er in meine Brust. „Das werde ich." sage ich lächelnd und drücke ihm einen Kuss auf seinen Haarschopf, ehe ich meine Augen schließe, um diese von mir so gemisste Wärme besser genießen zu können.

Immerhin gibt er mir die Chance, es als normaler Freund wieder gut zu machen.




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Ach ja, MinSung ist schon ganz schön anstrengend.^^

Aber hey, immerhin hat Jisung Minho verziehen und sie hatten ihren ersten Kuss, bei dem auch beide Beteiligten bei Bewusstsein waren. xD

Ist immerhin schon einmal ein Fortschritt.😉

Awkward Silence {MinSung}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt