Jisung:
Ich kann nur meine Augen zusammen kneifen und hoffen, dass das alles bald ein Ende hat.
Plötzlich wird der Größere von mir weg gezogen, sodass ich schnapp atmend unter meinen Beinen zusammen breche und nur schwach einen dumpfen Schlag wahrnehmen kann.
Ansonsten kann ich nichts von dem wahrnehmen, das sich gerade in meiner Umgebung abspielt, zu sehr bin ich damit beschäftigt, meine Atmung wieder in den Griff zu bekommen und mein viel zu schnell schlagendes Herz zu beruhigen.
Ich habe das Gefühl, verdammt nochmal zu ersticken!
Ich spüre vereinzelte Blicke anderer Besucher des Clubs auf mir, was meine Panikattacke nur noch schlimmer macht.
Es war ein verdammter Fehler in diesen Club gegangen zu sein. Das weiß ich jetzt. Meine Therapie läuft noch nicht lange, auch wenn mein Therapeut meinte, dass ich für jemanden mit meinen überaus ausgeprägten Symptomen vergleichsweise sehr große und weitläufige Erfolge aufzuzeichnen habe.
Dennoch bin ich scheinbar noch weit davon entfernt, ein komplett normales Leben zu führen.
Diese scheiß Soziophobie bestimmt nach wie vor noch mein Leben, auch wenn ich sie mittlerweile mit den richtigen Mitteln weitestgehend eindämmen kann.
Ich habe ganz klar einen Rückfall. Das spüre ich deutlich. Alle meine Erfolge, die ich in der Therapie hatte, sind innerhalb weniger Sekunden nur durch eine einzige, mir fremde Person, zunichte gemacht worden.
Wenn ich nur daran denke, dass mich so viele Besucher des Clubs anstarren, schnürt es mir die Kehle zu.
Wenn ich nur daran denke, mit Ryujin und ihrer Clique zu reden, schürt es mir die Kehle zu.
Wenn ich nur daran denke, demnächst wieder im Café arbeiten und mit so vielen mir fremden Menschen auf einer anderen Sprache reden zu müssen, schnürt es mir die Kehle zu.Ich spüre, wie mein schneller Puls nach und nach wieder langsamer wird. Viel zu langsam dafür, dass ich gerade fast körperlich bedrängt wurde. Diese ganze Situation erinnert mich gerade so krass an den Montag vor den Herbstferien und vor unserem Umzug nach Sydney. Aber ich will nicht schon wieder in ein Krankenhaus gebracht werden und meiner Familie und meinen Freunden somit unnötige Sorgen bereiten. Aus diesem Grund habe ich gerade enorm damit zu kämpfen, nicht mein Bewusstsein zu verlieren.
Als ich plötzlich eine Hand an meiner Schulter spüre, zucke ich so krass zusammen, dass mein Puls wieder an Fahrt aufnimmt — was in diesem Moment tatsächlich gut ist, da ich so nicht gleich mein Bewusstsein verliere — und ich bis in die nächstbeste Ecke rutsche, um Abstand zu der mir gerade unbekannten Person zu bekommen.
„Hey, Sungie. Ich bin es doch nur." ertönt dann Minho's sanfte Stimme, woraufhin ich plötzlich zu Schluchzen beginne.
Es ist mir gerade einfach alles viel zu viel.
Augenblicklich rutscht mein Freund zu mir und nimmt mich in seine Arme, womit er mich wenigstens etwas von den ganzen Blicken abschirmt. Ich vergrabe mein Gesicht tief in seiner Brust, kralle mich fest in sein Oberteil und durchnässe dieses mit meinen Tränen.
„Ich...Ich will nachhause..." schluchze ich in Minho's Brust, während ich mich noch näher an ihn drücke, in der Hoffnung, ich würde für all diese Menschen, die noch immer zu mir starren, unsichtbar werden, einfach weil Minho größer als ich ist und mich in meiner Vorstellung einfach verdeckt.
Denn mein größter Wunsch im Moment ist es einfach, unsichtbar zu sein.
„Natürlich. Wir gehen sofort. Ich schreib den anderen dann einfach." haucht Minho liebevoll und drückt mir einen Kuss auf meinen Haarschopf, ehe er mir dabei hilft aufzustehen. Als ich auf meinen wackligen Beinen stehe, stützt mich Minho, wobei ich einen kurzen Blick zu dem Typen erhasche, der für meinen enormen Rückfall verantwortlich ist. Geschockt jedoch auch ein wenig wütend schaut er in unsere Richtung, während er sich eine seiner Hände an seine blutende Nase hält und somit versucht, seine Blutung zu stoppen.
Als sich seiner und mein Blick treffen, wimmere ich leise auf und drücke mich noch näher an meinen Freund.
„Habt ihr nichts besseres zu tun, als zu glotzen?! Kümmert euch um euren eigenen Scheiß!" fährt mein Freund sowohl den Typen, als auch die anderen Besucher des Clubs, die glotzen, an, während er mich zum Ausgang dirigiert und ich mich einfach schweigend von ihm führen lasse. Dabei versuche ich auch wirklich zu laufen, um es Minho nicht so schwer zu machen — schließlich hat er gerade noch wegen des Alkohols kotzen müssen — jedoch geht das mit meinen zitternden Beinen eher schlecht.
Ich bin gerade einfach am Ende meiner Nerven und das Gefühl dieser Schlinge um meinen Hals ist leider auch noch nicht vollständig verschwunden. Die Schlinge hat sich durch Minho's Körperkontakt nur ein wenig gelockert, aber noch immer drückt sie mir leicht meine Luft ab.
Ich fühl mich gerade völlig ausgelaugt und zu nichts mehr eigenständig in der Lage.
Nicht zum Laufen.
Nicht zum Sprechen.
Nicht zum Denken.Ich will einfach nur noch in mein Bett.
So lehne ich fast schon an meinem Freund, während dieser mich überraschend gerade durch die Straßen führt. Fast so, als hätte er sich vor wenigen Minuten nicht übergeben und als wäre er mir zuvor nicht fast vor die Füße gefallen, bevor der Countdown ins neue Jahr startete.
Ich hatte mir meinen Start ins neue Jahr definitiv anders und wesentlich positiver vorgestellt und nicht mit einem verdammten Rückfall in meiner Therapie zur Bekämpfung meiner Sozialphobie.
Unwillkürlich kommen mir wieder Tränen in die Augen, während ebenso erneut ein leiser Schluchzer meine Lippen verlässt und ich mich aus diesem Grund versuche nur noch näher an Minho zu drücken, was eigentlich gar nicht mehr möglich sein dürfte.
„Komm auf meinen Rücken, Sungie." spricht mein Freund plötzlich, als er stehen bleibt, doch ich schüttle einfach den Kopf. Ich weiß, dass er es nur gut meint und mir somit helfen will, jedoch ist er selbst ja nicht ganz bei Sinnen, auch wenn er gerade tatsächlich komplett nüchtern wirkt. Doch so schnell kann man Alkohol nicht ausnüchtern.
Auch wenn ich gerade mit meinen eigenen Problemen zu kämpfen habe und nur um Haaresbreite einer Panikattacke mit anschließender Ohnmacht aus dem Weg gehen konnte, so mache ich mir dennoch auch Sorgen um Minho.
Tja, ich schätze mal, das bedeutet Liebe. Man macht sich mehr Sorgen um seinen Partner, als um sich selbst.
„Bitte, Baby. Du kannst doch nicht mal richtig laufen." redet Minho nach meinem Kopfschütteln auf mich ein. Ich würde ihm ja gerne sagen, dass er es auch nicht kann, aber wie gesagt bin ich gerade einfach zu schwach zum Reden. Schon das Kopfschütteln, als Antwort auf seine Worte von zuvor, hat mir mehr abverlangt, als ich erwartet hätte. Dennoch zwinge ich mich auch jetzt wieder zu einem Kopfschütteln, um Minho nicht ohne Reaktion meinerseits stehen zu lassen.
Mein Freund seufzt nur und sieht mich mitleidig und voller Sorge an, ehe er mich ohne Vorwarnung von sich aus auf seinen Rücken nimmt. Ich hätte mich ja gerne dagegen gewährt, doch mein Körper ist auch dazu zu schwach, weshalb ich es einfach still über mich ergehen lasse, meine Arme leicht um Minho's Hals schlinge, um nicht runter zu fallen und meinen Kopf auf seiner Schulter ablege, während die Tränen mal wieder aus meinen Augen laufen und ich erneut leise zu schluchzen beginne. Aus diesem Grund kralle ich mich fester um Minho, bedacht darauf ihn nicht zu erwürgen, während ich mein Gesicht etwas mehr in seiner Halsbeuge vergrabe.
Ich bin so eine Memme. Ich könnte mich für mein schwaches Selbst wirklich köpfen. Ich hasse es, dass ich wegen dieser verdammten Phobie nicht einfach für mich einstehen und mich gegen so jemanden wie dem aus dem Club von vorhin wehren kann.
Ich bin eigentlich nichts weiter als eine menschliche Hülle auf Erden, die vor und von allem und jedem beschützt werden muss.
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Awkward Silence {MinSung}
FanficLee Minho und Han Jisung sind die besten Freunde. Sie erzählen sich alles und sind immer für einander da. Zusammen mit ihren Freunden Chan, Hyunjin, Changbin, Felix, Seungmin und Jeongin bilden sie eine der wohl verrücktesten Cliquen ihrer Schule. I...