Kapitel 53: Outing (1.699)

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Minho:

Der nächste Tag ist bereits angebrochen und ich habe nicht ein Auge zu bekommen. Zu groß ist meine Angst, Changbin und Felix für immer verloren zu haben.

Jisung für immer verloren zu haben.

Wieso habe ich nicht einfach mit ihnen gesprochen?
Oder wenigstens mit einem von ihnen?

Dann wäre das Alles vielleicht niemals passiert, doch ich Weichei habe lieber den Schwanz eingezogen und mich in den abgelegtesten Busch verkrochen, den es überhaupt gibt.

Warum nur bin ich so unglaublich dumm?

Das nervige Geräusch meines Weckers reißt mich aus meinen Gedanken und schweren Herzens und logischerweise noch immer unglaublich müde raffe ich mich also aus meinem Bett, um mich für den anstehenden Schultag fertig zu machen, den ich jedoch viel lieber überspringen wollen würde.

In der Küche angekommen füttere ich noch Soonie, Doongie und Dori, ehe ich mir selbst eine Schüssel mit Müsli fülle und dieses zu mir nehme, um etwas im Magen zu haben, auch wenn ich eigentlich gar kein Hunger oder Appetit habe.

„Du siehst unglaublich blass aus, Minho. Bist du krank?" fragt mich meine Mutter, als sie nun auch in die Küche kommt. „Lass mich in Ruhe." murre ich nur. „Was hast du denn?" hakt sie weiter nach.

Keine Ahnung warum, aber meine ganze Wut und Trauer richtet sich nun gegen meine Mutter. Ich will sie dafür fertig machen, dass sie sich als meine Mutter nicht für mich eingesetzt hat, obwohl ich mich selbst hätte mehr einsetzen müssen und sie eigentlich auch nicht wirklich was dafür kann. Schließlich war es mein Vater, der mir den Kontakt zu den Jungs verboten und dafür gesorgt hat, dass ich von drei von ihnen vermutlich niemals wieder etwas hören werde.

„Was ich habe willst du wissen?! Ist das eine ernstgemeinte Frage?! Kannst du dir das nicht denken?! Mein Leben lang habe ich versucht euch zufrieden zu stellen! Mein Leben lang habe ich versucht dafür zu sorgen, dass ihr stolz auf mich sein könnt! Und was habe ich nun davon?! Vermutlich wollen Felix und Changbin nie wieder etwas von mir wissen! Vermutlich habe ich Jisung für immer verloren! Und das Alles nur wegen euch und meiner verdammten Unsicherheit und fast schon Angst gegenüber Vater! Ich habe meine einzig wahre Familie verloren, weil ich zu große Angst hatte, mich gegen Vater zu behaupten! Ich habe die Person, die ich liebe, verloren, weil ihr verdammt homophob seid! Wie soll es mir da bitte gehen?! Soll ich lachend über eine Blumenwiese tanzen?!"

Während ich mich so in Rage geredet habe und mich dabei unbewusst und eigentlich ungewollt geoutet habe, kamen die Tränen nun pausenlos aus meinen Augen und verlaufen in einer salzigen Spur über meine Wange.

„Du...Du bist schwul?" fragt meine Mutter mit großen Augen, so als hätte sie nur meine letzten Sätze verstanden. „Ja verdammt! Willst du mich jetzt aus dem Haus werfen?! Mir ist im Moment sowieso alles egal, also mach, was du nicht lassen kannst!" beantworte ich ihre Frage — noch immer vollgepackt mit Adrenalin — während ich mir über meine Wangen wische, um die salzigen Tränen verschwinden zu lassen.

Zu meiner Überraschung schreit mich meine Mutter jedoch nicht an, sondern kommt ebenfalls mit Tränen in den Augen zu mir, um mich zu umarmen. „Mein Baby." sagt sie während sie auf mich zukommt. Etwas überfordert erwidere ich ihre Umarmung und beginne nun einfach lauthals zu schluchzen, während mich meine Mutter fest an sich drückt.

„Ich werde dich ganz sicher nicht aus dem Haus schmeißen. Du bist alles, was ich noch habe und ich möchte meine vergangen Fehler wenigstens versuchen wieder gut zu machen." spricht sie mit leicht zitternder Stimme, während sie mir über den Rücken streichelt, ehe sie mich noch näher an sich drückt. Ich kralle mich deshalb in ihr T-Shirt und vergrabe meinen Kopf währenddessen mehr in ihrer Schulter.

Awkward Silence {MinSung}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt