Kapitel 90

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„Niall, du musst langsam los. Du kommst sonst zu spät!“ Meine Mutter stand etwas entnervt im Türrahmen als ich noch die letzten Bücher zusammenkramte.

„Bin ja gleich fertig“, murmle ich nur und drückte mich mit meiner Tasche vorbei. Mit meinem Handy am Ohr haste ich die Treppe nach unten und warte darauf, dass mein Anruf angenommen wird, doch wieder werde ich nur an die Mailbox weitergeleitet.

Im schnellen Schritt versuche ich gleichzeitig nicht außer Atem zu kommen und etwas Verständliches raus zu bekommen.

„Leon, bitte. Nimm doch einfach mal ab, damit wir das klären können. Es tut mir echt mega Leid was da passiert ist. Kannst du mir nicht bitte vergeben und ich beweis dir dass es keine dumme Entscheidung war? Aber wenn du mich ignorierst hat doch keiner was davon. Also bitte nehme doch nächstes Mal wenigstens ab.“ Seufzend legte ich auf. Ich hatte nach dem ich gestern nach Hause gekommen bin alle halbe Stunde bei ihm angerufen und nie eine Antwort bekommen. Aber das war alles was ich momentan brauchte.

Ich brauchte doch Leon! Mit lila Haaren oder ohne, das war doch völlig egal. Aber ich würde das alles nicht durchstehen können ohne mit Leon der Realität entfliehen zu können. So war nur leider Leon auch ein Teil dieser miesen Realität und kein Zufluchtsort mehr.

Das schlimmste war ja nicht einmal, dass ich ihn nicht mehr sehen konnte oder seine Stimme hören. Nur das schlechte Gewissen killte mich. Ich war nur froh, dass die Sonne noch nicht aufgegangen war, denn ohne den Schlaf, den ich heute Nacht verpasst hatte war mir garantiert, dass Licht nicht die beste Idee war. Stundenlang hatte ich im Bett gelegen, in die Dunkelheit gestarrt und mir Leons Tränen vor Augen gerufen. Die Vorstellung, dass ich den immer grinsenden Jungen so hatte sehen müssen war einfach nur schmerzhaft. Und das Bewusstsein, dass sein Gesichtsausdruck meine Schuld war, war einfach zu viel.
Meine Füße trugen mich über den Schulhof, durch die Eingangstüre, die Treppe hoch und zu meinem Englischraum. Auf unserem Stammplatz wartete schon Jacob auf mich der als einziger positiv auf mein Erscheinen reagierte. Lächelnd räumte er seine Tasche von meinem Platz. Die meisten anderen sahen nur kurz auf und schnell wieder weg, aber ein Blick folgte mir bis zu meinem Platz und verharrte dort noch für einen Moment. Kurze Zeit dachte ich er würde aufstehen und zu mir kommen, zumindest irgendetwas sagen aber als die Türe wieder aufging und Zayn reinkam war Harrys Aufmerksamkeit auch schon wieder weg.

„So Leute nach den bevorstehenden Weihnachtsferien geht es schon bald an die Abiturprüfungen weshalb wir nochmal eine Wiederholen der Themen des letzten Jahres machen, damit ihr euch diese nochmal genauer in den Ferien angucken könnt.“ Zayns Tasche knallte auf das Pult und sein Blick wanderte über die Schülerköpfe. Er rief ein Mädchen nach vorne damit wir diese Themen an der Tafel sammeln konnten während er nochmal kopieren ging.

Die Türe schloss sich und sofort nahm der Lärmpegel wieder zu. Ich vergrub mein Gesicht in meinen Armen und schloss die Augen um den Moment ohne Unterricht zu genießen.

Einige Themen wurden nach vorne gerufen und Kreide kratzte über die Tafel bis schließlich Harrys Stimme ertönte und die meisten nach seinem Kommentar anfingen zu Kichern, während ich nur stöhnte.

„Schwuchteln!“

Mir war bewusst dass gerade fast alle zu uns schauen mussten aber ich konnte es nicht über mich bringen aufzusehen. Die Türe öffnete sich und es verstummte schlagartig. Zayn pfefferte den Stapel Blätter neben seine Tasche und wischte entnervt das unterste Wort auf der Tafel wieder weg. Die Unterrichtsstunde war relativ schnell vorbei und ich bemühte mich möglichst langsam meine Sachen zu packen, damit Harry den Raum schon längst verlassen hat bevor ich folgte. Jacob stand neben unserem Tisch und tippte auf seinem Handy als ich noch mein Mäppchen einsteckte.

SchülerVertretung {Ziall}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt