Kapitel 95

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Das Klingeln meines Handys ließ mich auffahren.
„Maya?" Etwas benebelt fuhr ich mir durch die Haare. In meinem Zimmer war es immer noch vollkommen hell. Nach einem Blick auf die Uhr stellte sich auch heraus, dass es keines Falls Nacht war, sondern mitten am Tag.

„Hey Niall. Ich wollte fragen ob du vielleicht Lust hast dich zu treffen." Erschöpft ließ ich meinen Kopf wieder auf das Kissen fallen. Mein letztes Gespräch mit Louis ging mir durch den Kopf. Er hatte mir klar gemacht, mich von Maya fernzuhalten, aber es war ja nicht in der Schule. Es war also okay sich mit ihr zu treffen, oder? Das war es doch, ich sollte in der Schule auf Abstand gehen. „Niall bist du noch da?"
„Ähm ja." Mein Blick flog durch mein Zimmer. Mehrere Unterhosen und T-Shirts stapelten sich am Ende meines Bettes und abgesehen von der Staubschicht die sich in den Ecken meines Zimmers gebildet hatten waren auch einige Schulsachen auf dem Boden verteilt, während der Schreibtisch wohl kaum noch als solcher zu gebrauchen war. „Soll ich bei dir vorbei kommen?"

Sie stimmte zu und wir legten auf. Ich strich die Bettdecke zurück und sofort bildete sich eine Gänsehaut auf meinen Armen. Aus dem Schrank griff ich mir den obersten Pullover. Die Ärmel des Pullovers zog ich lang, mir über die Hände, um stöhnend mein Gesicht darin zu vergraben. Ich stolperte die Treppe herunter und traf auf meine Mutter die mit einem Buch auf dem Schoß und einer Kaffeetasse auf der Couch saß.
„Hey Schlafmütze." Lächelnd klappte sie das Buch zu und legte es bei Seite. „Ich war vorhin bei dir oben, aber du hast nicht einmal mitbekommen, dass ich rein gekommen bin." Mir entging nicht ihr besorgter Blick. Vermutlich war es für sie nicht normal, wenn ein Jugendlicher den gesamten Nachmittag komatös in seinem Bett lag. Aber es war wohl auch nicht normal etwas mit seinem Lehrer anzufangen. Ich war wohl in einigen Hinsichten kein normaler Teenie. „Möchtest du etwas essen? Ich kann dir was kochen. Das Mittagessen hast du ja verschlafen."
Ich schüttelte nur meinen Kopf als ich schon nach meiner Winterjacke griff. „Ich wollte zu Maya. Ist das okay?"
„Ja ist gut, aber sei zum Abendessen wieder da." Sollte ich ihr von den heutigen Ereignissen in der Schule erzählen? Also nicht das von Zayn, sondern das mit der Sozialarbeiterin. Aber das würde sie vermutlich nur darin bestärken, dass es wirklich nötig für mich zur Therapie zu gehen. Sie hatte das Thema immer noch nicht aufgegeben und ihr besorgter Blick verfolgte alle meine Schritte. So war ich aus der Haustüre raus ohne ein weiteres Wort gesagt zu haben.

Ziemlich schnell war ich bei Maya angekommen. Ihre Mutter öffnete mir die Türe und ließ mich rein. Ich lief durch die Wohnung und klopfte bevor ich in Mayas Zimmer eintrat. Sie lag mit dem Rücken auf ihrem Bett und hörte auf ziemlich hoher Lautstärke das neue Album von Fall Out Boy.

„Hey!" Brüllte ich schon fast um gegen die Musik anzukommen. Denn sie hatte mein Eintreten gar nicht bemerkt. Mit geschlossen Augen sprach sie stumm den Songtext mit. Ihre Füße wippten im Takt mit. Es gab im ganzen ein ziemlich lächerliches Bild ab.

Ich steuerte auf den CD-Player zu und machte die Musik schließlich aus. Endlich sah Maya auf und wollte sich wohl erst beschweren, bis sie bemerkte, dass ich die Musik ausgemacht hatte. „Hey," wiederholte ich meine Worte von eben.

„Da bist du ja." Grinsend kam sie auf mich zu und schloss mich in eine Umarmung. „Ich hab schon gedacht meine Mutter hätte die Musik ausgemacht."
Ich ließ mich neben Maya auf ihr Bett fallen und schloss sofort die Augen. Wäre es so schlimm hier einfach weiterzuschlafen? Doch an Schlafen war kaum noch zu denken, nachdem mir Maya ihren nassen Finger ins Ohr gesteckt hatte. Erschrocken fuhr ich hoch und sah sie geschockt an. „Hast du mir gerade deinen abgelutschten Finger ins Ohr gesteckt?" Ihre Reaktion war aber nur ein stolzes Grinsen. „Na dann tut mir das leid für deinen Finger." Jetzt war ich derjenige der von uns lachte als sie ihren Finger an meinem T-Shirt abschmierte.

„Wer war das heute die dich aus Bio rausgeholt hat?"
„Die Sozialarbeiterin der Schule."
„Was wollte die denn von dir?"
„Mit mir über meine angeblichen Probleme sprechen." Genervt schnaubte ich. Ich wollte nun wirklich nicht über den heutigen Nachmittag reden. Dafür war ich nicht her gekommen!

SchülerVertretung {Ziall}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt