Kapitel 55

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„Was hast du den ganzen Tag so gemacht?“

Bobby war auf seine auf dem Tisch verschränkten Hände fixiert als er versuchte ein Gespräch anzufangen.
„Ähm ich hab versucht fernzusehen aber das ist nicht besonders einfach weil meine Noten in Englisch echt zu wünschen übrig lassen...“

„Oh echt?“
Ich nickte und fragte ihn nach seinem Tag um das Gespräch am laufen zu halten.
Er berichtete von den merkwürdigsten Bestellungen die sie heute bekommen hatten aber wirklich unterhaltsam fand ich das eher weniger.
Er wurde endlich unterbrochen als eine Frau auf uns zukam die ihren Sohn vor sich her schon.
„Bobby. Schon lange nicht mehr gesehen. Wie geht es dir?“

Er lächelte mich entschuldigend an und widmete dann seine Aufmerksamkeit der Frau.
„Gut. Gut, wie geht es dir Champ?“ fragte er nun den Jungen der gelangweilt vor sich starrte.
Der zuckte aber nur mit den Schultern und sah mich an.
Was wollte der Kleine?
Er war vielleicht acht und musterte mich als wäre ich irgendein Außerirdischer.

„Hast du in letzter Zeit mal mit Fiona gesprochen?“

Mein Vater schüttelte nur den Kopf und meinte er wäre sich nicht sicher ob sie mit ihm reden wolle.
Wer war Fiona? War sie möglicherweise seine Ex-Freundin?

Ich suchte nach meinem Handy da mich das Gespräch wirklich nicht interessierte und über der Bar der WLAN-Schlüssel hing. Warum also nicht nutzen?
Kaum hatte ich auf die Whatsapp App gedrückt wurden mir auch schon Nachrichten von Zayn angezeigt.

Was machst du?

Willst du telefonieren?

Mir ist langweilig

und

Antworte mir mal!

waren nur ein paar der Nachrichten und ich musste sofort schmunzeln. Da hatte mich wohl jemand vermisst.

Mein Vater war eh in ein Gespräch vertieft was wäre also so schlimm daran kurz auf Toilette zu verschwinden?

Ich ruf dich ja gleich an

antwortete ich kurz bis ich meinen Vater ansprach.
„Bobby?“

Sofort drehte er sich wieder zu mir und es schien fast so als hätte er kurz vergessen dass ich überhaupt da war oder als hätte er erwartet dass jemand anderes hier sitzen würde.

„Oh dich hab ich ja glatt nicht bemerkt ich bin Mona, wer bist du denn?“

Genervt schüttelte ich die Hand die mir gerade zu ins Gesicht gesteckt wurde.

„Bobby kann ich kurz auf Toilette?“

Er nickte nur. Es war offensichtlich dass ihm nicht gefiel wie ich mich verhielt aber ich wusste es besser als etwas dazu zu sagen.
Im weggehen hörte ich wie er erklärte, dass ich sein Sohn sei.

„Ich hatte nicht gedacht... Ich hatte nicht erwartet dass du schon Vater warst“ war das letzte was ich von den beiden verstehe n konnte.

Ich öffnete Face Time und klickte auf Zayns Kontakt.
Die Türe der Toilette fiel hinter mir ins Schloss als Zayns Gesicht auf dem Bildschirm erschien.
Breit grinsend begrüßte er mich als ich mich gegen eines der Waschbecken lehnte.

Ich war ganz alleine, konnte also offen sprechen.
„Wo bist du?“

„Auf der Toilette in so einem Restaurant.“

Zayn hob eine Augenbraue und ich musste laut loslachen. Mir war nicht wirklich klar was so witzig war. Aber allein von diesem Tisch weg zu sein schien Grund genug zu sein.
Aus irgendeinem Grund war es unerträglich auf nett zu tun, wenn alles was ich machen wollte schreien war.
All dieser verdrängte Hass war aufgetaucht sobald ich ihn am Flughafen gesehen hatte. Vorher war ich mir nicht einmal bewusst gewesen, dass ich so etwas empfinden könnte. Dass ich meinen Vater so stark dafür verabscheute dass er uns verlassen hatte.
Ihn aber hier zu sehen. Sein perfektes kleines Leben zu sehen. Zu sehen dass er ohne uns so gut klar gekommen war hatte etwas in mir entfacht von dem ich mir nicht sicher war ob ich es mochte.
Diese Seite von mir kannte ich nicht.
Ich wusste nicht woher der aufsässige, freche, unfreundliche Teenager kam. Das war nicht ich, aber ich konnte mich einfach nicht anders verhalten. Wenn ich in der Nähe meines Vaters war wollte ich ihm ins Gesicht spucken aber ich versuchte Fassung zu halten und höfflich zu sein. Ich versuchte mich wie sonst zu verhalten.

Und trotzdem war ich ganz anders.

Ich lehnte meinen Kopf an die Fliesen der Wand und atmete tief durch. Die Kühle beruhigte mich leicht.

„Was ist passiert?“

„Was soll schon passiert sein? Du hast gefragt ob wir telefonieren können und hier telefonieren wir.“

„Wir wissen beide dass etwas passiert ist.“

Wieso regte es mich auf dass er das fragte?

„Es ist nichts passiert!“
Ich wollte freundlicher sein. Zu mindestens zu ihm aber ich schaffte es einfach nicht. Irgendwo musste ich meine Wut einfach los lassen.

„Niall beruhig dich mal. Ich wollte dich ja nicht aufregen. Tut mir leid dass ich gefragt hab.“

Zayn schien schockiert von meinem fauchenden Ton und sofort bereute ich meinen Ausbruch.

„Tut mir leid. Es ist nur. Ach ich weiß auch nicht was ich erwartet hab als ich her gekommen bin aber ich komme nicht damit klar, dass mein Vater hier ohne uns leben konnte. Es ist grad eine extrem nette Frau zu uns gekommen und hat sich mit ihm unterhalten. Sie war echt freundlich und als sie sich mir vorgestellt hat war ich einfach nur total unhöflich.“

Die kleinen süßen Falten die ich so an ihm liebte bildeten sich auf seiner Stirn als er mir zuhörte.

„Ich weiß nicht warum aber ich konnte einfach nicht ertragen, dass er hier Freunde hat. Ich hab mir irgendwie gewünscht, dass er ohne uns nicht hat Fuß fassen können.“

Verzweifelt rieb ich mir über die Augen aber die Aggression wollte einfach nicht verschwinden.

 „Glaubst du ich kann das nicht nachvollziehen? Ich sage ja auch nicht dass du ihm sofort verzeihen sollst. Dass er dich als Kind zurück gelassen hat, hätte er nicht tun sollen. Ich bin mir aber auch sicher dass er es bereut. Warum sollte er sonst jetzt versuchen wieder mit dir Kontakt auf zu nehmen. Er hat Fehler gemacht, aber hast du dir bisher die Mühe genommen ihm zuzuhören und ihm die Möglichkeit zu geben seine Entscheidungen zu erklären?“

Ich schüttelte meinen Kopf. Nein hatte ich nicht.

„Das hatte ich mir schon gedacht. Wenn du ihm die Chance dazu gibst, vielleicht kannst du seine Entscheidungen dann ja respektieren. Du musst sie ja nicht nachvollziehen können, gebe deinem alten Herren aber doch die Chance sich zu rechtfertigen.“

„Ich hasse dich Zayn. Wieso musst du immer recht haben?“

„Gib es zu, du hasst mich doch gar nicht.“

Ich konnte das Schmunzeln nicht verhindern als ich ihm zustimmte. Wie er mich einfach immer aufmuntern konnte...

„Und jetzt geh da raus und zeig was für ein verständnisvoller junger Mann du sein kannst!“

„Ich liebe dich.“

Als ich auflegte kam ein kleiner rundlicher Mann rein der mich merkwürdig beäugte als ich ihn grüßte.
Okay vielleicht war dass dann doch etwas übertrieben mit gutem Benehmen.

„Ich kann nicht fassen wie ähnlich er ihm sieht.“

„Ja die beiden sind sich wirklich aus dem Gesicht geschnitten.“

Mein Vater bemerkte mich zuerst und unterbrach Mona als sie etwas antworten wollte.
„Da bist du ja Niall.“
Ich lächelte nur schwach und nahm wieder Platz.

Der Blick des Jungen lag wieder sofort auf mir als ich an ihm vorbei ging.

„Wir müssen jetzt aber auch wirklich wieder los.“

Mona griff nach der Schulter ihres Sohnes und zog ihn zu sich. Sein Blick verließ mich aber nicht.
Irgendwie fand ich ihn gruselig. Er hatte kein Wort gesagt und sein Blick schien mich zu durchbohren. Unangenehm...

„Es war schön dich wieder zusehen Bobby. Trotz alle dem ich freu mich zu sehen dass es dir gut geht. Auch schön dich kennen gelernt zu haben Niall.“

Ich lächelte etwas und meinte auch es wäre schön sie getroffen zu haben.
„Auf wiedersehn Mona. Es war... auch schön dich nach all der Zeit zu treffen.“

Wieso klang das schön so gezwungen? War Mona doch nicht mit ihm befreundet? Hatte ich das ganze falsch eingeschätzt?
Als sie schon die Türe des Restaurants verlassen hatte konnte ich nicht die richtigen Worte finden also richtete ich mich meinem Essen was gekommen war als ich mit Zayn telefoniert hatte.

SchülerVertretung {Ziall}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt