Sicht des Erzählers
Jake hatte geahnt, dass sie so reagieren würde, ihr Mitleid brauchte er nicht und es machte ihn unfassbar wütend, dass sie jegliche Schuld von sich wies. Er erhob sich und sah sauer auf sie herab. "Du willst es dir vielleicht nicht eingestehen, aber du allein trägst die Verantwortung dafür und genau deshalb habe ich dich geholt. Aber weißt du, wir haben noch sehr viel Zeit, dich zur Einsicht zu bewegen.", damit ließ er sie allein. Lillian konnte das Gesagte noch nicht ganz verarbeiten, wie konnte sie die Schuld dafür tragen, dass sein Vater gestorben war? Sie wusste, dass ihre Mutter Ärztin im städtischen Krankenhaus war, aber in jedem Fall hätte es doch eine Vertretung gegeben, wenn sie durch einen Notfall nach Hause gemusst hätte, oder? Sie konnte sich nicht daran erinnern, dass ihre Mutter jemals eher von der Arbeit nach Hause gekommen wäre, es hatte also wenn dann nur zu einer Zeit sein können, als ihr Vater noch bei ihnen war. Das hieße, dass sie zu dieser Zeit noch ein Baby gewesen wäre, wie hätte sie da Schuld an dem Tod eines Menschen sein können?
Dexter P.O.V.
Nachdem ich den Keller verlassen hatte begab ich mich in mein Zimmer um mit Ace zu telefonieren, es wurde Zeit, sie hier endlich raus zu holen, dass sie starb, war eigentlich keine Option. Ich wählte seine Nummer und wartete. "Dexter...mit einem Anruf von Jake hatte ich eher gerechnet...Was hat sie dieses Mal?", fragte er und ich konnte nicht ganz deuten, ob er genervt war oder einfach nur angespannt. "Ich will aussteigen und du bist einer der Einzigen die ich kenne, der das überlebt hat.", gab ich leise zurück. Es stimmte, Ace war meines Wissens nach einer der wenigen Glücklichen die den Ausstieg aus dem Ring überlebt hatten. Ich musste wissen wie, oder zumindest brauchte ich seine Hilfe. "Woher der Sinneswandel?", er schien nun deutlich interessierter zu sein als vorher. "Ich kann sie nicht mehr leiden sehen, sie muss hier raus aber dazu muss ich auch raus, sonst hat sie da draußen keine Chance...", gab ich nachdenklich zurück und hoffte, dass seine Verbindung zu Jake meinem Vorhaben nicht schaden würde. Er blieb eine ganze Weile still, bevor er antwortete, "Du wirst in jedem Fall deinen Vater brauchen Dex. Er hat die nötigen Verbindungen um sie vor Jake zu bewahren, den Anfang musst du allerdings selbst machen." "Das hab ich schon versucht, es hat ihr nichts weiter gebracht als einen schmerzhaften Aufenthalt im Keller." "Ich weiß. Du brauchst eine Lösung um sie aus der Fabrik zu bekommen, eine Verletzung meinetwegen, die schlimm genug ist, damit Jake sie zu mir bringen muss." "Sie erneut verletzen? Kommt nicht in Frage." "Ich hab nicht gesagt, dass du sie verletzen sollst. Innere Verletzungen kann ich bei euch weder finden, noch behandeln, lass dir was einfallen, um den Rest kümmern wir uns dann hier." "Danke Ace." "Dank mir erst, wenn sie frei ist und der Scheiß vorbei ist, ich weiß echt nicht, wie Jake seine Wut so lange aufrecht halten kann..." "Du hast sie gesehen, sie ist ihrer Mutter aus dem Gesicht geschnitten, außerdem sieht es um Jakes Mutter wohl auch nicht so rosig aus, könnte sein, dass ihn das zusätzlich antreibt.". Ich besprach noch ein paar Details mit Ace, um sicher zu gehen, dass Jake davon nichts mit bekam und außerdem erklärte er mir, was Lillian zu tun hatte, um es aussehen zu lassen, als hätte sie heftige innere Verletzungen. Mein Plan konnte also in Angriff genommen werden. Ich hoffte nur, dass diesmal alles glatt laufen würde.
Lillian P.O.V.
Ich wusste nicht wie viel Zeit vergangen war, seit Jake meine Zelle verlassen hatte und die Einsamkeit tat weder mir, noch meinen Gedanken gut. Immer wieder dachte ich darüber nach, was er mir gesagt hatte. Wenn er mich für den Tod seines Vaters verantwortlich machte, dann gab es für mich keine Hoffnung darauf, dass er sich je an sein Wort halten würde, wenn ich mich ihm hingab. Aber welche andere Option hätte es denn sonst gegeben? Die Tür öffnete sich erneut, doch ich war so sehr in Gedanken versunken, dass ich es gar nicht wahr nahm, erst als jemand in mein Blickfeld trat, sah ich auf. Vor mir stand Dexter, welcher sich jetzt neben mich setzte und mich in seine Arme zog. "Hey Kleine, wie gehts dir?", fragte er leise und ich zuckte nur mit den Schultern, wie sollte es mir schon gehen? Ich war ein nervliches Wrack, hatte kaum noch Ambition am Leben zu bleiben und wusste weder ein, noch aus. Er beugte sich zu meinem Ohr hinunter und flüsterte mir etwas hinein, was meine Aufmerksamkeit erregte und mich erneut einen Funken von Hoffnung verspüren ließ. Ich sah mit großen Augen zu ihm auf und sah ihn lächeln. "Aber wie?...", setzte ich an, doch er unterbrach mich mit einem spontanen, überraschendem Kuss, was ich so nicht erwartet hatte, weshalb ich nicht fähig war zu reagieren. Er löste sich und beugte sich erneut zu meinem Ohr, "Lass es dir auf keinen Fall anmerken Kleines, Jake darf davon nichts erfahren okey?", ich hörte den Ernst in seiner Stimme und nickte nur, konnte mir ein kleines Lächeln nicht verkneifen, wie lange war es her, dass ich aufrichtig gelächelt hatte? Ich spürte Dexters Blick auf mir und sah ihn fragend an. "Ich hab dich lang nicht mehr lächeln gesehen, du siehst wunderschön aus.", flüsterte er und mir stieg die Röte auf die Wangen. Er beugte sich erneut zu mir herunter und küsste mich abermals, gefühlvoll und trotzdem zurückhaltend. Und tief in mir spürte ich zum ersten Mal seit langem so etwas wie Sicherheit, wenn auch nur einen Funken aber es war mehr, als das, was ich in den letzten Jahren gespürt hatte. Ich fühlte mich in Dexters Nähe sicher und ich wollte nicht, dass es aufhörte. Da war aber noch ein anderes Gefühl, welches die Sicherheit deutlich überwog, es war die Angst davor, Jake gegenüber nicht standhalten zu können, dass er Verdacht schöpfte und sämtliche Informationen aus mir herausfoltern würde und diese Angst ließ mich zurückweichen und ich löste den Kuss. "Was wenn er etwas merkt?", fragte ich gerade so laut, dass nur er es hören konnte. "Es wird alles gut werden, versprochen. Du schaffst das...Lillian du bist die stärkste Person die ich je getroffen habe, wenn einer das hinbekommt, dann du. Ich hoffe, du nimmst es mir nicht übel, dass ich die nächste Zeit immer noch hinter Jake stehen muss und tun muss, was er sagt, sonst war das alles hier für die Katz...", gab er ebenso laut zurück und sah mich aufmunternd an. Seine Worte gaben mir Kraft, wärmten mir das Herz und ich glaubte ihm. Auch, wenn es mir schwer fallen würde, weiterhin so zu tun, als ob die Angst vor ihm noch da war, wusste ich, dass es nur der Tarnung diente und dem Ziel, endlich aus dieser verdammten Hölle heraus zu kommen.
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At the End of Fall
Mystery / ThrillerJedem Ende folgt ein Anfang, jedem Anfang, folgt ein Ende. Niemandes Leben ist davon ausgeschlossen, so auch nicht Lillians. Ihr bisheriges Leben endet auf tragische Weise und ihr neuer Anfang verbirgt Gefangenschaft und Leid. Wird sie es schaffen...