Sicht des Erzählers
Lillians Hand lag unschlüssig auf ihrem Halsband und sie sah Jake zweifelnd an, bevor sie das Wort erhob. "Jake, das Halsband...", begann sie, wurde aber von ihm unterbrochen, "Das bleibt dran, ich möchte dieses Mal kein Risiko eingehen.". Lillians Stirn legte sich in Falten als sie nachdachte und anschließend ihre Gedanken in Worte fasste, "Aber würde das nicht zu viel Aufsehen erregen? Ich wollte nicht sagen, dass du es mir abnehmen sollst,", und ob sie das damit sagen wollte, doch so geradeheraus konnte sie es ihm ja nicht sagen, ", gib mir wenigstens etwas, um es zu verdecken.", beendete sie ihren Satz und Jake sah sie überrascht an. "Mein Mädchen lernt also dazu, ja? Ich habe alles Nötige schon im Auto, aber schön dass du mitdenkst. Ich hatte ja eher damit gerechnet, dass du mich anbetteln würdest, es dir abzunehmen.", gab er grinsend zurück und Lillian senkte schuldbewusst ihren Kopf, denn genau das hatte sie eigentlich damit erreichen wollen. Nicht um fliehen zu können, sondern um einen Moment der Freiheit genießen zu dürfen, denn von dieser war nun einmal wirklich nichts mehr übrig. Jake griff erneut nach ihrer Hand und führte sie hinaus, auf den Hof und zum Auto. Sie konnte keinen der anderen Jungs ausmachen, also waren sie vermutlich schon im Wagen. Jake öffnete ihr die Tür und kurzerhand wurde ihre Vermutung bestätigt. Sie wurde wie zuvor in Alistairs und Dimetris Mitte gezogen und proforma festgehalten, nicht dass dieses Vorgehen notwendig gewesen wäre, denn sie wäre niemals aus einem fahrenden Auto gesprungen, es diente lediglich der Machtdarbietung Jakes. Das schwarze Kleid verdeckte den Großteil ihrer Wunden vom Vortag, es konnte jedoch nicht die seelischen Narben verdecken, die sich immer tiefer in Lillians Bewusstsein brannten. Hieß es nicht, gebranntes Kind scheut das Feuer? Vielleicht sollte sie sich das zu Herzen nehmen und Jake tatsächlich einfach gewähren lassen. Vielleicht gab es ja irgendwann einmal die Möglichkeit zur erfolgreichen Flucht, doch sie wusste, dass diese Chance so gering war, wie bei bewölkter Nacht eine Sternschnuppe zu sehen. Jake musterte sie, bevor er sich räusperte und das Wort erhob. "Also Lil, du kennst die Prozedur ja schon. Du wirst schön brav sein, Dexters Verlobte spielen und mit Niemandem, ich wiederhole, Niemandem, auch nur ein Wort wechseln, es sei denn, du hast Dex' Erlaubnis dazu. Keine Alleingänge, keine Auffälligkeiten. Wenn du dich benimmst, springt vielleicht ein kleines Goodie für dich heraus.", er wusste, wie er sie locken konnte. Sie musste nur einen Hauch von Hoffnung haben um zu tun, was auch immer er von ihr wollte. Sie gab ein leises "Verstanden.", zurück, doch er hatte den Hoffnungsschimmer in ihren Augen bemerkt. Er hatte sie am Haken. Umso leichter würde es werden, ihr weiß zu machen, dass sie heute nicht mit nach Hause kommen würde, doch das war ein Thema für spätere Stunden, zuerst musste er das Geschäftliche mit Fitch klären. Wobei Lillian in dem Falle ja auch zum Geschäftlichen gehörte. Der Rest der Fahrt verlief ruhig, keiner sagte ein Wort, die Stimmung war recht angespannt, doch was hatte Lillian auch anderes erwartet, nachdem sie so oft versucht hatte, Jake zu entkommen, ihn sauer gemacht hatte, es war klar, dass er jetzt jeden ihrer Schritte genauestens beobachtete. Ihre Hand glitt bei diesem Gedanken unweigerlich zum Halsband, welches nun in ein schwarzes Seidentuch, passend zum Kleid, gebettet war. Das Andere es nicht sehen konnten, änderte nichts daran, dass es ununterbrochen da war, dass es sie unentwegt mit ihm verband. Sie legte ihre Hand wieder in ihrem Schoß ab und spürte, wie der Wagen zum stehen kam, sie waren angekommen. Dexter half ihr aus dem Wagen und legte anschließend einen Arm um ihre Taille. Er führte sie in das ihr schon bekannte Anwesen, in welchem sie herzliche wilkommen wurden und wie zuvor ein Glas Sekt gereicht bekamen. Sie trank es in einem Schluck aus, sie brauchte diesen Kick um sich jetzt auf ihre Rolle konzentrieren zu können. Das Lächeln saß perfekt und immer wieder glitt ihr Blick verliebt hinauf zu Dexter, welcher sie ebenso ansah, mit dem Unterschied, dass seine Gefühle nicht vollkommen gespielt waren. "Denk an deine Rolle und versuch nichts Dummes anzustellen. Wir sehen uns später Kleine.", raunte Jake ihr noch einmal zu, bevor er, Alistair und Dimetri in einen der Nebenräume verschwanden, in den auch Fitch zuvor gegangen war, nachdem er sie begrüßt hatte. Diesesmal waren weniger Menschen anwesend, als bei ihrem letzten Besuch, vielleicht war das gut so, denn das Kleid verdeckte nicht alle Wunden ihres Körpers. Doch vielleicht, würde es jemand bemerken und ihr Hilfe zukommen lassen. Dexter schob sie weiter in den Raum und begrüßte die anderen Anwesenden mit höflicher Manier. Lillians Hoffnung ging dahin, nachdem auch die letzten Gäste die sie begrüßt hatten, nicht stutzig bei ihrem Anblick wurden. Dexter war vertieft in ein Gespräch mit einem Mann, den Lillian noch von der letzten Feier in Erinnerung hatte und als sie die zu ihm gehörige Frau sah, wusste sie auch wieder warum. May kam mit freudestrahlendem Gesicht auf die kleine Gruppe zu und zog Lillian in eine feste Umarmung. Sie biss sich vor Schmerz fest auf die Lippe, ließ sich jedoch nichts weiter anmerken. May ließ sie los und betrachtete sie eingehend. "Hi Lil, schön dich hier zu sehen, zumindest bin ich nicht mehr die einzige Frau hier.", lachte sie, bevor ihr Blick über ihren Körper striff und ihre Züge ernster wurden. "Sag mal, was hast du denn da für blaue Flecken an den Armen?", fragte sie leise, doch an der stärker von Dexters Griff um ihre Hand wusste Lillian, dass er es gehört hatte. Sie musste sich etwas einfallen lassen, und sah kurz zu Dexter. In ihrem Blick konnte man ganz kurz und nur bei genauem Hinsehen die Panik erkennen, doch May hatte genau hingesehen und begann für sich, die Situation zu deuten, noch bevor Lillian begann zu erklären. "Weißt du ich bin ein wenig tollpatschig. Ich bin beim Umzug ins Neue Haus gestürzt, weil ich die Stufe nicht gesehen habe, ist halb so wild. Dexter wollte unbedingt, dass ich zum Arzt gehe, aber dieser hat auch gesagt, dass alles in Ordnung ist, es sind eben nur blaue Flecken. Du brauchst dir keine Sorgen machen.", lächelte Lillian, während sie diese kleine Notlüge erzählte. Dexter war erstaunt von ihrer Fähigkeit, doch er sah May an, dass sie ihr das nicht abnahm. Diese Situation könnte große Schwierigkeiten bedeuten und das wusste nicht nur Dexter.
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At the End of Fall
Mystery / ThrillerJedem Ende folgt ein Anfang, jedem Anfang, folgt ein Ende. Niemandes Leben ist davon ausgeschlossen, so auch nicht Lillians. Ihr bisheriges Leben endet auf tragische Weise und ihr neuer Anfang verbirgt Gefangenschaft und Leid. Wird sie es schaffen...