Lillians Sicht
"Setz dich ordentlich hin und richte dein Outfit, Jake wird gleich hier sein und dann entscheiden wir, wie es jetzt weiter geht.", sagte er fachmännisch und sah mich auffordernd an. Ich kam dem nach und zwei Minuten später trat Jake ein, natürlich ohne zu klopfen, aber bei was hätte er uns denn auch erwischen sollen? Dass ich nicht mit Dimetri schlafen wollte stand fest und ich schätzte Jake eher so ein, dass er, wenn er im Akt herein geplatzt wäre, wahrscheinlich einfach mitgemacht hätte. "So Kleine, was machen wir jetzt mit dir? Noch ist unser Spielchen ja nicht vorbei...", raunte er und ich blieb mit gesenktem Blick stumm. "Gib sie einfach Dexter, ich kann mit ihr sowieso grad nichts mehr anfangen.", gab Dim abwertend von sich und irgendwie verletzte mich dieser Ausspruch. "Wenn du meinst, dann nehm ich sie jetzt mit.", erklärte Jake und zog mich kurzerhand auf die Beine und ihm hinterher bis wir vor Dexters Zimmer standen, seine Tür stand allerdings offen und diesmal klopfte Jake. "Was ist?", hörte man ihn und mir drang der Geruch einer Zigarette in die Nase. "Ich hab dir was mitgebracht, Dim will sie nicht mehr, und du bist der Nächste in der Reihenfolge.", rief Jake zurück und schob mich kurzerhand in sein Zimmer und schloss dann die Tür. Folglich war ich also allein mit Dexter. Ich sah mich um und sah ihn auf der Feuertreppe stehen, mit besagter Zigarette in der Hand. Er beachtete mich nicht weiter und da ich nicht wusste, was ich machen sollte blieb ich einfach stehen. Es war schon dunkel draußen, folglich hatte Alistair mich erstens sehr lange allein gelassen und zweitens hatte ich mehr Zeit bei Dimetri verbracht als mir bewusst war. Auch im Zimmer war es dunkel. Das einzige Licht spendete die kleine Nachttischlampe, gerade genug um schemenhafte Umrisse erkennen zu können. Ich hörte, wie die Glastür geschlossen wurde und Dexter auf mich zu kam. Er musterte mich von oben bis unten und fragte mich dann etwas, womit ich nicht gerechnet hatte, "Hast du Schmerzen?". Er klang so sanft und ich war vollkommen perplex, nickte aber dennoch zaghaft. "Lass mich raten, du hast solche Wunden nicht nur an den Armen und Beinen?", ich schüttelte mit dem Kopf und sah zu Boden. "Pass auf, ich geb dir was gegen die Schmerzen und dann sehen wir weiter, okey?", ich schluckte, wusste nicht, ob das Teil seines Spiels war und reagierte nicht. "Lillian, hör mir zu, ich will nicht mit dir Spielen, du musst mir glauben, ich will dir helfen.", sagte er eindringlich und ich konnte mir ein hysterisches Lachen nicht verkneifen. Er und mir helfen? In welchem Universum sollte das überhaupt möglich sein?
Dexters Sicht
Ich konnte ihre Reaktion verstehen, ich war einer der Gründe, warum sie nie ein normales Leben führen konnte. Ich hatte ihr weh getan, sie missbraucht und das nicht zu knapp. Aber irgendetwas in mir konnte es nicht länger ertragen, ihr weh zu tun, sie so zu sehen. Ich war mir nicht sicher, woher dieser Sinneswandel kam, denn ich hatte nie zuvor solche Gedanken gehabt. "Lillian, ich kann mir vorstellen, dass du mir nicht glaubst, aber ich will das hier nicht mehr. Ich kann dich nicht länger leiden sehen, auch wenn das für dich nicht glaubwürdig klingt aber ich will dir hier raus helfen.", gab ich ehrlich zu, ohne den Blick einmal von ihr zu lösen. Für einen kurzen Moment konnte ich den Schimmer von Hoffnung in ihren Augen sehen, aber genau so schnell, wie dieser kam, war er auch wieder verschwunden und sie sah mich einfach nur stumm an, bis letztlich ihr Schweigen durch einen erneuten hysterischen Lachanfall durchbrochen wurde. "Lillian, ich meine das ernst!", fuhr ich sie fast schon harsch an, sehr kurz davor meine Geduld zu verlieren. "Von mir aus schlaf mit mir, kette mich fest und quäl mich, bis ich nicht mehr kann aber lass mich nicht in dem falschen Glauben, dass es für mich noch Hoffnung gibt. Das ist einfach nur grausam!", rief sie aus und ich konnte den Schmerz und all den Hass, den sie empfand ganz deutlich spüren. Ich atmete tief durch und war im Begriff, erneut zu sprechen, wurde jedoch von meinem Handy unterbrochen. Ich signalisierte ihr, dass sie sich nicht von der Stelle rühren sollte und ging ins Bad um das Gespräch entgegen zu nehmen. Als ich wieder in mein Zimmer kam, war sie verschwunden und die Tür zur Feuertreppe stand offen. Ich fluchte, denn ich hätte es besser wissen müssen. Ich legte einen Sprint zur Feuertreppe zurück und war kurz erstaunt von dem Anblick der sich mir bot. Statt wie erwartet zu fliehen, stand sie am Geländer, den Blick in den Himmel gerichtet und das sanfte Licht des Mondes wurde von ihren Tränen reflektiert. Sie schien tief in Gedanken versunken, also räusperte ich mich.
Lillians Sicht
Was wollte Dexter nur damit bewirken? Ich verstand seine Intention hinter seinen Worten nicht und ich war mir sicher, dass er nicht die Wahrheit sagte, doch ein Teil von mir, schenkte seinen Worten viel zu viel Bedeutung und auch den Glauben. Ich war verzweifelt, er hätte sich jede erdenkliche Form von Spiel aussuchen können, doch er nutze meine Psyche als Spielwiese, nutze den letzten Funken meiner Hoffnung schamlos aus um mich in den geistigen Ruin zu treiben und mein dummes Herz glaubte ihm, auch wenn mein Verstand es längst besser wusste. Ich sah zu den Sternen, welche ganz klar und deutlich vor mir lagen im Gegensatz zu meinen Gedanken, welche wirr und unkonstant erschienen. Ich spürte die warmen Tränen auf meiner Haut, als ein Gedanke an meine Mutter mich striff. Dein Herz wird dich immer auf den richtigen Weg führen, es gibt nichts wichtigeres als es gut zu behandeln, hatte sie immer gesagt. Aber wie konnte ich in dieser Situation meinem Herzen glauben? Ich hörte das mir allzu bekannte Räuspern und drehte mich panisch danach um, noch während ich mir mit dem Handrücken die Tränen von den Wangen wischte. Das war dann wohl mein Urteil.
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At the End of Fall
Mystery / ThrillerJedem Ende folgt ein Anfang, jedem Anfang, folgt ein Ende. Niemandes Leben ist davon ausgeschlossen, so auch nicht Lillians. Ihr bisheriges Leben endet auf tragische Weise und ihr neuer Anfang verbirgt Gefangenschaft und Leid. Wird sie es schaffen...