Schönere Orte

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Lillians Sicht

Er sah nachdenklich auf mich herab, bevor er antwortete. "Hab mich umentschieden und jetzt sei still und brav, dann werde ich ganz sanft zu dir sein.", er beugte sich erneut zu meinem Ohr herunter, "Du weißt, dass ich das kann.", ich schauerte und erinnerte mich daran, was unter der Dusche passiert war. Ich blieb stumm, ließ ihn machen, was hatte ich schon für eine andere Wahl? Es galt, mir einen Wunsch zu verdienen und es gab so viel, was ein Wunsch hätte bewirken können. Ich könnte mir wünschen, dass sie mich nie wieder anfassen dürften, oder dass ich mich frei im Areal bewegen durfte, jeder Wunsch wäre besser gewesen, als Jakes willenlose Sklavin zu sein. Diese Gedanken machten Dexters Beischlaf mit mir erträglicher. Er war sanft zu mir, solange ich keinen Mucks von mir gab, entfuhr mir jedoch dennoch mal ein schmerzhaftes Wimmern, wenn er zu tief eindrang, tat er es so lange, bis ich still blieb. Ich verstand nicht, warum er so war, wieso tat er das, wenn er zuvor noch sagte, er wolle mir helfen? Hatte ihn das Leben bei Jake zu dem gemacht, was er heute war? Vermutlich. Als er schließlich von mir abließ drehte ich mich zur Seite und verbarg mein Gesicht im Kissen, begann stumm zu weinen. Ich blieb einfach liegen, als er auf die Feuertreppe hinaus ging und auch, als er sich letztlich neben mich legte. Jedoch drehte ich mich von ihm weg und er ließ mich in Ruhe. An Schlaf war für mich nicht zu denken, zwar war ich körperlich müde und erschöpft, doch ich schaffte es nicht, mich zu beruhigen und als Dexter endlich eingeschlafen war, stand ich auf und zog mich an. Leise öffnete ich die Tür zur Feuertreppe und trat hinaus. Ein kalter Schauer erfasste mich und ich begann zu frieren, doch das war mir tausend mal lieber, als neben Dexter zu liegen. Ich atmete die kalte frische Luft ein und lehnte mich ans Geländer. Der Mond fiel in Dexters Zimmer und ich konnte seine Konturen ganz leicht erkennen. Ich wollte nicht wieder hinein gehen, obwohl mir sehr kalt war. Ich ließ mich am Geländer hinunter gleiten und meine Gedanken brachten mich zu schöneren Orten, als diesem.

"Guten Morgen, Schlafmütze.", weckte mich meine Mutter und ich drehte mich grummelnd wieder um. "Du willst nicht aufstehen? Na das werden wir noch sehen.", hörte ich sie lachen und kurz darauf begann sie, mich zu kitzeln, "Mama, hör auf!", schrie ich lachend und fiel im nächsten Moment aus dem Bett. "So jetzt da du nicht mehr im Bett bist, kannst du dich anziehen und dann gibt es Frühstück.", lächelte sie und drückte mir einen Kuss auf die Stirn. Immer noch grummelnd zog ich mir mein gelbes Sommerkleid an und ging nach unten, meine Mutter stand am Herd und machte offenbar Pancakes. Sie drehte sich zu mir um und sagte, "Deck doch schon mal den Tisch, okey?". Ich nickte, deckte den Tisch und danach aßen wir. Nach dem Essen und Abräumen sagte sie mir, ich solle einen Moment warten, danach verließ sie die Küche und kam kurz darauf mit einem großen Geschenk wieder und grinste mich an. "Alles Gute zum Geburtstag mein Liebling.", lächelte sie und überreichte mir das Geschenk, voller Aufregung fetzte ich es auf und zum Vorschein kam eine kleine niedliche Puppe, genau so eine, wie ich sie mir schon lange wünschte. Freudestrahlend fiel ich meiner Mutter um den Hals und bedankte mich gefühlte hundert mal bei ihr. Ich verbrachte den gesamten Tag damit, mit meiner neuen Puppe zu spielen, bis ich nach dem Kaffeetrinken meiner Mutter eine entscheidende Frage stellte. "Kommt Papa heute auch?", ich sah wie sich der Ausdruck in den Augen meiner Mutter von Freude zu Trauer änderte, sie gab ihr Bestes es zu überspielen. "Nein mein Schatz, Papa kann heute leider nicht kommen.", gab sie sanft aber traurig zurück. Ich wurde wütend, "Warum denn nicht? Mag er mich denn nicht mehr?". Meine Mutter sah mich schockiert an und suchte nach den richtigen Worten, sie griff nach meinem Arm und zog mich in eine warme Umarmung, "Nein mein Schatz, Papa hat nur leider sehr viel zu tun, weißt du? Er hat dich sehr lieb und es tut ihm bestimmt sehr leid, dass er heute nicht bei dir sein kann.", ihre Worte beruhigten mich, dennoch verletzte es mich sehr. Ich war zu klein um zu verstehen, dass meine Eltern sich getrennt hatten, zu klein um zu verstehen, dass es beiden weh tat, die Räumlichkeiten miteinander zu teilen und er deshalb gegangen war.

Ich erwachte aus meinen Erinnerungen und hob den Kopf, der Mond beleuchtete immer noch Dexters Zimmer, nur sah ich ihn da nicht mehr liegen und Panik machte sich in mir breit. Wie würde er reagieren, wenn er mich hier draußen fand? Immerhin hatte ich die Tür zu gemacht, er konnte also unmöglich von der Kälte aufgewacht sein. "Muss ich fragen, was du hier draußen machst?", ich erschrak als ich seine Stimme neben mir hörte, wieso war mir nicht aufgefallen, dass er neben mir stand? Ich stand auf und wich zwei Schritte zurück. "Du holst dir noch den Tod, wenn du hier so rum sitzt.", sagte er kopfschüttelnd und hielt mir die Hand hin. Doch ich ergriff sie nicht, sah ihn an und antwortete ohne darüber nachzudenken. "Selbst wenn, der Tod ist immer noch besser, als das was da drin auf mich wartet." "Pass auf, was du sagst, Kleine.", keiffte er, griff mich am Arm und zog mich mit sich in sein Zimmer. Er zerrte mich zum Bett und stieß mich unsanft darauf. "Du sollst schlafen.", gab er genervt von sich und legte sich letztlich auch wieder hin, hielt mich diesmal aber in seinen Armen, sodass ich keine Möglichkeit mehr hatte, aus dem Bett zu kommen. Ich versuchte trotzdem mich aus seinen Armen zu winden, was ihm nicht sonderlich gefiel. "Hör auf, oder ich kette dich am Bett fest, deine Entscheidung.", damit gab ich letztlich nach und bemühte mich, einzuschlafen.

At the End of FallWo Geschichten leben. Entdecke jetzt