Zettelkrieg

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Lillians Sicht

"Ich werd erst recht wütend, wenn du mir etwas verheimlichst Lillian also spuck es aus.", er hatte die Arme vor der Brust verschränkt, musterte mich und ich schrieb widerwillig meine Gedanken auf. 'Dass du mich in die Praxis lässt, bedeutet eine temporäre Trennung von dir...Das heißt Zeit, mich zu erholen und über meine Fehler nachzudenken.', es entsprach nicht ganz der Wahrheit, aber dem, was er brauchte um sein Ego zu streicheln. "Wer hat gesagt, dass ich nicht mitkomme?" 'Das ist nicht, was ich gesagt hab...Aber du wirst mich nicht bestrafen dürfen, das heißt wir haben beide Zeit nachzudenken...', er las und schnaubte. "Bisher hat noch keiner gesagt, dass ich dich nicht anrühren darf und selbst wenn, weißt du, dass es mir egal ist. Und worüber sollte ich nachdenken? Außer darüber, wie ich dich für deine Taten zur Konsequenz ziehen kann. Wenn einer nachdenken muss, dann bist du das Lillian und zwar darüber, wie du deine Fehler wieder gut machst.", gab er kalt von sich und sah mich mit hochgezogener Braue an. 'Du hast dich schon mal an eine Regel gehalten...', schrieb ich, war aber immer noch nicht fähig, ihn länger als zwei Sekunden anzusehen. "Ja Lillian, aber auch nur, weil die Karten da anders lagen, damals bin ich zugegebener Maßen zu weit gegangen. Aber diesmal hast du mich provoziert, du wolltest, dass ich dich deines Lebens beraube!", ich hörte wie wütend er war und zuckte zusammen. Er hatte irgendwo schon recht, ich hatte ihn dazu getrieben, aber hatte er mich nicht auch dazu getrieben mit dieser jahrelangen Tortur? Glaubte er wirklich, dass das hier für mich lebenswert war? 'Es tut mir leid, dass ich zu weit gegangen bin Jake...', ich dachte nach, bevor ich weiter schrieb, zeigte ihm meinen Zettel auch noch nicht, wollte nicht riskieren, dass er es wieder als wertlose Entschuldigung abtat, 'die letzten Jahre waren nicht gerade etwas, was ich als Leben bezeichnen würde...versteh mich nicht falsch, bitte, ich bin dankbar, dass du mir ein Dach gegeben hast, versucht hast, mir Dinge beizubringen...aber letztlich bin ich nur hier um deine Rache zu stillen...Glaubst du, man kann es Leben nennen, wenn man ständig Angst hat? Wenn ich wegen dir durch die Hölle gegangen bin?', ich las nochmal und zögerte, eigentlich war mir fast schon klar, wie er reagieren würde aber was brachte es mir, jetzt zu schweigen? Ich drehte den Block zu ihm und beobachtete, wie ihm beim lesen die Gesichtszüge entglitten und seine Wut sich praktisch verzehnfachte. Ich begann zu zittern, machte mich auf eine heftige Standpauke gefasst und ich sollte sie bekommen. Er stand blitzschnell auf, riss mir den Block aus der Hand und zog mich am Kragen nach oben, sah mich bitterböse an, der ganze Raum war wie benebelt von seiner Rage und meiner Angst. "Du bist durch die Hölle gegangen?! Was glaubst du, was ich wegen deiner Mutter erleiden musste?! Ich musste mit ansehen, wie man ihn zu Grabe trug, das wichtigste, was es in meinem Leben gab, war mein Vater und ich konnte ihm nicht mehr helfen, weil deine ignorante Mutter, sich lieber zu dir nach Hause verpisst hat! Ich musste mit ansehen, wie meine Mutter daran zerbrach, sich immer wieder ins Koma gesoffen hat um sich ihm näher zu fühlen. Weißt du wie oft sie mich hat durch die Hölle gehen lassen, wenn sie betrunken war, weil ich sie so sehr an meinen Vater erinnerte?! Und jetzt hat sie es endlich geschafft und folgt ihm und du glaubst, du bist durch die Hölle gegangen?! Das, was ich mit dir getan habe oder mit dir tu, ist Resultat der Fehler deiner Mutter, also wenn du jemandem die Schuld für all das geben willst, such sie bei deinen Eltern aber nicht bei mir, ich löse hier ein Versprechen ein und jeden Tag den ich dich hier habe fühle ich mich besser, weil ich weiß, dass ich meine Schuld ihm gegenüber tilgen kann, wenn ich dir weh tu. Glaub nicht, dass ich mit dir fertig bin, nur weil sie beide jetzt ihren Frieden gefunden haben. Du schuldest mir das hier, du schuldest mir dieses Ventil, denn wenn ich dir nicht die Schuld geben kann, was bleibt mir dann noch?", fragte er letztlich etwas ruhiger und ich war sprachlos. Ich konnte die Trauer in ihm spüren, sie in seinen Augen sehen und irgendwo konnte ich ihn auch verstehen, aber es änderte nichts an der Tatsache, dass ich für die Entscheidung meiner Mutter nichts konnte. Ich sah ihn fest an und legte ihm beide Hände auf die Wangen, zog in schwacher Geste seinen Kopf herunter und legte seine Stirn an meine, schloss dabei die Augen und versuchte nicht nur mich, sondern auch ihn zu beruhigen und für einen Moment, schien das auch zu funktionieren, doch der vermeintliche Frieden hielt nicht lange an. Er löste sich von mir, griff nach meinen Handgelenken und schob mich von sich weg, kräftig genug, als dass ich mich auf dem Bett wieder fand. Er sah mit fast schon traurigem Lächeln auf mich herab, so als ob es ihm leid täte, was jetzt passieren würde. Er kam auf mich zu und instinktiv wich ich zurück, doch ich hatte keine Chance, noch nie gehabt, doch meine Reflexe waren immer etwas schneller, als mein Kopf. "Je älter du wirst desto mehr siehst du aus wie sie damals und deshalb kann ich nicht sanft zu dir sein, dich nicht in Ruhe lassen Lillian. Nur an guten Tagen hab ich die Selbstbeherrschung dich nicht zu verletzen, das wirst du gemerkt haben, nicht wahr? Aber das hier, ist kein guter Tag, ganz und gar nicht und ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass es mir nicht irgendwo etwas leid tut dich so zu verletzen, spätestens dann, wenn ich das Endresultat vor mir sehe, so wie jetzt, wobei ich noch nicht mit dir fertig bin...Spätestens, wenn wir hier fertig sind, solltest du in die Praxis, es ist besser für dich, Kleines.", damit schloss er die Lücke zwischen uns endgültig und wenn ich gekonnt hätte, hätte ich geschrien, doch man konnte nur Jake hören, wie er sich an mir zu schaffen machte und kurz bevor ich mein Bewusstsein verlor hörte ich ihn flüstern, leise und kaum verständlich, "Es tut mir leid.".

At the End of FallWo Geschichten leben. Entdecke jetzt