Kein Ort für mich

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Es war Dexter, dessen Hand ich ergriffen hatte. Er sah mich bittersüß lächelnd an und raunte "Na komm mein Schatz, ich muss dich einer Menge von Leuten vorstellen.". Ich sah nervös zur großen Tür, welche den Einlass in das ebenso riesige Haus darstellte. Dieses Gebäude glich einer Manifestation von Geld und Macht. Es sah schon von außen beängstigend prunkvoll aus und ich hatte Angst vor den Begegnungen, die auf mich zu kamen. Ich klammerte mich fast schon an Dexters Arm. Ich war die Gesellschaft von vielen Menschen einfach nicht gewohnt und ich hatte ausgesprochen Angst davor, mich falsch zu verhalten. Geleitet von ihm betrat ich das Anwesen und fand mich in einer großen, mit Marmorboden verzierten, Eingangshalle wieder, die zugleich den Veranstaltungsort bildete. Es waren mehr als ein Dutzend Menschen anwesend, doch außer mir, konnte ich keine einzige weibliche Person erspähen. Wir wurden von einem augenscheinlichen Butler in Empfang genommen und bekamen jeder ein Glas Sekt in die Hand gedrückt. Als sich der Butler entfernt hatte, drehte sich Jake zu mir um und sah mir vielsagend in die Augen, "Vergiss nicht, was ich dir gesagt habe. Wehe du hälst dich nicht an die Regeln, du weißt, was dir dann blüht, oder wohl eher wirst du es nicht wissen, denn wenn du auch nur einen Fehler machst, werde ich dich so hart bestrafen, wie noch nie. Und jetzt, ab mit euch und vergesst den hier nicht.", er hielt Dexter eine kleine elegante Schachtel hin. Dieser öffnete sie und zum Vorschein kam ein sehr teuer aussehender Ring mit einem kleinen in Silber eingefasstem Diamanten. Dexter nahm sich meine linke Hand und steckte mir den Ring auf meinen Ringfinger. Ich betrachtete diesen und musste mir eingestehen, dass er wirklich sehr hübsch war, gleichfalls fiel mir auf, dass Jake sehr gut auf diese Situation vorbereitet war - zu gut. Ich sah zu ihm und bekam einen warnenden Blick, "Verlier ihn bloß nicht, der hat mich eine Menge Geld gekostet.", zischte er und war dann samt Alistair und Dimetri in der Menge verschwunden. Ich war verwirrt, wieso gab er sich so viel Mühe zu verstecken, was hier eigentlich Phase war? Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als Dexter mir leicht in die Seite stieß und ich meinen Blick auf ihn richtete. "Lächle Schatz, vergiss nicht, wie glücklich du im Moment bist. Wir sind frisch verlobt und du ziehst eine Mine, als wäre grad jemand gestorben.", flüsterte er mir zu und ich gab mein Bestes, ein Lächeln vorzutäuschen, doch so richtig gelang mir das unter diesen Umständen nicht. "Das wird so nichts, trink das, dann sehen wir weiter.", er deutete auf mein Glas und ich nippte vorsichtig daran. Ich hatte nie zuvor Alkohol getrunken und eigentlich wollte ich es auch jetzt nicht, aber ich wollte keinen Ärger riskieren. Schon nach wenigen Minuten bemerkte ich dessen Wirkung, mir wurde warm und ein Gefühl der Leichtigkeit überkam mich. Unweigerlich musste ich lächeln und Dexter schien zufrieden zu sein. Er führte mich herum, stellte mich einer Menge von Menschen vor, erzählte wie glücklich er doch wäre, sich endlich getraut zu haben, mir den Antrag gemacht zu haben, erzählte von Zukunftsplänen und Kindern. Irgendwie wurde ich traurig, als er über all dies sprach und es fiel mir zunehmend schwerer zu lächeln und einen auf glückliche Verlobte zu machen. Ich hielt es letztlich nicht mehr aus und entschuldigte mich mit den Worten, "Wenn Sie mich kurz entschuldigen, ich bin sofort wieder zurück." und wandte mich von der Gruppe ab, in welcher wir uns zusammengefunden hatten und begab mich zu den Toiletten. Ich musste zum einen wirklich auf Toillette, auf der anderen Seite musste ich mich irgendwie wieder beruhigen. Die Wirkung des Alkohols hatte in der letzten Stunde stark abgenommen und die traurige Realität hatte wieder Einzug gehalten. Ich erleichterte mich, wusch mir die Hände und sah mich im Spiegel an. Ich atmete ein paar Mal tief ein und aus und sprach mir in Gedanken immer wieder 'Du schaffst das! Versau es dir jetzt nicht!' zu und war überrascht, dass das tatsächlich funktionierte. Als ich die Toillette verließ, konnte ich Dexter nirgends erkennen, auch die anderen Jungs waren nicht sichtbar. Ich sah mich etwas panisch um, doch so sehr ich auch suchte, ich fand keinen meiner 'Begleiter'. Das wäre mein Moment gewesen, um schnellstmöglich zu fliehen, denn das Halsband hatte Jake mir kurz nachdem wir eingestiegen waren abgenommen, stattdessen trug ich ein leichtes Seidentuch, passen zum Kleid um die Wunden der Stromschläge zu verdecken. Ich sah zur immer noch geöffneten Eingangstür und dann zurück zur Feiergemeinde und wieder zurück. Ich schüttelte den Gedanken an eine Flucht wieder ab, es gab keinen Ort, an den ich hätte gehen können, Niemanden, der mich hätte aufnehmen können. "Verdammt...", entfuhr es mir leise, als ich mich wieder suchend umsah und erschrak als sich plötzlich zwei strake Arme von hinten um mich schlangen. "Ich bins nur, kein Grund dich zu erschrecken.", flüsterte Dexter mir ins Ohr und ich beruhigte mich wieder. Er drehte mich zu sich um und zog mich ein Stück weiter zurück in den Gang, aus dem ich gekommen war, gerade so weit, dass uns niemand sehen konnte. Er presste mich leicht gegen die Wand und sah mich etwas sauer an. "Was machst du hier? Haben wir dir denn nicht gesagt, dass du bei mir bleiben sollst?", fragte er und ich konnte die Wut, die in seinen Worten mitschwang deutlich spüren. "Ich musste auf Toillette und als ich wieder rauskam, hab ich dich nirgends gesehen...Es tut mir leid.", gab ich zitternd von mir und sah, wie Dexter mich prüfend musterte. "Du hättest weglaufen können, ich weiß, dass du mit dem Gedanken gespielt hast.", gab er ernst zurück und ich sah beschämt zum Boden. "Das hätte ich...ja..." "Was hat dich daran gehindert? Es hätte ewig gedauert dich wieder zu finden, ohne das Halsband. Was hat dich davon abgehalten?", fragte er eindringlich und es schmerzte, ihm antworten zu müssen. "Es gibt keinen Ort für mich...an den ich hätte gehen können...", flüsterte ich mit abgewandtem Blick und er hob mein Kinn an, um mir in die Augen sehen zu können. "Richtig erkannt, Lil...", raunte er mir zu und küsste mich anschließend, "Na komm, wir wollen doch nicht die ganze Veranstaltung verpassen.", damit griff er erneut meine Hand und zog mich zurück in den Saal, ich setzte erneut mein Lächeln auf und gab mein Bestes um nicht aufzufallen.

At the End of FallWo Geschichten leben. Entdecke jetzt