kein Zucker

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Kapitel 26

Jason

Solange Jason bereits denken konnte, erwachten er und sein Wolf jeden Morgen mit einer unendlichen Unruhe, die nur eine morgendliche Jagd ein Ende setzen konnte. Gestaltwandler wie er, dominante, etwas wildere Wölfe brauchten das wie die Luft zu atmen. Normalerweise. Denn heute verspürte er nicht den Drang sich durch die eisigen Wälder Alaskas zu schlagen und mit den anderen Jäger des Waldes um die Wette zu rennen.

Heute erwachte Jason mit einer tiefen Stille in sich. Seine Glieder waren schwer, seine sonst zügellose Bestie noch halb verschlagen. Jason sog die Wärme und den leicht süßlichen Duft nach Frau in sich auf, der ihn umgab und schwelgte darin, ohne klar sagen zu können, was ihn so einlullte.

Aber er fühlte es. Er spürte das leichte Ziehen des Gefährtenbandes in seiner Brust und folgte ihm instinktiv zu der Frau, die neben ihm ruhte. Moonshine.

Nichteinmal ein Handbreit trennten Jason von seiner jungen Gefährtin und dennoch wälzte er seinen großen Körper herum, um auch noch das letzte bisschen Abstand zwischen ihnen zu verschließen. Einen schweren Arm schlang er besitzergreifend um ihre Hüfte und hob verschlafen die Lieder, um ihre Schönheit in sich aufzunehmen.

Von den vollen, prallen Lippen, die wieder seine schmutzigsten Gedanken beflügelten, bis hin zu dem seligen Ausdruck auf ihrem Gesicht, der sie wieder um einige Jahre jünger wirken ließ. Moonshine wirkte entspannt, zufrieden und mehr wie eine zufriedene Katze als eine dominante Wölfin.

„Wirst du das ab jetzt immer tun?", fragte sie plötzlich und öffnete blinzelnd ein Auge, bevor sie einen unbequemen Laut von sich gab. Ihr Körper rutschte etwas hin und her, suchte eine bequemere Position und fand diese, als sie mit ihrer Nase gegen seine Brust stieß.

„Was den?", fragte Jason und umklammerte seine Luna fester.

„Mich anstarren. Ich merke das." murmelte sie und versuchte scheinbar wieder einzuschlafen, denn sie schloss erneut die Augen.

„Wohl möglich", hauchte er, selbst tief in Gedanken versunken. Bei der Vorstellung sie jeden Morgen so friedlich zu sehen, überkam ihm eine Befriedigung, die man hätte in Flaschen abfüllen und verkaufen können.

Shiny erwiderte darauf nichts und weil Jason sich nicht bewegen wollte, aber auch nicht mehr schlafen konnte, begann er damit seine Finger durch ihre Haare gleiten zu lassen.

Er hatte davon geträumt, diesem Wirrwarr aus Zuckerwattefarben in seinem Bett haben zu können. Der Zwang, sich jede Nuance genau einzuprägen, war verheerend. Ab jetzt würde er jede Farbe, die er sah, daran bemessen, ob er diese auch in Shinys Haaren gefunden hatte.

„Willst du, dass ich sie wieder färbe?", fragte sie, immer noch verschlafen, aber mit der eisernen Absicht, die Augen immer noch geschlossen zu halten.

„Wieso? Gefällt es dir nicht mehr?"

„Doch. Es ist nur nicht besonders erwachsen und sie haben ihren Zweck erfüllt", erwiderte sie und ihre Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. Jason Wolf, der sich nun langsam begann selbst wach zu werden, streckte sich und streifte dabei das Band in seiner Seele. Von der plötzlichen Bewegung Aufmerksamkeit geworden, spürte Jason nun auch, wie Shinys Wölfin sich streckte. Es war verstörend und faszinierend zugleich, dieses Band zu besitzen. Es war beängstigend intensiv und fühlte sich gleichzeitig absolut natürlich an.

„Was war denn ihr Zweck?"

„Deine Aufmerksamkeit zu fesseln", erwiderte sie ohne den Hauch einer Schuld in ihrer Stimme.

Jason dachte über ihre Worte nach, während er damit fortfuhr ihre Haare zu entwirren. Er erinnerte sich genau an den Tag, als er Shiny zum ersten Mal mit dieser Haarfarbe in der kleinen Kneipe aufgetaucht war. Obwohl Magnolia sich bereits darüber bei ihm ausgelassen hatte, wie albern dieser Regenbögen war, hatte es ihn wie ein Schlag in die Magengrube getroffen. Sie hatte jedermann Aufmerksamkeit gefesselt, nicht nur seine. Das damalige Auflodern von irrationaler Eifersucht, weil alle Wölfe sie anstarrten, hätte ihm schon damals eine Lehre sein sollen.

„Das ist dir gelungen. Jedes Mal, wenn du den Raum betreten hast. Aber ich weiß nicht, ob das nur an dieser Haarfarbe lag", gestand er und wusste, dass er etwas Richtiges gesagt musste, den Shiny drückte ihm einen Kuss auf die Haut. Eine Belohnung für gutes Benehmen. Er sollte sich bevormundet und manipuliert fühlen, aber sein Wolf stellte lediglich die Ohren auf und winselte um mehr.

„Willst du sie den wieder weghaben?", fragte er wieder und Shiny dachte scheinbar eine Weile darüber nach.

„Es ist schwer Kleidung zu finden, die sich nicht damit beißen. Sonst finde ich sie eigentlich ganz lustig." Jason verkniff es sich, seine Luna daran zu erinnern, dass sie in seiner Nähe keine Anziehsachen benötigte. Ihre unterschwelligen Befürchtungen aber konnte er schnell zerstreuen.

„Vielleicht wirkt es auf einige kindlich, aber du bist jung und kannst es dir erlauben, das auch zu zeigen. Du musst dich nicht zwanghaft erwachsen benehmen."

„Nicht?"

„Dein Alter stört mich nicht, Shiny. Hat es nie. Es war nur ein Hindernis, dass ich auch als solches wahrgenommen habe", versuchte er sie zu beschwichtigen und nun sah sie zu ihm auf. Ihre Augen sprühten vor Freude und Vitalität.

„Gut!", verkündete sie, rückte von ihm ab und schlüpfte so schnell durch seine Arme, dass ein Wolf kurz schlecht gelaunt knurrte und sich Jasons Nackenhaare aufstellte. Doch er beruhigte sich schnell wieder als Shiny sich zu ihm umdrehte und zuzwinkerte.

Dann verfiel Jason in Staunen. Shiny bewegte sich anmutig aus den Laken und präsentierte ihm ungehindert ihre nackte Kehrseite. Schmale Taille, ausladen Hüften und ein strammer Hintern. Er war so hypnotisiert von dem Anblick, dass selbst sei Wolf vergessen kurz wütend zu sein und es einfach nur genießen wollte.

Moohnshine sah sich in seiner kleinen Hütte um, die lediglich aus zwei Räumen bestand und kaum groß genug für zwei Leute wahr. Es war alles etwas beengt. Von der Kochnische in einer Ecke, dem Bett, das fast direkt an die Couch anstieß und dem kleinen Anbau, wo sich das Badezimmer befand. Single-Hütten waren nie größer, genügten aber vollkommen, besonders weil sie aufgrund von Einbauschränken regelrechte Platzwunder waren. Shiny begann gleich damit einen diesern Einbauschrank nach dem anderen aufzuziehen. Vorratsschrank, Abstellkammer und dann, endlich, das, was sie gesucht hatte. Der Ort an dem Jason seine Kleidung lagerte.

Sie griff nach einem seiner Shirts, zog es sich über und warf dann Jason eine Hose zu.

„Ich hab hunger. Sag mir bitte, dass du Honeydrops hast", meinte sie und riss dann weiter die Vorratsschränke auf.

Jason erhob sich gequält. Es war nicht wirklich unangenehm zu sehen, wie Moonshine sich scheinbar wie selbstverständlich in seiner Wohnung bewegte, aber er spürte, wie sein Wolf wieder wütend wurde, weil er ihr nicht geben konnte, was sie wollte. Seine Frau zu ernähren, war für jeden Wolf das wichtigste. Es war seine biologische Aufgabe. Ernähren und beschützen. Darin hatte er scheinbar jetzt bereits versagt und der Gedanke gefiel ihm gar nicht. Als Moonshine die einzige Packung an Frühstücksflocken aus dem Schrank zog, die er überhaupt hatte, wurde ihr das wohl auch klar.

„Ohne Zucker? Also ehrlich, Jason. Wir müssen dringend einkaufen." entfuhr es ihr unüberlegter weiser und er knurrte laut auf.

Die Stille des Wolfes - Alaska Werewolves Bd. 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt