zu früh

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Kapitel 32

Jason

Eigentlich war es gut verlaufen. Zumindest redete Jason sich das ein, während er da saß und dabei zusah, wie Peeter vor sich hin fiepste. Sie waren nicht entdeckt worden und einen Angriff hatte es auch nicht gegeben, alles was passiert war, war, dass Peeter auf dem Weg zurück durch das Unterholz sich eine Pfote verstaucht und die andere gebrochen hatte, weil er kurz panisch geworden war.

Auch das konnte man ihm kaum übel nehmen, bei dem, was er hatte mit ansehen müssen. Der junge Mann hatte es ihm gesagt, bevor er sich wieder zurück in einen Wolf verwandelt hatte, wie es die meisten Gestaltwandler taten, wenn sie Schmerzen hatte. Und Jason würde diese grausige Entwicklung erstmal für sich behalten.

Bill war dabei ein paar Schmerzmittel vorzubereiten, als Becca hereingestürmt kam und sofort zu Peeter rannte, ohne einen von den anderen Männern überhaupt zu beobachten.

"Oh Gott, geht es dir gut?" fragte sie sinnloser weise, weil dieser ihr in Wolfsgestalt nicht antworten konnte. Doch er stellte sofort die Ohren auf und fiepste noch einmal bemitleidenswerter, bis Becca sich neben ihn auf das Bett setzte. Sie streichelte den Wolf, während Peeter seine große Schnauze in ihren Schoß legte. Der Mann in ihm leugnete es vielleicht noch, aber der Wolf hatte sich definitiv bereits dazu entschieden, mit Becca alt werden zu wollen. Um das zu sehen, musste man wahrlich kein Genie sein. Normal war das aber nicht.

Fast jeder Wolf versuchte zumindest eine Weile durch das Land zu reisen und seine Luna zu finden. Gerade nicht dominante, männliche Wölfe, nahmen deswegen an einem umfangreichen Austauschprogramm teil, das mehrere hundert Rudel auf der ganzen Welt ins Leben gerufen hatte.

Das Black-Water Rudel hatte sich seit Jahrzehnten nicht mehr daran beteiligt, aber sobald es wieder ruhiger geworden war, würden Jason und Konstantin das ändern müssen. Frisches Blut war wichtig, besonders in alten Rudeln. Die jungen Männer schwärmten aus, suchten nach ihrer Luna oder eben einer anderen geeigneten Partnerin und brachten sie in ihre Heimat. Zumindest war es traditionell so. Dominante Wölfe waren meist zu territorial um das eigene Land zu verlassen, ihr Instinkt zu Hause ihre Mitmenschen zu verteidigen war einfach zu groß. Auch Peeter würde eine solche Reise wohl nicht antreten, sein Wolf hatte bereits gefunden, was er gesucht hatte. Doch einige andere männliche Wölfe würden es wollen und wahrscheinlich auch einige Frauen. Die Abenteuerlust in der neuen Generation war groß.

Becca sah zu Konstantin und Jason, die ihr beide tapfer zu lächeln, während sie sich von Bill erklären ließ, was sich Peeter verletzt hatte. Währenddessen streichelte sie geduldig seine Schnauze und versuchte ruhig zu bleiben. Bill gab dem Wolf in ihrem Schoß ein Schmerzmittel und sagte ihm, er solle sich wieder verwandeln, wenn er so weit war, damit Bill ihn besser verarzten konnte. Doch der Wolf gab ein grummelndes Geräusch von sich und ignorierte den Arzt.

In dem Augenblick betraten Laura und Shiny die Arztpraxis, in der Bill auch lebte.

Sofort war Jasons Sorgen wie verflogen und sein Wolf stemmte sich gegen seine Brust, um ihn dazu zu bewegen, auf Moonshine loszustürmen und sein Gesicht in ihrer Halsbeuge zu vergraben. Ein normales Verhalten, wenn die eigene Luna den Raum betrat und während Jason sich dazu zwang stehen zu bleiben, war Konstantin schon bei Laura und tat genau das, bei seiner Frau.

Shiny lächelte, als sie die beiden sah, lief um das Paar herum und kam sofort zu ihm.

"Hey", sagte sie und Jason nickte nur schweigsam, während sein Wolf in ihm tobte. Doch im Gegensatz zu Konstantin, der es bei diesen einen tiefen Atemzug, angefüllt mit dem Duft seiner Luna belassen konnte, traute Jason seinem Wolf nicht. Dieser wollte mehr als nur an ihr zu riechen. Er wollte sie an die Wand drängen, die Sachen vom Leib reißen und sie zu der seinen machen.

"Ich spüre deine Unruhe," sagte Shiny nur und schürzte dabei die Lippen. Jason ließ ein grollen von sich hören, dass ihr Antwort genug sein sollte. Ihre Wölfin reagierte instinktiv und ihr Duft wurde noch einladender.

"Hab gehört, das soll normal sein, aber bevor ich deinem Wolf diesen Wunsch erfülle, sollten wir darüber reden, was passiert ist", meinte sie und warf einen Blick zu Peeter, der sich just in dem Moment doch noch dazu durchrang seine menschliche Gestalt anzunehmen. Becca wartete geduldig bis die Verwandlung abgeschlossen war und streichelte dann weiter sein Gesicht, das noch immer in ihren Schoß lag. Nichts daran war ihr fremd, sie war im Rudel aufgewachsen.

"Wir haben das Lager gefunden. Peeter konnte näher heran als ich, da war ziemlich viel Unterholz und niedrig hängende Äste", gab Jason etwas störrisch von sich, aber Shiny nickte nur verstehend.

"Dein Wolf war zu groß", verstand sie automatisch und er nickte bestätigend.

"Was er gesehen hat, war alles andere als schön. Aber das sollten wir woanders besprechen." meinte er und deutete zu Becca und Peeter. Er wollte auf keinen Fall, dass eine junge Frau wie Becca von so etwas auch nur hörte. Und auch bei Konstantin scheinen Zweifel zu kommen, ob das für seine Frau verträglich wäre.

"Vielleicht bleibst du auch lieber bei Bill, ich will dir nicht zu viel zumuten", murmelte Konstantin und legte zärtlich eine Hand auf Lauras Bauch, aber diese verengte lediglich misstrauisch die Augen und schnaubte ziemlich undamenhaft.

"Oh, fang nicht an mich in Watte zu packen, Mister!" forderte Laura so streng, dass es einem Alphabefehl nicht unähnlich war. Jason sah, wie Shinys Mundwinkel daraufhin zuckten und sich eine diebische Freude auf ihrem Gesicht ausbreiten.

Konstantin beugte sich zu Laura hervor und raunte ihr so leise etwas zu, dass selbst Jasons Gestaltwandler Ohren kaum etwas wahrnehmen konnten, aber das könnte auch daran liegen, dass er zu beschäftigt damit war, seine eigene Luna anzusehen. Er konnte nicht anders, sein Instinkt befahl es ihm.

Moonshine sah erschöpft aus. Unter ihren Augen hatten sich Ringe gebildet, aber er würde sich hüten, eine dominante Wölfin wie ein Kind ins Bett zu schicken. Das würde ihn nur ein paar Bisswunden einbringen. Shinys Zähne und Krallen waren etwas, was sie als dominante Wölfin definitiv einsetzen würde, um sich einen zu fürsorglichen Wolf vom Leib zu halten.

"Wir gehen in Bills Büro. Dort können wir reden", meinte Jason während er versuchte sich ein Lachen zu verkneifen. Den Laura boxte ihren Gefährten gerade direkt in die Niere.

"Netter Versuch, Konstantin. Aber: Nein!" erwiderte Laura laut auf das, was auch immer der Alpha ihr gesagt hatte. Konstantin ließ es ihr durchgehen, während seine Luna elegant an ihm vorbeispazierte. Shiny folgte ihr und Konstantin sah Jason durchdringend an.

"Wir sollten unsere Frauen voneinander fern halten, sonst übernehmen sie das Rudel im Alleingang", murrte Konstantin ein wenig und Jason lachte kurz auf.

"Das haben sie längst, sie sind nur zu faul, um uns darüber in Kenntnis zu setzen", erwiderte er und Konstantin lächelte ebenfalls. Bevor sein Gesicht wieder ernst wurde, weil Peeter aufstöhnte, während Bill versuchte sein Bein zu scheinen. Konstantin nahm Peeters Verletzung nicht einfach hin, aber der Alpha würde den jungen Wolf in seiner Ehre kränken, wenn er ihn offen bedauerte. In ein paar Wochen wäre alles wieder ausgeheilt. Zumindest körperlich.

 Zumindest körperlich

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Die Stille des Wolfes - Alaska Werewolves Bd. 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt