unliebsame Annäherung

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Kapitel 17

Jason

Sein Wolf tigerte in ihm unruhig auf und ab und stellte jedes Mal die Ohren auf, wenn die Tür zu der Gemeinschaftspraxis von dem Gynäkologen und einer Hebamme aufging. Auch Jasons Blick schnellte dann immer wieder zum Eingang, wurde aber auch genauso oft wieder enttäuscht. Es fiel ihm sagenhaft schwer, nicht wieder in diese Praxis zu gehen und nachzusehen, was zum Teufel da so lange dauerte, doch das wäre albern. Die Zeit spielte ihm einen Streich. Es fühlte sich so an, als würde er mindestens eine halbe Stunde bereits an der Motorhaube des bulligen Fahrzeuges lehnen und auf Shiny warten, aber immer, wenn er auf die Uhr sah, sagte diese ihm, dass nicht mal fünf Minuten vergangen waren.

Seine Uhr musste falsch liegen. Doch wahrscheinlicher war es, dass er einfach nur zu ungeduldig war. Aber sein Wolf war das in Grunde bereits seit Jahren und Jason im Umgang darin geübt genug, dass es ihm möglich war, besonnen genug zu bleiben, obwohl alles in ihm das Gegenteil verlangte. Genau so, wie Shiny es ihm gesagt hatte. Er hatte keine Ahnung was er tun würde, wenn er die Praxis doch noch einmal betreten würde, also war es gut, dass sie ihm herausgeschickt hatte. Wenn er es jetzt noch schaffte sich so weit abzulenken, dass er nicht ständig die Eingangstür anstarrte, würde er ewig ihr stehen können. Zumindest hoffte er das und zwang seinen Blick fort von der Praxis hinüber zum Rest der Stadt.

Jason stand auf der Straße, an sein Fahrzeug gelehnt und schlug die Fußknöchel übereinander, während die, sonst so leeren Straßen, sich wegen des sonnigen Wetters, etwas mehr mit Leben füllten.

Die Geschäfte hatten offen und viele erledigten ihre Einkäufe für das anstehende Wochenende oder fanden sich in einzelnen Diners zusammen, um dort ihre Mittagspause zu verbringen. Black Water war eigentlich ein schönes, altes Städtchen und auch wenn die Menschen hier den Gastaltwandlern seit einiger Zeit skeptisch gegenüber standen, hatten die früheren Generationen des Rudels hier seine Spuren hinterlassen.

Er sah Kratzspuren an einer alten Tür zu einem kleinen Drogeriemarkt, der früher mal ein Schuhgeschäft war, die einfach nur übergestrichen worden sind und Kauspuren von Welpen an einigen alten Holzzäunen, die viele Welpen hinterließen.

Kaum eine Straße war mit Teer ausgelegt, weil frischer Teer für Wölfe fast unerträglich war. Der Geruch nach dem Auftragen brannte noch zwei Jahre danach in ihren Nasen und Augen der Gestaltwandler, dazu war es einfach unangenehm an den Pfoten, wenn er gefror. So waren viele der Straßen hier gegen den damaligen Trend mit Steinen gepflastert worden, die der Innenstadt einen alt-ehrwürdigen Look verliehen.

Das Rudel hatte nicht immer zurückgezogen auf ihrem Territorium gelebt. Zu Beginn des letzten Jahrhunderts hatten viele auch direkt in Black Water gehaust, als die Stadt noch nicht so dich besiedelt war und die Menschen ihnen nicht so böswillig gegenüberstanden. Es hatte eine Zeit gegeben, da waren die Wölfe aktive Gemeinschaftsmitglieder gewesen und die Verwaltung hatte auf ihre Bedürfnisse Rücksicht genommen. Davon übrig geblieben waren Straßen Namen wie 'Moonstreat' oder Geschäftsnamen wie 'zum winselnden Wolf'. Die meisten Familien hatten in ihrer Ahnenlinie auch Verwandte, die später Mitglied des Rudels geworden waren und Jason fragte sich nicht zu ersten Mal, wie in der Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts so plötzlich Misstrauen, Rassismus und Angst auf beiden Seiten hatte auftauchen können. Einfach unverständlich und doch es war geschehen und das alte Black Water Rudel hatte es mit ihrer menschenfeindlichen-Politik sicherlich nicht gemacht. Es waren auf beiden Seite Fehler gemacht worden.

Dennoch war er sich sicher, dass es sich wieder ändern konnte und die Bewohner der Stadt sich eines Tages nicht dazu genötigt fühlten, Türen zu überstreichen, nur weil die Krallen einiger Kunden sie beschädigt hatten. Es würde zum normalen Stadtbild gehören, dass menschliche Kinder mit Welpen durch die Straßen rannten und spielten. Bei der Vorstellung, dass diese Welpen seine sein könnten, winselte sein Wolf begierig. Er hatte das Alter längst erreicht, wo der Wunsch nach einer Gefährtin und Welpen zu einem unerträglichen Nagen geworden war. Die aktuelle Regeldynamik verstärkte das Bedürfnis nach Nachwuchs noch einmal zusätzlich. Das Rudel war so klein, dass die Natur es quasi von ihnen verlangte und er war sicher, dass seine Generation ausnahmslos Kinderreich sein würde. Ob Moonshine das zu schon bereit wäre. Sie war noch so jung und obwohl Gestaltwandler Frauen schneller in das Alter rutschten, wo dieser Instinkt zuschlug, war sie dennoch sehr jung.

Die Stille des Wolfes - Alaska Werewolves Bd. 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt