Teil 6

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Kai Pov.

Überrascht drehe ich mich zu meinem Retter in der Not um. Julian steht mit den Händen hinter dem Rücken verschränkt vor mir, hat den Kopf fragend schiefgelegt und grinst.
»Ähm... das ist sehr nett, aber ich denke nicht, nein«, lehne ich ab, was Julian's Grinsen nur noch breiter werden lässt. »Haben Ihnen ihre Eltern eingetrichtert nicht mit Fremden mitzufahren?«, fragt er und lacht leise. »Man muss vorsichtig sein bei Fremden«, erwidere ich nur und mustere ihn. »Ich bin doch kein Fremder, wir kennen uns schon seit-«, beginnt Julian, bricht dann aber abrupt ab. »Seit?«, frage ich nach und verenge die Augen zu Schlitzen. Hat er gerade zugeben, mich doch zu kennen? »Seit einigen Stunden, in denen mich Ihre Verlobte mit ihren zweifellos fabelhaften Ideen zugetextet hat«, fährt er schließlich fort und schmunzelt leicht. »In wenigen Stunden kann man sich noch immer nicht sicher sein, wen man da vor sich hat.« »Sehe ich aus wie ein Vergewaltiger oder Mörder?«, fragt er ernster und stellt sich gerade hin. Dann dreht er sich zur Seite, als wäre er ein Gefangener und würde vor dieser Mauer stehen, vor der Fotos von einem gemacht werden. »Vergewaltiger und Mörder sehen oft nicht aus wie das, was sie sind. Sonst würde man sie doch alle sofort erwischen.« »Könnte ich Sie umstimmen, wenn ich schwöre Ihnen nichts tun zu wollen und dabei die Finger nicht hinter meinem Rücken kreuze?« Er stellt diese Frage mit solcher Ernsthaftigkeit, dass ich tatsächlich kurz auflachen muss. »Das würde natürlich alle Zweifel ausräumen«, erwidere ich und verdrehe die Augen. »Haben Sie gerade genervt wegen mir mit den Augen gerollt?« Gespielt entsetzt sieht er mich an und ich unterdrücke ein Grinsen. »Es tut mir leid, Sir. Das war nicht so gemeint.« »Warum nennen Sie mich Sir? Ich bin weder steinalt noch führen wir eine Beziehung auf sexueller Ebene.« Er zieht einen Schmollmund, was zugegebenermaßen schon irgendwie niedlich aussieht. »Sie sind doch bestimmt schon über dreißig.« »So weit sind wir schon? Sie beleidigen mich und trotzdem sprechen wir uns nicht mit Vornamen an?« Er lächelt leicht und hält mir die Hand hin. »Julian.« »Kai«, nenne ich ihm meinen Namen und ergreife seine warme Hand, die soviel größer ist als meine. Mein Blick verweilt auf unseren Händen und ich starre wie gebannt auf seine Hände. »Du kannst meine Hand dann wieder loslassen«, reißt mich Julian mitten aus meinen Gedanken und ich ziehe meinen Arm sofort zurück, als hätte ich mich verbrannt. »I-ich... äh...« »Komm, lass mich dich nach Hause bringen.«

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(417 Wörter)

Taken | Bravertz FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt