»67«

472 52 6
                                    

"Empfindlich"

,,Werd mir jetzt nicht böse, wenn ich dir das sage, aber ich habe eine Feststellung machen können in den letzten Tagen und Wochen, seitdem ich an deiner Seite bin", fing Jungkook an zu erzählen und bekam natürlich sofort die Aufmerksamkeit seines Gegenübers. Es war der Tag, einige Zeit nach ihrem Streit, an dem sie nach der Arbeit gemeinsam am Abend in ein Restaurant gegangen waren, um zu essen. ,,Taehyung, du bist tatsächlich einer der sensibelsten, empfindlichsten Menschen, die ich kenne. Du trägst so viele Gefühle und Emotionen in dir, die du aber nur selten zeigst und ich habe die Befürchtung, dass es an deinem Großvater liegt, der dich jahrelang in diese Persönlichkeit gedrängt hat, dich immer nur von der starken Seite zu zeigen, aber ich denke es ist an der Zeit, diese aufgesetzte Fassade fallen zu lassen und den Mann hervorzubringen, der sich dahinter versteckt. Mir kam er schon vor Augen und genauso sollte es für alle anderen sein, die Teil deines Lebens sind."

Für einen Augenblick schien der Ältere tief in Gedanken zu sein, da er keine Antwort von sich gab, dann aber nickte er lediglich leicht. Und damit begann mehr oder weniger ein Programm der Beiden, in dem Jungkook stets ein Auge auf Taehyung warf, ihn und jedes noch so kleine Bisschen seines Verhaltens genau unter die Lupe nahm, ihn auf Fehler hinwies. Vor allem auf der Arbeit passierte es oft, dass er sich wieder als diese unantastbare Person zeigte, die über allen anderen stand, obwohl er, genauso wie jeder andere, auch nur ein Mensch war. 

Die erste Hürde, die sie aber überbrücken mussten, war die Tatsache, dass der Mann noch nicht wirklich darauf eingestellt war, auf jemand anderen zu hören, der nicht die Stimme in seinen Gedanken oder sein Großvater war. Nun, da sie sich in einer liebenden Beziehung befanden, sollte es eigentlich klar sein, dass Taehyung auch auf Jungkook zu hören hatte, wie dieser ebenso auf ihn hörte.

,,Wenn dich jemand darauf hinweist, dass der Fehler in den Dokumenten durch deine Worte entstanden ist, dann nimm das so hin", meinte der Schwarzhaarige leise und seufzte einmal, während er seine Finger durch das braune Haar seines Freundes gleiten ließ. Es war nun schon sehr spät und sie lagen in ihrem Bett, eng aneinander unter der Decke. ,,Weißt du, manchmal kann es auch dir passieren, dass du einen Fehler machst, wenn du jemandem einen Auftrag gibst und somit kann diese Person es gar nicht besser wissen. Es ist dann nicht deren Schuld und du solltest dich nicht in die Position stellen, keine Fehler machen zu können."

,,Mach ich das wirklich? Also stelle ich mich echt so extrem über die Mitarbeiter?", fragte der Ältere in einem sanften Ton und man hörte direkt heraus, dass er es sich wirklich zu Herzen nahm. Natürlich nicht negativ, aber es brachte ihn dazu, mal über sein Verhalten nachzudenken, das für ihn eigentlich immer normal schien. ,,Wie kann ich damit aufhören? Wie kann ich mich bessern? Ich will nicht, dass alle von mir denken, ich sei irgendwie hochnäsig oder so."

,,Naja, du musst dich nur wirklich drauf einlassen und dann wird das alles schon von selbst in die Wege kommen. Solang du es nicht selbst auch willst, wird sich nichts ändern, aber sobald du weißt, was sozusagen los ist und was anders sein sollte, fügt es sich. Ich bin mir sicher, dass du es relativ schnell besser machen wirst", erklärte Jungkook. Er lächelte schwach und legte seine Hand dabei an die Wange von Taehyung, strich mit seinem Daumen sanft darüber. ,,Ehrlich gesagt, bin ich der festen Meinung, dass es auch nicht lang dauern wird, dass dich alle so sehen, wie ich es tue. Nicht mit der Liebe im Herzen, die ich trage, aber dass ich nicht länger der einzige bin, der diesen unglaublich wundervollen Mann sieht, der ein so großes Herz und eine doch so emotionale Persönlichkeit hat."

Mehr musste auch nicht gesagt werden. Taehyung setzte es sich als Ziel, sich zu bessern und genau das tat er auch, obwohl es anfangs noch einige Schwierigkeiten gab, eben weil sie einen so stressigen Beruf hatten, in dem vieles ganz unerwartet passieren konnte und einen mehr arbeiten ließ, als vielleicht gewollt. So kam er oft bis an den Rand seiner nerven, aber immer hatte er Jungkook an seiner Seite, der für ihn einen Ruhepol bildete und so schaffte er es auch in ganz schwierigen Situationen, einen kühlen Kopf zu bewahren und ruhig zu bleiben.

Das fiel natürlich relativ schnell auch den Mitarbeitern im Büro auf, die sehr erleichtert darüber waren, wie viel angenehmer es nun war, mit dem Chef zusammenzuarbeiten. Genau das hatten sie immer gewollte und genau das hatten sie jetzt erreicht.

,,Herr Kim, kommen Sie später auch zur Feier?", fragte ein Arbeiter. Er war vielleicht schon vierzig Jahre alt, hatte aber noch nicht allzu viele Falten und sah allgemein aus, wie ein ganz typischer, normaler Mann. ,,Wir essen Hühnchen und trinken Soju zur Feier der abgeschlossenen, großen Verträge, die wir diese Woche gemacht haben! Alle sind eingeladen!"

,,Eigentlich habe ich no-", wollte er gerade sagen, aber ohne zu bedenken, was die anderen nun wohl denken würden, schritt Jungkook als sein Sekretär ein und unterbrach seinen Chef somit nun. Nicht aber nur das, er schmiegte sich dabei auch an seinen Arm und lächelte breit bis über alle Ohren. ,,Wir werden auch dabei sein und wir feiern die ganze Nacht!"

Taehyung war nicht der einzige, der ziemlich perplex zum Schwarzhaarigen schaute, das tat gerade nämlich jeder, der im Umkreis war und mithörte, aber letztendlich war es egal, denn sie hatten alle eine unglaublich schöne Zeit. Vor allem Jungkook und Taehyung waren nun wirklich glücklich miteinander.

So glücklich, dass es wohl nichts auf dieser Welt geben konnte, was ihrem Glück in den Weg käme.

–––

Ich glaube ich habe noch nie so lang an einem Kapitel gesessen, wie an diesem, aber auch nur, weil ich zum ersten Mal auf der Terrasse sitze und schreibe und meine Katze war die ganze Zeit so süß, dass ich total abgelenkt war xD

secretary jeon ᵛᵏᵒᵒᵏ Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt