"Näher als zuvor"
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Auch wenn er sein ganzes Leben über immer gelehrt wurde, ab einem bestimmten Alter sich nichts mehr von anderen sagen zu lassen und somit nur noch auf sich selbst zu hören, nahm Taehyung sich die Worte von Jungkook wirklich sehr zu Herzen und war dann tatsächlich für eine ganze Woche nicht zur Arbeit gekommen. Hauptsächlich tat er das, weil irgendwas in ihm sagte, dass er auf jeden Fall dafür sorgen musste, dass der Jüngere sich keine Sorgen mehr machen müsse und dies hatte er auch wirklich erreichen können innerhalb dieser sieben Tage, die sich teils anfühlten wie ein halber Monat, da er es gewohnt war, mehr als die Hälfte seines Tages in einem stickigen Büro zu sitzen, mit ständigem Blick auf irgendwelche Dokumente.
,,Herr Kim! Sie sind wieder da", stellte Jungkook mit beinahe strahlenden Augen und einem fröhlichen Lächeln fest, als er einige Dokumente in das Büro seines Chefs bringen wollte und diesen dann auch dort auffand. ,,Sehen Sie? Diese Woche hat Ihnen sicherlich sehr gut getan, denn Sie sehen um Weiten besser aus als zuvor", bemerkte der junge Mann glücklich. Auch wenn er es nicht zugeben wollte, wusste Taehyung, dass Jungkook von Anfang an recht damit hatte, dass er nach dem Tod der Großmutter die Arbeit für einige Zeit hätte lassen sollen. Da sein Großvater nicht erfahren konnte, was der wahre Grund für die Fehltage seines Enkels war, ging Taehyung direkt am nächsten Tag, nach dem Gespräch mit Jungkook, zurück in das Krankenhaus, um sich dort ein Schreiben zu holen, mit dem er für eine ganze Woche von der Arbeit befreit werden konnte.
In dieser Zeit nutzte er sein Geld auch endlich mal sinnvoll, um einen direkten Termin bei einem äußerst guten Psychologen zu machen, den er in diesem nur sieben Tagen gleich ganze dreimal besuchte, somit auch jetzt schon schnell Fortschritte machte in der Verarbeitung der Sache mit seiner Großmutter. Auch wenn er sie mehr vermisste als je zuvor, lernte er damit umzugehen, dass sie nicht mehr da war und auch, dass es keinen Sinn haben konnte, seinen Schmerz mit Alkohol und Tabak zu verschlucken, wodurch er beides weit hinunter schraubte.
Als sei er ein Anfänger, war die erste Woche, die er dann wieder zur Arbeit ging, relativ schwierig, da all der Stress ihm nun schneller zu Kopf stieg und seine Gedanken immer wieder in Richtung einer Zigarette gingen oder eines Glases voll Whiskey, aber wie es der Zufall wollte, tauchte in diesen Momenten immer wieder ein lebensfroher Sekretär in sein Büro, der manchmal auch einfach nur hineinkam, um sich über irgendwelchen Firmeninternen Klatsch und Tratsch zu unterhalten, dem er sonst gut aus dem Weg ging. Nur zu sehen, wie Jungkook lächelte oder in voller Leidenschaft von den Dingen erzählte, die er bei anderen mitgehört hatte, als seien Taehyung und er gute Freunde, sorgte bei dem Älteren schon dafür, dass er sich wohler fühlte, die Luft nicht mehr allzu stickig erschien und die Gedanken an die Suchtmacher vergingen.
Die ersten Tage über war es nur Jungkook, der immer wieder zu ihm kam. Dann aber, als er sich endlich wohler fühlte und realisierte, dass nichts falsch daran war, ging er hin und wieder auch mal aus seinem eigenen Büro raus, um sich neben den Schreibtisch von Jungkook zu setzen und ihm bei der Arbeit zuzuschauen, ihm auch zu helfen, damit er in Zukunft keine Fehler mehr machen würde, da er nach wie vor sehr unerfahren war.
Weil sie sich aus dem Nichts unglaublich Nahe gekommen waren, hielt Jungkook es auch nur für richtig, seinem Chef jeden Tag etwas zu Essen mitzunehmen, da er ganz genau wusste, dass er sonst aus eigener Hand nicht essen würde. Seitdem er nämlich in die neue Wohnung gezogen war, probierte er jeden Abend neue Rezepte aus und erlangte somit sehr schnell die Fähigkeit zu kochen, freute sich sehr drüber und wollte das auch mit jemand anderem teilen. Da er sonst alleine an seinem Schreibtisch essen müsse, bot es sich einfach nur perfekt an, auch Taehyung das Essen zu machen, sodass sie eine ganze Woche lang gemeinsam im Büro des Chefs aßen.
Unbemerkt blieb dies nicht.
Schnell kursierten allerlei Gerüchte über die Beiden, da sie sich vor kurzer Zeit noch stritten und es jedes Mal in einem einzigen Chaos endete. Jetzt aber saßen sie gemeinsam in dem Büro von Taehyung, aßen zusammen, lachten und unterhielten sich als gäbe es keinen Morgen. Für die anderen Mitarbeiter schien dies wie eine angehende Büroromanze, die man nur aus irgendwelchen, übertrieben schnulzigen Fernsehserien kannte, aber für Taehyung war das dann tatsächlich das, was ihm indirekt, aber auch direkt am Leben hielt. Der nähere Kontakt zu Jungkook, seinem eigentlich unbedeutendem Sekretär, war alles, was er gerade in seinem Leben brauchte, um nicht vollkommen hinunterzufallen.
In seiner Therapie lernte er, dass also all das, was er fühlte und dachte, wenn er Jungkook sah, die Gefühle einer Person waren, die sich in jemand anderem verguckt hatten und so war er sich wirklich sicher damit, dass er etwas für den Jüngeren empfand. Auch wenn er es irgendwie nicht wirklich wahrhaben wollte, sich in so kurzer Zeit dann auch noch in seinen eigenen Sekretär verliebt zu haben, konnte er es auch nicht weiter abstreiten. Akzeptieren wollte er es aber nicht, weil er ganz genau wusste, dass es nie eine gute Idee war, wenn zwei Leute, die so eng miteinander zusammenarbeiteten, eine romantische Beziehung eingingen, weshalb er so gut es nur ging versuchte, die Gefühle zu verdrängen und vergessen.
Weiterhin war er sich auch ziemlich sicher dabei, dass er kein Mann war, für den Jungkook in diese Richtung etwas empfinden würde, da er gleich zu Beginn ausdrückte, auf welche Weise er seinen Chef denn als Attraktiv sah. Dies sollte wohlmöglich nur eine Freundschaft bleiben, dachte er sich.
Bei dem Gedanken an ihr erstes Gespräch, kam ihm dann auch die bescheuerte Wette in den Sinn. Weil Taehyung sich seiner Gefühle nun sicher war, wollte er die Wette fallen lassen, weil er sich einfach nicht wohl bei dem Gedanken fühlte, dass all die netten Gesten Jungkooks vielleicht nur eine Versuch sein konnten, den Älteren zu Verführen, um sich die feste Stelle in der Firme zu ergattern, die er auch so bekäme. Noch wusste er aber nicht, wie er das seinem Sekretär erzählen sollte und behielt es daher für sich, lachte bei den Witzen mit, die Jungkook machte und genoss dabei das Essen, dass man ihm mitgebracht hatte.
Jemand Anderes war da nun eher weniger erfreut drüber, dass die Beiden sich nun näher gekommen waren.
,,Ich muss schneller handeln, sonst wird das nichts", murmelte Namjoon leise, als er aus der Ferne mit beobachtete, wie Jungkook und Taehyung sich mittlerweile so nah gekommen waren, dass sie so viel miteinander lachten.
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Was Namjoon wohl vorhat?
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secretary jeon ᵛᵏᵒᵒᵏ
Fanfic»Für gewöhnlich schlief man nicht mit seinem Chef, aber Jungkook war das ziemlich egal. Ein Taboo in der Gesellschaft, weil sie beide Männer waren und obendrein auch noch eine verzweifelte, einseitige Liebe. Alle Karten standen gegen ihn, die Hoffnu...