Nach dem Frühstück war es so weit: Die Gäste reisten wieder ab. Die Freunde der Tafelrunde waren alle mit ihren Familien beschäftigt, um die letzten gemeinsamen Momente zu genießen. Es wird kein Abschied auf ewig sein, den bald war Sonnenwende und die Knappen und die Prinzessin würden für zwei Monate nach Hause fahren, um sie in der Heimat zu feiern. Außer Sagramor, für den sich die lange, gefährliche Reise nach Griechenland und zurück nicht lohnte.
Auch Korena und William mussten abreisen. Williams Vater erwartete hohen Besuch, für den sein Sohn und seine Gattin anwesend sein mussten. Das Königspaar Orkaniens hatte lange diskutiert. Ihr Königreich war nun schon seit vier Tagen königlos. Eigentlich mussten sie zurückkehren, doch Juna weigerte sich. Medusa hatte ihnen klar gemacht, dass Gawain in Lebensgefahr schwebte und sie wollte ihren Sohn nicht allein lassen. Sie einigten sich darauf, dass sie noch zwei Tage bleiben würden und Lott dann nach Hause reisen würde, mit oder ohne seine Frau.
Korena und William betraten das Zimmer der Knappen, um sich zu verabschieden. Korena drückte ihre Eltern fest an sich.
„Bitte haltet mich auf dem Laufenden", bat sie ihre Eltern mit Tränen in den Augen.
„Klar, Schätzchen, ich schreibe dir", versicherte die Königin ihrer Tochter.
Dann trat Korea an das Bett, in dem Gawain lag, welcher zu schlafen schien. Sie strich ihm durch die Haare.
„Tschüss, Gawain. Du bist stark, du schaffst das."
Sie blickte noch einige Momente in das blasse Gesicht ihres kleinen Bruders, bevor sie sich lösen konnte, sich noch einmal von ihren Eltern verabschiedete und mit William den Raum verließ.
„Jetzt sind sie weg", sagte Sagramor betrübt und blickte in die Gesichter seiner Freunde, die ebenfalls ihre Familie verabschieden mussten.
„Kommt schon, Freunde, so tragisch ist das nicht", versuchte Arthur sie aufzuheitern.
„Du hast gut reden", entgegnete Sagramor schnippisch.
„Ich bin dafür, nach Gawain zu sehen und danach etwas Schönes zu unternehmen, das lenkt euch ab."
Tristan, Guinivere und Sagramor nickten zustimmend und machten sich auf den Weg zu Gawain.
Morgan und Medusa waren ebenfalls dort. Medusa wollte nachsehen, ob das Fieber gesunken war. Sie waren allein, da sich seine Eltern für einen Spaziergang entschieden hatten.
„Mist! Ich habe den Trank vergessen", rief Medusa plötzlich aus. „Kannst du, solange ich ihn holen gehe, das Knie nochmal mit der Salbe einreiben?"
„Klar, mach ich."
Medusa verließ schnell das Zimmer, um den Nachschub des Tranks zu holen. Morgan nahm die Salbe vom Tisch und setzte sich auf den Hocker neben dem Bett. Sie blickte kurz ins Gesicht des schlafenden Ritterschülers, bevor sie sich ans Werk machte. Sie war froh zu sehen, dass die Schwellung bereits etwas zurückgegangen war. Plötzlich regte sich Gawain.
„Korena?" Seine Stimme war schwach und rau, da sie so selten benutzt wurde. Er schlug seine Augen auf und blickte sich suchend im Zimmer um.
„Ähm, nein. Ich bin es, Morgan. Deine Schwester ist abgereist, tut mir leid."
Mit müden, grauen Augen fixierte Gawain sich nun auf Morgan.
„Oh", entgegnete er nur enttäuscht, „mir ist übel."
„Medusa kommt gleich, sie kann dir bestimmt helfen."
„Meine Eltern?"
„Die sind geblieben, sie kommen bestimmt auch gleich wieder."
Morgan war verwundert, als sich Gawains ernstes Gesicht plötzlich zu einem Grinsen verzerrte und er begann zu kichern. „Morgan, du bist lustig."
Morgan wusste nicht, wie sie reagieren sollte und starrte Gawain nur verwirrt an. Was hatte sie denn so Lustiges gemacht?
„Ich mag dich", fuhr Gawain fort. Morgan lief rot an und grinste ihn glücklich an. Doch gerade, als sie ihm sagen wollte, dass sie ihn auch mochte, flog die Tür schwungvoll auf und die beiden zuckten erschrocken zusammen. Der Rest der Tafelrunde trat herein und wurde von einem wütenden Blick von Morgan begrüßt.
„Das könnt ihr doch nicht machen! Er hat sich furchtbar erschrocken!"
„Er oder du?", hakte Sagramor frech grinsend nach.
„Entschuldigung, Morgan. Wir hätten anklopfen sollen." Entschuldigend legte Arthur ihr eine Hand auf die Schulter.
„Na, Gawain. Wie geht es dir?" Tristan trat mit den anderen ebenfalls an das Bett heran, als er mit Freude bemerkt hatte, dass Gawain endlich wach war.
Gawain zuckte nur mit den Schultern und sah dann wieder zu Morgan und grinste.
„Was ist denn mit dem los?", fragte Sagramor verwundert.
Da sprang die Tür ein zweites Mal auf und Medusa trat herein.
„Oh, ihr auch hier? Hallo, Sagramor."
„Hallo", winkte der Grieche ihr steif zu.
„Medusa! Gut, dass du da bist", unterbrach Morgan, „ihm ist übel und er ist irgendwie komisch."
„Gawain, du bist wach. Wie geht es dir?"
Gawain hörte auf zu grinsen, wandte sich Medusa zu und starrte sie sauer an. „Wieso fragt mich das jeder?"
„Ach, ich sehe schon was du mit komisch meinst. Das sind das Fieber und die Kräuter. Wenigstens redet er, die Therapie schlägt also an."
Medusa füllte den Becher mit dem Trank.
„Hier, trink das."
„Ich helfe dir", sagte Morgan schnell, als sie bemerkte, dass Gawain selbst damit Probleme hatte, den Becher zu halten. Sie legte ihren rechten Arm behutsam unter seinen Kopf und hob ihn etwas an. Mit der linken Hand umschloss sie Gawains, vor Anstrengung zitternde, Hand, die den Becher hielt und stabilisierte sie somit. Sie half ihm dabei, den Becher langsam zu seinem Mund zu führen. Gawain nahm ein paar Schlucke und wandte währenddessen seinen Blick kein einziges Mal von Morgan ab. Als er fertig war, stellte sie den Becher wieder ab und ließ seinen Kopf behutsam zurück in das Kissen sinken. Plötzlich wurde er kreidebleich und verzog sein Gesicht. Medusa reagierte blitzschnell.
„Den Eimer! Schnell!"
„Armer Gawain", sagte Arthur, als er und seine Freunde sich auf den Weg in die Ställe gemacht hatten. Guinivere und Tristan nickten zustimmend, nur Sagramor zeigte keine Reaktion. Geknickt schlich er hinter seinen Freunden her. Arthur bemerkte dies als Erster und drehte sich besorgt zu dem Griechen um.
„Sagramor, was ist?"
„Ich bin schuld", antwortete der dunkelhaarige nur, wodurch er schließlich auch die Aufmerksamkeit der anderen beiden auf sich zog. Sie blieben alle stehen und blickten ihren kleinen Freund mitleidig an.
„Das stimmt nicht und das weißt du auch", versuchte es Guinivere.
„Ach ja? Wer hat Gawain durch seine Klinge verletzt?"
„Ja, schon, aber er wollte ungeschützt kämpfen. Er hätte genauso dich verletzten können", versuchte sie es weiter.
„Sagramor." Tristan legte tröstend einen Arm um seine Schultern. „Gawain ist dir nicht böse, also solltest du es auch nicht sein. Komm, wir gehen ausreiten, das bringt dich auf andere Gedanken."
Widerwillig folgte Sagramor seinen Freunden in die Ställe. Egal, was sie ihm einreden wollten, er fühlte sich schuldig und das würde sich so lange nicht ändern, bis er einen Weg gefunden hatte, es wieder gut zu machen.
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Wilde Rose
FanfictionRitter werden! Das ist Gawains Ziel, welchem er, zusammen mit seinen Freunden, in der Ritterschule auf Camelot immer näher kommt. Zusammen mit Sagramor, Tristan, Arthur und Guinivere bildet er die Tafelrunde, die vor bald drei Jahren von ihnen gegrü...