Wilde Rose- Kapitel 20

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Es war schon düster. Gawain stand im Wald. Um ihn herum nichts als Bäume. Er hörte nur seinen eigenen Atem und den Wind, der durch die Blätter streifte. Das Schwert hatte er bereits gezogen. Irgendetwas stimmte nicht. Sein ganzer Körper war angespannt und bereit, sich zu verteidigen.

Er zuckte zusammen, als ein Rascheln an seine Ohren drang. Augenblicklich umschloss er den Griff seines Schwertes noch fester und blickte sich panisch um. Seine Augen fixierten sich auf einen Punkt im Schatten der Bäume. Dort stand eine Silhouette. Die Silhouette eines ... Pferdes?

Mit erhobenem Schwert setzte er sich in Bewegung. Langsamen Schrittes trat er auf das Tier zu. Als er schon fast davorstand, bemerkte er etwas Komisches am Aussehen des vermeintlichen Pferdes. Doch, bevor der Knappe darüber nachdenken konnte, ertönte ein schrecklich schriller Schrei, der an eine Mischung aus einem Wiehern und Zischen erinnerte.

Das Wesen sprang aus dem Schatten hervor und stürmte auf Gawain zu. Geschockt hob der Ritterschüler sein Schwert, bereit, um sein Leben zu kämpfen. Das Wesen machte einen letzten Satz, die beiden Kontrahänden waren kurz davor aufeinanderzutreffen, als ein stechender Schmerz sein Bein durchfuhr und ein entsetzter Schrei seiner Kehle entfloh.

Schlagartig öffnete Gawain seine Augen, sein Atem ging schnell und er schwitzte. Medusa und Morgan lehnten mit ihrem ganzen Gewicht auf seinem Bein. Beide schauten ihn verwirrt an. Der Knappe sah sich mindestens genauso verwirrt um, bis er realisierte, wo er sich wirklich befand.

„Schlecht geträumt?" Medusa guckte ihn mitleidig an.

Gawains Atem beruhigte sich wieder und sein Körper entspannte sich, nur sein Knie pochte noch immer.

„Du musst dein Knie ruhighalten", erklärte Medusa und die Mädchen ließen sein Bein los.

Lustig, dachte er, wie soll ich das im Schlaf kontrollieren?

„Geht es wieder?", fragte Morgan besorgt. Gawain nickte nur tief in Gedanken. Es hatte sich so echt angefühlt.

„Wenigstens wissen wir jetzt, dass wir dich noch nicht aufstehen lassen sollten." Medusa lächelte, halb scherzend, halb bedauernd.

„Schade," steuerte auch Morgan mitleidig bei.

Medusa packte die frischen Kräuter aus dem Korb, um sie zu verarbeiten. Sie warf Morgan einen fordernden Blick zu. Morgan starrte erst nur verwirrt zurück, doch verstand dann und setzte sich neben das Bett.

„Willst du mir erzählen, was du geträumt hast? Schien ziemlich intensiv gewesen zu sein."

Gawain lachte ironisch auf. Wenn sie wüsste.

„Ne, lass mal. Es ist nicht der Rede wert."

„Okay, wie du meinst. Medusa hat mir gesagt, dass sie dich bald aufstehen lassen will. Auch, wenn es offensichtlich nicht heute sein wird." Morgan guckte Gawain aufmunternd an. Dieser lächelte auch kurz, doch seine Begeisterung schien sich in Grenzen zu halten.

„Was ist denn los mit dir? Hast du Schmerzen?"

„Nein, alles gut."

„Okay, ähm ..." Morgan blickte hilfesuchend zu Medusa, welche kurz rüber schielte, doch sich gleich wieder ihren Kräutern zuwandte.

„Brauchst du vielleicht etwas anderes?", versuchte es die Zauberschülerin erneut und hoffte auf ein Gespräch, doch Gawain schüttelte nur mit dem Kopf. Nervös spielte sie mit ihren Fingern. Wie sollte sie es ansprechen? Sollte sie es überhaupt tun?

„Also soll ich gehen? Oder willst du, dass ich bleibe?"

Wieder nur ein Nicken, doch Morgan lachte auf. Das war das informativste Gespräch, was sie jemals geführt hatte. „Gawain, das war eine entweder oder Frage, dein Nicken bringt mir da gar nichts."

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