Wilde Rose- Kapitel 41

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Die nächsten Tage wurde die Stimmung auf Camelot nicht besser und jeder ging seinen Weg.

Tristan hatte sich zurückgezogen und tüftelte an seinem Plan. Arthur und Guinivere blieben unter sich. Sagramor war meistens bei Medusa und entzog sich seinen Freunden.

Morgan wuselte bei Merlin herum und suchte nach Zutaten für den Zaubertrank. Auch im Wald war sie oft unterwegs, um nach magischen Pflanzen zu suchen. So auch heute.

„Morgan, was für ein Zufall."

Suchend blickte sich Morgan nach der Stimme um. „Medusa, was machst du denn hier?", fragte sie freudig, als sie ihre Freundin mit einem Korb auf sich zulaufen sah.

„Kräuter sammeln, was sonst?"

„Das hätte ich mir denken können", lachte Morgan und umarmte die Heilerin zur Begrüßung.

„Was machst du hier so allein im tiefen Wald?"

„Zauberkräuter sammeln", erklärte Morgan mit gehobenem Zeigefinger.

„Ohhhh", bemerkte Medusa gespielt überrascht und die Mädchen lachten auf.

„Ich bin so glücklich!", rief Morgan fröhlich aus und warf ihre Hände in die Luft.

„Ich sehe es, warum das?", fragte Medusa und sah lächelnd dabei zu, wie sich ein breites Grinsen über Morgans ganze Gesicht ausbreitete.

„Es ist Vollmond."

„Okay? Sollte ich Angst bekommen?", scherzte die Heilerin, die den Zusammenhang noch nicht verstand.

„Quatsch, heute ist es so weit. Heute werde ich die letzte Zutat besorgen können."

„Ach, ich verstehe. Du willst es also wirklich durchziehen?"

„Ja!"

Medusa wusste nicht so recht, was sie vom Plan der jungen Zauberin halten sollte. Es war angeblich gefährlich und Medusa war sich nicht sicher, ob Morgan mit magisch erzeugter Liebe wirklich glücklich wird. Wobei es in diesem Falls ja nicht wirklich magisch erzeugt wurde, sondern sich nur festigte.

So oder so sagte sie nichts mehr dazu. Morgan schien wild entschlossen. Medusa musste auf ihre magischen Fähigkeiten, sowie ihren Verstand vertrauen und ihre Freundin einfach machen lassen.

Die Mädchen begaben sich nach Camelot, wo sie auf Sagramor trafen, der gerade das Training beendet hatte.

„Hey, wollt ihr mit mir zu Mittag essen? Sonst sitze ich ganz allein da", wollte er wissen, nachdem er Medusa zur Begrüßung umarmt hatte.

„Also ich bin dabei. Was ist mit Tristan?", fragte die Heilerin.

„Der hat irgendetwas von einer Generalprobe geredet und ist abgehauen. Morgan, was ist mit dir? Isst du mit?"

„Ja, gerne. Aber ... was ist mit Gawain?"

„Der hat sich wieder im Zimmer verschanzt. Seitdem er weiß, dass du zurück bist, kommt er nur noch zum Training raus. Sein Essen nimmt er mit hoch."

„Oh." Traurig und etwas schuldbewusst senkte sie den Kopf, doch schnell formte sich ein Grinsen auf ihren Lippen und sie sah Sagramor mit entschlossenem Blick an. „Morgen wird alles besser, das verspreche ich. Bis gleich zum Essen." Mit diesen Worten eilte sie ins Baumhaus davon.

Sagramor blickte ihr verwirrt hinterher, dann sah er fragend seine Freundin an.

„Frag nicht", stöhnte diese jedoch nur, hakte sich bei ihm ein und zog ihn mit in ihr bescheidenes zu Hause, um die Kräuter zu verstauen.

Vorsichtig öffnete Gawain die Tür zum Speiseraum für die Knappen und Ritter. Mit Erleichterung stellte er fest, dass er leer war.

Schnell schlüpfte er hinein und hinüber zum Topf, indem das Mittagessen wartete. Er schnappte sich eine Schüssel und befüllte diese großzügig. Auf dem Weg zur Tür schnappte er sich noch schnell einen Löffel und ein Stück Brot, das er zum Transport in seinen Mund steckte.

Gerade als er die Türe öffnen wollte, sprang diese auf. Schockiert blickte er in hellbraune Augen, die erschrocken zurückstarrten.

„Ich habe dich so lange nicht mehr gesehen", hauchte Morgan, als sich bereits Tränen in ihren Augen formten.

Gawain musste schwer schlucken. Er stand da, starrte sie mit dem Brot im Mund an und wagte es nicht, sich zu bewegen.

„Morgen wird alles besser", flüsterte sie mehr zu sich selbst als zu Gawain. Sie trat langsam zur Seite und deutete Gawain mit der Hand, dass er an ihr vorbei gehen konnte.

Nach einem kurzen Moment nahm Gawain das Angebot an und flüchtete durch die Tür, die ihm von Morgan aufgehalten wurde.

Es war bereits dunkel. Gawain konnte wieder einmal nicht schlafen. Er saß am Fenster und sah auf den Schlosshof. In der Hand hielt er Morgans Anhänger. Der helle Vollmond stand hoch am Himmel und tauchte alles in ein sanftes, silbernes Licht. Die ersten Wolken zogen auf, bald würde ein Sturm kommen.

Hinter ihm schnarchte Sagramor und auch Tristan lag friedlich in seinem Bett und schlief.

Morgan würde den Anblick des Mondes lieben, dachte er und musste bei der Vorstellung, sie gerade bei sich zu haben, lächeln.

Die junge Zauberin wusste die Schönheiten der Natur zu schätzen. Sie hatte Gawain in der kurzen Zeit, die sie zusammen waren, die Augen geöffnet. Auch er nahm die Natur nun viel mehr wahr, respektierte sie und ihre Bewohner.

Da erweckte ein Schatten seine Aufmerksamkeit. Eine zierliche Gestalt mit einem langen, dunklen Umhang und einer Kapuze huschte über den Hof hinüber zum Tor. Als sie gerade hindurchlaufen wollte, blieb sie noch einmal kurz stehen und drehte sich um.

Das war doch ... Gawain beugte sich weit aus dem Fenster, um das Gesicht besser erkennen zu können, welches vom fahlen Mondlicht beschienen wurde.

„Morgan?", flüsterte er erschrocken, als die Gestalt sich auch schon wieder umdrehte und aus dem Schloss zum Wald rannte.

Was tut sie da? Ein Sturm zieht auf und wer weiß, was in diesem Wald alles lauert, dachte er noch panisch, bevor er schnell aufsprang und in eine Hose und ein Hemd schlüpfte. Schnell lief er aus der Tür und zog sie so leise wie möglich hinter sich ins Schloss.

Gerade als er durch die große Türe auf den Schlosshof laufen wollte, blieb er stehen. Was tat er hier eigentlich? Sie wollte ihn sicher nicht sehen. Sie konnte auf sich selbst aufpassen. Doch irgendetwas sagte ihm, dass er handeln musste.

Merlin stand auf der Burgmauer. Der alte Zauberer lächelte, als er den Knappen dabei beobachtete, wie er hastig in den Stall rannte. Er wollte nie, dass es so weit kam, doch nun gab es kein Zurück mehr und die erste Hürde war bereits geschafft.

Der Ausdruck von Besorgnis breitete sich in seinem Gesicht aus, das würde für beide nicht einfach werden.

„Viel Glück, junger Knappe. Möge dein Mut dich nicht verlassen und dein Schild und Schwert dir gute Dienste leisten."

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