Es hatte sich wie eine Ewigkeit angefühlt, wie Gawain dort vor dem Kamin kniete und in die Flammen starrte. Vom Säckchen schon längst nichts mehr übrig.
Die innere Leere, die sich in ihm breit gemacht hatte, wurde schnell von Wut übermannt. Wut auf Morgan und ihr blödes Säckchen, das sie verraten hatte. Wut auf seine Mutter, die unbedingt rumschnüffeln und ihn verpetzen musste. Wut auf sich selbst, nicht genügend aufgepasst zu haben. Doch die größte Wut galt seinem Vater, der es heute zweimal geschafft hatte, diesen Tag zu dem schlimmsten in seinem Leben zu machen.
Von dieser Wut getrieben, sprang er auf und trat mit geballten Fäusten einen Schritt auf seinen Vater zu, der ihn warnend ansah. Gawain starrte nur zurück und der ganze Raum schien kalt zu werden, als die grauen Augen aufeinandertrafen. Die Augen, die so gleich schienen, die Welt jedoch so unterschiedlich sahen.
Schwer atmend und mit aufeinandergebissenen Zähnen stapfte Gawain zur Tür, vor der seine Mutter stand, die fassungslos und mit glasigen Augen zwischen ihrem Sohn und Mann hin und her sah.
„Gawain", sagte sie leise und wollte ihren Sohn aufhalten, um das alles zu klären, doch dieser stieß sie nur ruppig zur Seite, sodass die Königin ins Stolpern kam.
„Lass mich", grummelte er bedrohlich, wie Juna ihn noch nie erlebt hatte. Als sie in seine Augen sah, erschrak sie heftig über die Bitterkeit, die sie widerspiegelten. Den Tränen nah, sah sie ihrem Sohn nach, der schnell die Treppen hinaufeilte, gefolgt von einem lauten Knall seiner Zimmertür.
„Juna, alles okay?" Sie wurde aus ihrer Trance gerissen, als Lott mit schnellen Schritten auf sie zukam. Doch die Königin wich zurück. Sie verspürte etwas, was sie gegenüber ihrem Ehemann noch nie verspürt hatte.
„Nein! Lott bleib weg", wimmerte sie, ihre Stimme von Angst erfüllt.
„Juna, was ...?"
„Ich schlafe heute im Gästezimmer. Lass mich bitte in Ruhe."
Beim Anblick seiner verängstigten Frau, wurden die Gesichtszüge des Königs plötzlich ganz weich. Was hatte er bloß getan?
„Morgan?" Aufgeregt betrat Arthur das gemeinsame Zimmer von ihm und der jungen Zauberin und blickte sich suchend um. Als er vorsichtig hinter die Trennwand lugte, sah er, dass Morgan mal wieder im Bett saß und traurig an einem Säckchen rumspielte.
„Morgan? Alles in Ordnung? Machst du dir immer noch Gedanken darüber, warum du keine Nachrichten von Gawain empfängst?"
Erst reagierte Morgan gar nicht, bis sie aufstöhnte und schließlich nickte, ohne aufzusehen.
„Ach, komm schon. Das ist doch schon ein Mond her. Der Zauber hat seine Wirkung einfach schneller verloren, als du dachtest."
„Arthur, überleg doch mal. Merlin hat es gezaubert", sagte Morgan schnippisch und betonte den Namen des Zaubermeisters dabei besonders. Sie sah Arthur genervt an. „Irgendetwas stimmt da nicht."
„Was soll denn passiert sein?" Mitfühlend lächelte Arthur sie an und setzte sich zu ihr in das Bett.
„Vieles! Vielleicht geht es ihm nicht gut, wegen seinem Knie, oder jemand anderes hat das Säckchen in die Finger bekommen, sie könnten überfallen worden sein und er lebt gar nicht mehr, oder das schlimmste ... er hat es sich anders überlegt und mag mich nicht mehr", zählte Morgan panisch auf und bekam dabei ganz große Augen, während ihre Hände wild herum gestikulierten.
„Morgan, jetzt halte mal die Luft an! Es gibt sicherlich eine sinnvolle Erklärung, die Gawain dir bald selbst liefern kann. Hast du es schon vergessen? Sie kommen heute aus den Ferien", teilte der Knappe freudig mit.
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Wilde Rose
FanficRitter werden! Das ist Gawains Ziel, welchem er, zusammen mit seinen Freunden, in der Ritterschule auf Camelot immer näher kommt. Zusammen mit Sagramor, Tristan, Arthur und Guinivere bildet er die Tafelrunde, die vor bald drei Jahren von ihnen gegrü...