Wilde Rose- Kapitel 24

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„Wow, das sieht wunderbar aus", rief Morgan aus, als sie zusammen mit Gawain, Sagramor und Medusa die Tafelrunde erreichte. Sie war gut eingedeckt mit den Sachen, die die Freunde aus dem Schloss stibitzt hatten.

Es waren sieben Teller gerichtet mit goldenen Trinkpokalen. Wer auch immer diese hatte mitgehen lassen, musste einen großen Leichtsinn und viel Mut besitzen. Morgan tippte sofort auf Gawain. Um die runde Tafel waren Fackeln gesteckt, die später entzündet werden sollten. Es war perfekt.

Sie ließen sich auf den Sitzsteinen nieder und begannen fröhlich durcheinanderzureden. Arthur reichte einen Krug mit Medusas Tee herum, von dem sich jeder etwas einschenkte. Als jeder seinen Becher gefüllt hatte, hob Arthur seinen in die Höhe.

„Freunde! Unser drittes Jahr auf Camelot neigt sich dem Ende zu. Auch dieses Jahr haben wir wieder viele Abendteuer miteinander erlebt und diese Welt etwas gerechter gemacht. Ich bin froh, euch als Freunde zu haben und auch im nächsten Ausbildungsjahr wieder an eurer Seite zu kämpfen. Auf die Tafelrunde!"

„Auf die Tafelrunde!", erwiderten alle im Chor und hoben ihre Becher, während sie ihrem Anführer entgegen grinsten.

„Lasst uns feiern. Das Buffet ist eröffnet!", rief Sagramor und stürzte sich sogleich auf das Essen. Die anderen schmunzelten kurz, bevor sie es ihm gleichtaten und ihre Teller beluden.

Nach dem Essen dämmerte es bereits und die Knappen entzündeten die Fackeln, wodurch der Steinkreis in ein sanftes, flackerndes Licht getaucht wurde. Die Stimmung erreichte ihren Höhepunkt. Tristan schnappte sich seine Laute und begann zu spielen. Es war eine seiner eigenen Kompositionen. Die Ode an die Freuden wurde ihrem Namen gerecht, sobald Tristan die ersten Takte der fröhlichen Melodie spielte.

Arthur und Guinivere warfen sich einen kurzen Blick zu, bevor sie aufsprangen und anfingen, wild miteinander zu tanzen. Sagramor guckte ihnen kurz zu, bevor er mit entschlossenem Blick selbst aufstand.

„Meine Dame?" Er wandte sich vornehm an Medusa, die ihn anstrahlte, und blickte sie auffordernd an. „Darf ich Sie zum Tanze auffordern?", fragte er und reckte ihr eine Hand entgegen, während er die andere hinter seinem Rücken hielt und sich leicht verbeugte. Medusa kicherte und lief rot an.

„Gerne", antwortete sie schüchtern und nahm seine Hand. Sagramor zog sie auf die freie Fläche, die als Tanzfläche diente und nach anfänglichem Zögern wurde auch ihr Tanz ausgelassener.

Morgan guckte ihren Freunden breit grinsend zu. Sie schielte zu Gawain hinüber der die anderen ebenfalls mit einem Grinsen beobachtete. Morgan räusperte sich einmal und blickte Gawain erwartungsvoll an, der jedoch nur zurückstarrte, das Grinsen langsam verschwindend.

„Komm schon, Gawain", forderte sie ihn auf.

„Was?"

„Du weißt es genau", wiederfuhr Morgan etwas schnippisch.

„Ich tanze nicht", sagte Gawain nur und wich ihrem Blick aus, als wäre die Diskussion schon beendet.

„Ich will aber! ", erwiderte Morgan, wie ein kleines Kind, das keine Kekse bekommt.

„Ich werde dich nicht davon abhalten." Er nippte gleichgültig an seinem Getränk , was Morgan wütend machte.

„Gawain! Ich werde nicht allein tanzen."

„Schade, sieht bestimmt gut aus."

„Komm schon, bewege dich!" Frustriert sprang die junge Zauberin auf und versuchte, den Knappen von seinem Platz zu schucken. Doch Gawain musste sich nicht einmal groß anstrengen, um genau dort sitzen zu bleiben, wo er war, während Morgan sich mit ihrem gesamten Gewicht gegen ihn lehnte.

Resigniert gab Morgan sich geschlagen und setzte sich mit saurem Gesicht und verschränkten Armen zurück auf ihren Platz. Gawain grinste selbstgefällig, doch als er in Morgans Gesicht sah, konnte er neben der Wut auch die Enttäuschung erkennen und bekam augenblicklich ein schlechtes Gewissen.

„Na gut, dann komm." Gawain stand auf und verdrehte die Augen. Morgans Gesicht erstrahlte vor Freude. Sie harkte sich bei ihm ein und sie gesellten sich zu den anderen.

Gawain bewegte sich nur minimal und sehr steif. Es war ihm peinlich und er fühlte sich beobachtet. Was wird Morgan nur über ihn denken?

Guinivere rannte zu Tristan und flüsterte ihm etwas zu. Er nickte begeistert und hörte einen Moment auf zu spielen, bevor er eine neue, wesentlich langsamere Ballade begann.

Guinivere und Arthur gingen in einen Walzer über, Medusa schmiegte sich sachte an Sagramor, dem es sichtlich zu gefallen schien, nur Gawain stand Morgan wie angewurzelt gegenüber.

Morgan nahm seine Hände und begann, sich langsam hin und her zu wiegen. Gawain blickte unsicher auf sie herab, während sie ermutigend zu ihm hinauflächelte. Sie führte seine Hände und platzierte sie auf ihrer Hüfte, während sie die eigenen auf seine Schultern legte und weiter hin und her schaukelte. Gawain starrte sie einige Momente an, doch festigte seinen Griff endlich und begann sich synchron zu seiner Partnerin zu bewegen.

Auf einmal wurde die Musik immer schneller. In Gawains Augen blitzte es auf und es formte sich ein wildes Grinsen auf seinen Lippen. Allmählich übernahm er die Führung und tätigte irgendwelche Tanzschritte, während Morgan nur hilflos hinterher stolperte.

Doch ... sie kannte diesen Tanz. Die Überraschung schlug schnell in Freude um. Sie blickte in das ausgelassene Grinsen ihres Freundes, welches sie sofort erwiderte. Die beiden fingen an, förmlich über die Wiese zu wirbeln. Die anderen warfen ihnen kurz verwunderte Blicke zu, bevor sie sich wieder ihren eigenen Tänzen widmeten.

„Gawain ... stopp ... ich kann nicht mehr", japste Morgan glücklich, während sie verzweifelt versuchte, Luft zu holen. Gawain blieb augenblicklich stehen und grinste sie frech an.

„Jetzt schon?"

Morgan gab ihm einen spielerischen Klaps auf den Oberarm und die beiden begaben sich an ihre Plätze, um etwas zu trinken. Als Morgan ihren Atem wieder beruhigt hatte, guckte sie den Knappen skeptisch an.

„Du kannst also tanzen?"

„Klar, meine Mutter hat mir so einiges beigebracht."

„Wie süß. Den Tanz habe ich zuletzt mit meinem Vater getanzt." Traurig blickte sie in die schönen, grauen Augen des Knappen, der ihr ein betrübtes Lächeln schenkte. „Dann war es mal wieder an der Zeit."

Einen schönen Moment guckten sich die beiden tief in die Augen, als Morgan etwas einfiel. „Gawain, ich habe etwas für dich", durchbrach sie flüsternd den Augenblick und stand auf, um sich von den anderen zu entfernen. Gawain folgte ihr schnell, als sie sich eine Fackel schnappte und damit in den Wald lief.

Auf einer Lichtung, gerade weit genug von der Tafelrunde entfernt, blieb sie stehen und wartete, bis auch der Knappe sie erreicht hatte.

„Hier", sie griff in ihre Tasche und zog einen Samtbeutel hervor. Diesen überreichte sie Gawain und wartete gespannt auf seine Reaktion. Er nahm den Beutel entgegen und begutachtete ihn fragend. Er war weich und braun mit einer Stickerei einer roten Rose auf der Vorderseite. Er fühlte nach dem Inhalt, doch da war nichts.

„Ähm ... der ist leer."

„Das gehört so, du Dummerchen", kicherte Morgan, als sie das verwirrte Gesicht ihres Freundes erblickte. „Das sind magische Beutel. Ich habe auch so einen. Merlin hat sie verzaubert. Du kannst einen Brief schreiben, ihn hineinstecken und er erscheint in meinem, ohne große Wartezeit. Das funktioniert natürlich auch in die andere Richtung. Leider hält der Zauber nur für die zwei Monde und Merlin meinte, es sei eine einmalige Sache, da der Zauber sehr kompliziert ist."

Ungläubig guckte Gawain sie an. Das musste er erst einmal verarbeiten.

„Ach klar, wie konnte ich das nicht erkennen?", fragte er sarkastisch. Morgan musste über die Bemerkung lachen, das konnte er nun wirklich nicht wissen. „Danke, Morgan." 

Gawain nahm ihr die Bezeichnung als Dummerchen nicht böse, dafür war er viel zu gerührt und glücklich über dieses Geschenk und diese große Möglichkeit, in engen Kontakt zu bleiben. Verträumt blickte er ihr in die Augen und begann sich Morgan wie zuvor im Baumhaus zu nähern. Sie schloss erwartungsvoll ihre Augen und wartete diesmal nicht umsonst. 

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