Wilde Rose- Kapitel 21

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Morgans gesamter Körper kribbelt, es war ein angenehmes Kribbeln. Gawain wehrte sich nicht, doch er erwiderte den Kuss auch nicht. Nach wenigen Augenblicken ließ Morgan wieder von ihm ab. Sie blickten sich gegenseitig tief in die Augen, bis sie sich beide mit hochrotem Kopf voneinander abwandten.

Da trat Medusa aus dem Baumhaus, zwei dampfende Tassen Tee in den Händen. Als sie die beiden erblickte, fiel ihr das Lächeln aus dem Gesicht. Verwirrt zog sie die Augenbrauen nach oben und wusste nicht so recht, was sie tun sollte. Sie beschloss es war am besten, so zu tun, als wäre alles normal und trat an die Bank heran, um ihren Tee zu übergeben.

„Hier, euer Tee." Sie drückte beiden eine Tasse in die Hand. Kurz guckten sie sie an, dann sich gegenseitig und schließlich auf die Tassen in ihren Händen. Medusa wusste, dass hier irgendetwas vorgefallen war und sie war entschlossen herausfinden was.

Nachdem sie wortlos den Tee getrunken hatten, halfen die Mädchen Gawain zurück ins Bett. Morgan ging mit Merlin in den Wald, um magische Pflanzen zu studieren. Medusa kam es schon fast so vor, als würde ihre Freundin es begrüßen, Camelot verlassen zu können. Es kehrte Ruhe im Baumhaus ein.

Am Nachmittag trudelte die Tafelrunde ein, um nach Gawain zu sehen und ihn auf den neuesten Stand zu bringen. Es freute sie, ihren Kameraden wieder so fit zu sehen. Als Morgan und Merlin gegen Abend zurückkehrten, waren die Freunde immer noch nicht gegangen.

„Ah, hallo, Kinder", begrüßte Merlin sie vergnügt.

Doch Morgan trat wortlos die Treppe zu ihrem Zimmer hinauf. Guinivere und Medusa warfen sich fragende Blicke zu und beschlossen ihrer Freundin zu folgen.

„Morgan?", rief Guinivere, als sie oben ins Zimmer geklettert und die Luke hinter Medusa verschlossen hatte.

„Ich bin hier", kam Morgans Stimme aus Richtung des Balkons. Medusa und Guinivere folgten ihr und traten zu Morgan hinaus. Sie stütze sich auf dem Geländer ab und blickte auf den Hof Camelots hinab, in dem ein reges Treiben herrschte.

„Ist alles in Ordnung bei dir?" Guinivere trat ebenfalls ans Geländer und warf ihrer Freundin einen besorgten Blick zu.

„Ich weiß nicht."

„Willst du darüber reden?"

Morgan zögerte kurz, doch wandte sich dann traurig lächelnd ihren Freundinnen zu.

„Ja, aber drinnen."

Die Mädchen setzten sich im Zimmer auf dem Boden. Die Heilerin und die Prinzessin blickten Morgan neugierig an und sie atmete einmal tief durch.

„Okay, raus damit. Medusa, ich habe es ihm gesagt. Nein, nicht gesagt ... gezeigt. Gezeigt trifft es eher", begann Morgan zu erklären, nach Worten ringend und mit aufgeregt gestikulierenden Händen.

„Das ist doch super!" Medusa sprang der Zauberschülerin glücklich entgegen und drückte sie kurz an sich. Sie war furchtbar stolz.

„Wartet, wartet, ich komme nicht mit. Von wem und was reden wir gerade?" Verwirrt blickte Guinivere zwischen den beiden Schwarzhaarigen hin und her.

„Na, rate mal", forderte Morgan sie auf. Guinivere blickte kurz ins Leere, bevor ihre Augen förmlich aufleuchteten.

„Gawain?!"

Die anderen beiden nickten nur.

„Ich ... habe ihn geküsst."

Guinivere klappte die Kinnlade herunter und auch die Heilerin guckte Morgan mit riesigen Augen an.

„Ja und weiter? Was hat er dazu gesagt?", fand Medusa schließlich als Erste die Worte wieder.

„Das ist es ja gerade. Nichts! Er hat nicht weggezogen, er hat ihn nicht erwidert. Das war der erste Kuss meines Lebens und es fühlt sich so an, als hätte ich ihn verschwendet." Verzweifelt warf Morgan ihre Arme in die Luft.

„Jap, eindeutig Gawain", bemerkte die Prinzessin und schüttelte ihren Kopf.

„Ach, komm schon." Medusa legte einen Arm aufmunternd um Morgans Schultern, um ihr zu zeigen, dass das alles gar nicht so schlimm war.

„Was soll ich bloß tun?", wimmerte die Tintagel nur, kurz vor den Tränen stehend.

„Ich an deiner Stelle würde es so schnell wie möglich herausfinden, was er empfunden hat, um zu wissen, ob er es wert ist", erklärte Medusa nach kurzem Überlegen.

„Ja, genau. Viel scheint er ja nicht dagegen zu haben, wenn er einen Kuss zulässt. Und wenn du einen solchen Schritt wagst, wird der Rest wohl ein Kinderspiel sein", pflichtete Guinivere ihr bei. Morgan blickte einige Male zwischen den aufmunternd lächelnden Mädchen hin und her.

„Ihr habt Recht!" Wie vom Blitz getroffen sprang Morgan vom Boden auf. „Ihr entschuldigt mich? Ich habe etwas Dringendes zu erledigen."

Freudig sprangen auch die anderen Mädchen auf und folgten der Zauberschülerin durch die Luke.

Kurzerhand schmiss Medusa die Jungs aus dem Baumhaus, mit dem Vorwand, Gawain brauche Ruhe. Die Heilerin beschloss sich selbst Guinivere anzuschließen, die ihren Freunden grinsend hinterherlief. Merlin merkte, dass irgendetwas in der Luft lag und beschloss den Kindern nach draußen zu folgen. Nun waren nur noch Gawain und Morgan im Baumhaus. Langsam, doch wild entschlossen, schlenderte sie zu seinem Bett herüber.

„Huhu", flötete sie aufgeregt und winkte dem verwirrten Knappen kurz zu.

„Ähm, huhu?" Gawain blickte fragend drein, als Morgan sich wieder neben dem Bett niederließ.

„Also, ich habe dir wohl eindeutig gezeigt, was mir lieber wäre. Jetzt bist du dran", begann sie.

„Was?"

„Du weißt genau, was ich meine", zickte Morgan etwas, doch fing sich schnell wieder.

„Ach, das", gab der Knappe schließlich klein bei und begann nervös mit seiner Decke zu spielen.

„Ja?"

„Nun ja, also, ich ..."

„Gawain, ich habe mich in dich verliebt und möchte wissen, ob du genauso fühlst", betonte Morgan mit Nachdruck.

„Ja", antwortete Gawain knapp und sah der jungen Zauberin endlich in die Augen, welche immer größer wurden.

„Ja?"

„Ja", wiederholte er selbstbewusst.

Über Morgans Gesicht breitete sich ein breites Grinsen aus. Er hatte ja gesagt! Auch Gawain musste grinsen.

„Wollen wir drüber reden?" Er hob seine Bettdecke einladend an und Morgan schlüpfte glücklich neben ihn ins Bett.

Medusa war mit Guinivere auf ihr Zimmer gegangen und hatte sich mit ihr verquatscht. Erst als der volle Mond schon hoch am Himmel strahlte, ging sie zurück ins Baumhaus.

Leise drückte sie die Tür auf und trat herein. Das Baumhaus war dunkel, doch am Gästebett leuchtete eine Kerze. Medusa schlich dem Licht entgegen. Dort im Bett lagen sie: Morgan in Gawains Arm, beide schliefen. Lächelnd blies Medusa die Kerze aus und ging dann die Treppe hoch in ihr eigenes Bett.

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