"Mein lieber zukünftiger Ehemann,
Lieber Unbekannter,
Entweder verhungere ich hier oder sterbe an nicht ausreichender Luftzufuhr!
Vielleicht mache ich es aber auch zu dramatisch, fünf Tage ohne Essen wird man wohl verkraften können und ich kann schließlich zwischen Mitternacht und ein Uhr morgens lüften. Verzwickte Situationen erfordern schließlich verzwickte Maßnahmen. Und weder von jemandem aus dem Dorf beobachtet zu werden oder den Aldens zu begegnen ist zum Verzweifeln. Besonders nicht James, der fast den ganzen Tag vor meiner Haustür steht.
Was macht er nur hier? Wenn er noch weiter nervt, werde ich vielleicht, auch auch nur vielleicht, seinen Brief öffnen. Seine blöden Blumen kann er jedenfalls vergessen, die werde ich nie im Leben anrühren.
"Miss Sky?", und schon wieder schreit er herum. Erwartet er wirklich, dass ich ihm öffne? Das kann er vergessen.
"Miss Relish?" Hat er immer noch nicht begriffen, dass nicht jeder hier von meiner Identität weiß? Es ist unglaublich, wie dumm manche Leute sein können! Aber das ist nun auch wieder unwichtig, vielleicht hat er schon der ganzen Stadt erzählt. Wundern würde es mich nicht.
Während er weiter herumschreit, muss ich mich dann doch seinem Brief widmen. Dieses streng nach Blumen riechende Briefpapier mit einer fast unlesbaren Handschrift könnte eigentlich schon jeden Menschen abschrecken. Wie er mit dieser Schrift wohl die Schule bestanden hat?
"An Miss Sky,
Durchgestrichen. Ist das sein Ernst?
An Miss Relish,
Wieder durchgestrichen. James, James, dieser Mensch bringt nicht einmal einen Brief zustande! Jede Anrede streicht er durch!
Liebe Miss Relish,
Und schon wieder....
Liebe Elisabeth,
Schon wieder umsonst gelesen....
Vergessen Sie es! Eben an die Frau, die in dem großen Haus wohnt und die mich nicht leiden kann.
Da hat er mich gut beschrieben.
Vielleicht, nur vielleicht, waren meine Worte nicht ganz nett, als ich mit Ihnen sprach und einiges hätte ich mir sicher verkneifen sollen, wobei ich mir nun sicher bin.
Wunderbar! Er hatte diese Art, alle Menschen dazu zu bringen, im zu verzeihen, nur indem er "vielleicht" und "einiges" verwendete. Vielleicht wird einiges von meinem Hass auch in seinem Gesicht landen, wenn ich gezwungenermaßen wieder hinausmuss. Das ist dann aber auch eine "Entschuldigung".
Nun, ich kann mich recht schlecht entschuldigen, was Sie sicherlich wissen, darum bringe ich es lieber sofort hinter mich. Ich bitte Sie vielmals um Entschuldigung, für das, was ich Ihnen gesagt habe.
Ist das sein Ernst? Denkt er wirklich, dass ein paar Worte die Welt wieder in Ordnung bringen? Also ich schließe mich hier für den Rest meines Lebens ein, egal wie kindisch das sein mag. Denn ich will kindisch sein!
Auf Wiedersehen
James
Ps: Ich finde diese Locken, die Sie hochstecken und die dennoch hinuntergefallen sind, wunderschön.
Am liebsten würde ich ihm den Hals umdrehen! Nein, besser noch: ich würde ihn kopfüber von irgendeiner Scheune herunterhängen lassen! Was erlaubt er sich bloß!
Dieser winzig kleine Brief mit dem unsinnigen Inhalt ist nicht einmal das Papier wert, auf dem er steht. Ich...
"Elisabeth!", er schreit immer noch pausenlos. Wie soll ich mich da auf einen Brief konzentrieren?
"Cassie!"
Auf Wiedersehen,
Deine
Elisabeth Cassandra Sky"
Sie legte den Brief beiseite und stellte sich ans Fenster. Cassie... Woher wusste er das nur? Die Rätsel häuften sich an. Cassie... Elf Jahre lang verschobene Erinnerungen kamen auf einen Schlag zurück.
Manchmal scheint einen die Wut das Naheliegende übersehen zu lassen---
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Rose Village-der Duft von Rosen
Historical FictionLangsam hatte ich Rose Village satt. Von wegen rosiges Leben - die reinste Tortur! Streit, Hass und Eifersucht, wohin man nur blickt. Und ich im Mittelpunkt von alledem. Ich war Lady Sky, doch ließ mich wie der letzte Dorftrottel behandeln. Weshalb...