"Mein lieber zukünftiger Ehemann,
Lieber Unbekannter,
es wird alles gut laufen. Es ist morgen früh, die Bühne steht, Leute aus der Gegend sind schon hier. Ich weiß nicht, was James sich gestern für einen Unsinn entsonnen hat, doch alles läuft perfekt.
Ich konnte tatsächlich die ganze Nacht nicht vernünftig schlafen. Einerseits lag es daran, dass ich nicht wirklich Lust hatte, mich hinzulegen, da meine Frisur annähernd fünf Stunden gedauert hatte und ich zudem nicht genervt werden wollte und deshalb die ganze Zeit auf der Treppe blieb. Und das alles, nur weil James mich am Abend völlig umsonst aus dem Konzept gebracht hatte. Er ist übrigens gerade nicht einmal im Ort, ist in die Nachbarstadt gefahren. Was für ein Volltrottel.
Die Stadt ist wunderschön geschmückt und der Platz ist so festlich wie kein anderer. Mir wurde gesagt, die Schausteller und Musiker seien alle hinter der Bühne, die mitten auf dem Platz aufgestellt ist. Auch ich werde dort meine Ansage machen und viele versicherten mir, dass sie sich sehr auf meinen Auftritt freuen. Die Stadtbewohner hätten sogar eine Überraschung vorbereitet, teilte man mir mit. Es ist zwar etwas seltsam, dass ich niemanden der von mir eingeladenen Leute persönlich sprechen konnte, aber es wird schon alles beim Rechten sein.
Lucy freut sich schon sehr darauf, das von mir geplante Stadtfest mitzuerleben. Ich darf sie einfach nicht enttäuschen, sie ist so glücklich darüber. James hat ihr offensichtlich nichts erzählt, noch ein Grund, weshalb er mich angelogen haben könnte.
Alles wird grandios, das weiß ich.
Deine
Elisabeth"
Sie faltete den Brief zusammen und grinste. Überall um sie herum herrschte Trubel. Die Stadtbewohner liefen kreuz und quer durch die Gegend, allesamt freuten sie sich über das Fest. Doch niemand von außerhalb war zu finden; es war niemand von ihnen in ganz Rose Village. Nein, stattdessen waren viele erst nicht gekommen oder schon auf dem Weg nachhause, nachdem sie auf der Hauptstraße von den Männern Rose Villages abgefangen und zurück geschickt worden sind. Somit würde zwar eine Vorführung stattfinden, aber keine, die Elisabeth geplant hatte, sondern eine, die über Elisabeth geplant war.
James war währenddessen in der größeren Nachbarstadt. Er hatte nichts zu tun; Geschäfte und Saloons waren aufgrund des Festes in Rose Villages geschlossen. Dennoch würde er nicht zum Fest gehen, einfach seines Stolzes Willen. Er wünschte sich, er hätte nichts erzählt, sondern sich einfach auf Fest begeben und dort herzlich mit allen über Elisabeth gelacht. Er bereute es, überhaupt jemals freundlich zu ihr gewesen zu sein. Mittlerweile fragte er sich, wieso er jemals angefangen hatte, sie als einzige nicht auf die lange Liste der austauschbaren Freunde für alle Situationen zu setzen. Vom ersten Augenblick an konnte er sie nicht leiden und er kam nicht dahinter, wieso es sich geändert hatte. Er wollte sie hassen, so wie er seine Familie gehasst hatte, doch er konnte es nicht. Irgendetwas, das er nicht genau bestimmen konnte, hatte sich geändert. Doch noch war er ebenso wenig bereit, seinen Stolz fallenzulassen, wie Elisabeth es war. Er konnte es zwar verstehen, aber nicht nachvollziehen. Und so blieb er fort von Rose Village.
Hämisch grinsend stand Mister Foster am Rande des Platzes. So viel hatte er für den heutigen Tag geplant. Er würde lachen über all das, was er sich gewünscht hatte. Elisabeth würde zum Gespött der ganzen Stadt werden, dafür, dass sie sich tagein, tagaus mit ihm verstreiten musste. Längst hatte der Streit eine tiefere Bedeutung für ihn bekommen, da sein Stolz niemals von irgendjemandem derart beschädigt worden war. Er war es gewohnt zu gewinnen, zu bekommen was er will. Für ihn hatte sich nichts seit dem Moment geändert, an dem Elisabeth mit dem Preis für den Hausbau das erste Mal ihren Willen bekommen hatte. Von Tag zu Tag steigerte er sich mehr in etwas hinein, das für sie längst in der Vergangenheit lag.
Noch wusste niemand, wie der heutige Tag ausgehen würde. Doch egal, wer auch recht bekommen würde und das Fest genießen würde, ein anderer würde diesen Tag als einen der schlimmsten seines Lebens empfinden. Der heutige Tag konnte über die Zukunft einer Familie und vielleicht sogar der ganzen Stadt bestimmen. Was wohl geschehen wird?
Denn in einem Streit können niemals alle gewinnen, und manchmal können alle auf die ein oder andere Weise verlieren---
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Rose Village-der Duft von Rosen
Historical FictionLangsam hatte ich Rose Village satt. Von wegen rosiges Leben - die reinste Tortur! Streit, Hass und Eifersucht, wohin man nur blickt. Und ich im Mittelpunkt von alledem. Ich war Lady Sky, doch ließ mich wie der letzte Dorftrottel behandeln. Weshalb...