neunundzwanzigstes Kapitel: Cassie

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"Mein lieber zukünftiger Ehemann, 

Lieber Unbekannter, 

Es tut mir leid, dass ich gestern so schnell abbrach, aber ich hatte dringend etwas zu klären. Mit James... 

Cassie... die letzten Worte, die ich Dir gestern zitiert habe, richtig? Wie selten mich doch jemand so genannt hatte. Zuletzt Leonore... 

Ich bin sofort zum Fenster gerannt, obwohl ich eigentlich so tun wollte, als ob ich nicht da wäre. Woher wusste James  nur davon? Woher wusste James nur von Leonore? 

"Ich dachte schon, dass Sie herausschauen!", bei seinen dämlichen Kommentaren wäre ich am liebsten schon wieder verschwunden, doch ich riss mich zusammen. 

"Woher...", meine Stimme zitterte noch ein wenig von den vielen Tränen, "woher wissen Sie, dass..." Ich hatte den Satz nicht zuende bringen können. Zu viel Schmerz, der damit verbunden war. Zu viele Erinnerungen an sie. 

"Sie stellen sich immer mit Ihrem vollen Vornamen vor, also Elisabeth Cassandra. Welchen Grund sollte es haben, wenn Sie diesen Namen nie nutzen?  Niemand hier nennt Sie Cassandra, also muss es jemand aus Ihrer Vergangenheit, Familie würde ich sagen. Und dort ist es wiederum üblich, Spitznamen zu nutzen." 

Innerlich kochte ich, auch wenn ich wirklich überrascht war, dass er offenbar nicht so dumm war, wie ich dachte. James konnte etwas schlussfolgern? Und wieso nutzte er seine Intelligenz dann so gut wie nie? 

"Das geht Sie nichts an!" 

"Wollen wir weiter durch das ganze Dorf schreien, oder lassen Sie mich herein, Cassie?" 

"Vergessen Sie es!", diese Nervensäge würde ich doch nicht in mein Haus lassen! Und außerdem; was würde man dann wohl im Dorf herumerzählen? Unmöglich! So sehr wie hier getratscht wird... 

"Ihr Haus brennt!" 

Irritiert lief ich nach unten, mehrere Stufen einfach überspringend. Angst hatte ich nicht wirklich, schließlich gab es hier kaum etwas, das wirklich brennen konnte. Von der Spüle und den zwei Stühlen im Erdgeschoss abgesehen. 

Hatten die Fosters ihren Plan in die Tat umgesetzt? War das eiskalte Rache? Wie waren sie überhaupt an James vorbeigekommen? Oder war es gar selbst? Fast wäre ich gestolpert, während ich so schnell, wie ich nur konnte, herunterrannte. 

"Sie sind ein Idiot", konnte man nur wenige Sekunden später mein Gezeter vernehmen, während James nicht mit dem Lachen aufhören konnte. Ein einfacher Scherz war das! Ich konnte es nicht fassen, dass er sich das erlaubte! 

Etwas übereilig rannte ich durch die Tür, in aller Eile gerade einmal den Stuhl davor zur Seite stoßend. Niemand durfte sich solche Scherze mit mir erlauben! Doch an das viele Sonnenlicht draußen hatte ich nicht gedacht, weshalb ich erst einmal stehen bleiben musste, bis in diesem grellen Licht überhaupt etwas erkennbar war. James war währenddessen schon um das halbe Haus herumgerannt, wobei mir nichts anderes übrig blieb, als ihm zu folgen. 

Wenn ich daran zurückdenke, muss es ein recht amüsanter Anblick gewesen sein - ein wie wild lachender junger Mann und ein vornehme Dame, die ihn mit ihrem Tintenfass schlagen wollte und deshalb durch das kniehohe Gras in Stöckelschuhen stampfte. Dass mein Kleid noch dazu etwas seltsam aussah, da ich seit Tagen immer nur grübelnd über den Briefen saß, machte alles nicht besser. Als letzte Lady Sky sollte ich mir solche Wutausbrüche eigentlich nicht erlauben - James ließ mir jedoch keine Wahl. 

"Sie sind unmöglich!" Nach einigen Runde hatte ich ihn endlich eingeholt, doch statt ihn mit dem Fass zu schlagen kam mir eine blendende Idee - ich goss ihm den Inhalt über den Kopf. Immerhin hatte ich einige davon aus New York mitgenommen. 

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