siebenunddreißigstes Kapitel: Versöhnung

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"Mein lieber zukünftiger Ehemann, 

Lieber Unbekannter, 

vielleicht ist Miss Foster nicht so schlecht, wie ich dachte. Ich meine damit nicht, dass sie nett ist, oder ich sie mag, aber vielleicht ist sie nicht so schlecht, wie ich dachte. Immerhin ich sie gewillt, unseren Kleinkrieg für eine Weile ruhen zu lassen. 

Über ihre Beweggründe denke ich lieber nicht nach, nichts als Eigennutz trieb sie zu der Zusammenarbeit zwischen uns. Ich wiederum würde auch nicht sagen, dass mich der Wille nach einer Freundschaft überredet hat. Zur Not habe ich immerhin die Mittel, um sie wieder loszuwerden, sollte sie mir lästig werden... 

Seit ich den Zeitungsartikel geschrieben habe, will niemand mehr mit ihr ausgehen. Und wenn sie keinen Mann findet, wird sie nach dem Tod ihres Vaters mittellos dastehen. Selbst ein Beruf könnte ihr da nicht helfen, sobald ihr Bruder nicht sechszehn ist und arbeiten kann. Und ihre Mutter, die es nie zu etwas gebracht hat, hilft da auch nicht. Kurzum, solange ich ihren Ruf wieder irgendwie zusammenbaue, hilft sie mir bei dem neusten Rachezug. 

Falls du dich fragst, was los ist - sie fand, dass ich mich an James rächen sollte. Anfangs klang es wirklich seltsam, doch mittlerweile hat sie mich überzeugt. Ihrer Auffassung nach ist er schuld an unserer Misere - schließlich hatte er ihr erst den Kopf verdreht und mich damit stehen gelassen. Dass sie fest davon überzeugt ist, dass James sich zu irgendeinem Zeitpunkt auch für mich interessiert hätte, war zwar merkwürdig, aber auch unwichtig. Auch wenn sie sich zu einem kleinen Streit darüber eingelassen hatte, den ich jedoch gewann. Solch eine lächerliche Theorie könnte aber niemals gewinnen, da bin ich mir sicher. 

"Wissen Sie, Miss Relish, wir sind zwar immer noch Feinde, doch keiner von uns beiden will sich hier wirklich von James Alden kommandieren lassen, finde ich", meinte sie, als sie mir auf dem Weg zur Schule begegnete. Anfangs wollte ich wirklich noch an ihr vorbei, doch mit der Zeit klang es wirklich interessant, was sie da sprach. 

"Wissen Sie, eigentlich ist es doch James Schuld. Er sorgt immer für Ärger, indem er sich erst auf die eine, dann die andere Seite stellt. Immer sorgt er dafür, dass alle einander hassen und macht dann allen jungen Damen schöne Augen, damit er bloß nicht die Schuld abbekommt. Er hetzt alle gegeneinander auf, und doch kann man ihm einfach nicht böse sein, wofür er schon sorgt", plapperte sie einfach weiter. Ich horchte etwas genauer hin und blieb stehen. So absurd es auf Anhieb auch klang, so war es nicht einmal abwegig. Je länger ich darüber nachdachte, desto mehr Sinn ergab es. 

"Und wäre laut dieser Theorie der Sinn von dem Ganzen?", fragte ich nach. Immerhin würde er so etwas schließlich nicht einfach so machen. Obwohl ihm gemeine Handlungen nur ganz ähnlich sähen. Irgendetwas musste er schließlich von seiner zauberhaften Familie haben. 

"Was wohl? Wenn er beide Seiten gegeneinander ausspielt, dann hat es doch zur Folge, dass er er jederzeit zur Gewinnerseite kann. Beide Seiten konzentrieren sich nur aufeinander, anstatt auf ihn. Niemand bemerkt seine Machenschaften. Und wenn entweder Sie oder unsere Familie gewonnen haben, wird er sich zwischen uns beiden entscheiden und eine heiraten", erzählte sie mit langen Spannungspausen. Beim letzten Punkt runzelte ich die Stirn. 

"Aber ich bin doch schon verlobt!", protestierte ich entsetzt. 

"Aber er versucht die Hochzeit doch schon zu sabotieren", beschwichtigte sie mich. Es schien immer wahrscheinlicher zu sein, dass sie recht hatte... "Und außerdem scheint er langsam Erfolg zu haben. Er hatte seine Mutter mit Absicht verärgert, damit er sich dann bei Ihnen entschuldigen kann und Sie ihm verzeihen, weil er so ein herzensguter Mensch ist, dass er all seine Worte zurücknimmt. Vermutlich dachte er, dass sie am selben Abend zurückkehrt und er dann mit Tränen um Entschuldigung bitten kann, was Sie natürlich beeindruckt hätte. Und neuerdings versucht er alle Damen hier in der Gegend zu verführen, damit Sie in Wut geraten, er sie abweist und doch letztendlich seine angebliche Liebe gestehen kann. Dann werden Sie ihm verzeihen und sich selbst für Ihr verhalten nie vergeben." 

Immer mehr konnte ich alles nachvollziehen. Es würde sein gesamtes seltsames Verhalten erklären. Und sogar diese immer größere Feindschaft zwischen mir und den Fosters würde sich dadurch erklären lassen... Wenn eine Theorie nicht widerlegt werden kann, dann muss sie doch wahr sein, oder? Und alles schien zu Miss Fosters Erklärung zu passen... 

Danach führten wir eine längere Unterhaltung, die ich jedoch nicht in allen Details niederschreiben möchte. Doch wie es scheint, wird sie mir in nächster Zeit bei meinen Plänen helfen. Im Gegenzug dafür muss ich nur meinen Text widerrufen. Immerhin hat so eine Zeitung viele Seiten, und ich glaube, auf Seite achtzehn wäre noch Platz für einen Gegendruck. 

Auf Wiedersehen! 

In Liebe 

Deine 

Elisabeth" 

Mittlerweile hatte Elisabeth gelernt, James zu hassen. All die Worte, die man ihr erzählte, glaubte sie. Ob Lügen oder ob es die Wahrheit war, zählte für sie nicht mehr. Sie selbst war schon längst in sich zusammengebrochen, doch noch wollte sie nicht untergehen. Und all die Vermutungen versicherten ihr, dass sie selbst nicht einen Fehler gemacht hatte. Doch selbst hinter der Wahrheit steht immer noch eine längere Geschichte, die niemand aus eigenen Stücken zusammendichten kann. 

Manchmal ist die Wahrscheinlichkeit nicht die Wahrheit und auch die Wahrheit enthält manchmal Lügen--- 


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