dreißigstes Kapitel: Versöhnung

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"Mein lieber zukünftiger Ehemann, 

Lieber Unbekannter, 

"Cassie?" James riss mich aus meinen Gedanken. 

"Verschwinden Sie!", fauchte ich. 

"Und wieso? Was ist nun wieder mit Ihnen los? Und wieso kommen Sie eigentlich nicht mehr zum Abendessen?", fragte er mich aus. 

"Nicht erwünscht." Ich hätte am liebsten die Tür zugeknallt, doch leider war keine in Reichweite. 

"Wie bitte?" 

"Ich bin dort nicht erwünscht", erwiderte ich mit zuckersüßer Stimme. 

"Wieso? Ich habe mich entschuldigt!" 

"Ich denke nur, dass keiner dort meine Anwesenheit als freudiges Ereignis betiteln würde." 

Eigentlich war ich mir dessen nicht sicher, doch mit James, Henry und Jenny traf es schon die Mehrheit. Doch ich hatte schlichtweg keine Lust auf langwierige Erklärungen. Besonders nicht bei James Temperament. 

"Jenny das kleine Miststück, richtig?", fluchte er beinahe. Seine Vokabeln sind durchaus nicht wünschenswert in höheren Kreisen, doch er würde sie sich niemals abgewöhnen, jedenfalls denke ich das. 

"Ich empfinde es nicht als wünschenswert, wenn sie in solch niederträchtigen Worten von Ihrer Schwester sprechen." 

"Dann hatte ich also recht. Sie kann sich auf etwas gefasst machen." 

"Bitte, James! Lassen Sie es einfach." 

"Dann kommen Sie zum Abendessen? Es würde mich wirklich freuen." 

"Sie sind einfach furchtbar nervig!", schimpfte ich. 

"Ich weiß. Ich freue mich schon, dass Sie kommen, Cassie." 

Wieso ging er mir immer so auf die Nerven? Konnte er nicht einfach verschwinden? Nein, er stand einfach da und plauderte in aller Ruhe. Doch ich würde mich hier nicht einfach blamieren, nein! Er konnte noch so liebreizend tun, wie er wollte. Irgendwann würde er wieder so garstig sein wie zuvor. 

"Wer ist das auf dem Bild?" Offensichtlich hatte er nun auch noch die einzige Fotografie gefunden, die ich noch behalten hatte. 

"Leonore und ich. Und meine Eltern." 

"Sie? Aber... Ich dachte... Sie sind doch... Ich meine, Sie sind reich!", stotterte er verlegen. 

"Ich schon. Lenore nicht und sie war es auch nie. Wie auch meine Eltern." Amüsiert betrachtete ich seinen entgleisten Gesichtsausdruck. Er schien es wirklich nicht zu begreifen. Ich hatte eigentlich auch sehr viel Zeit um es von alleine zu verstehen. Es war fast ein Traum - auch wenn ich nicht die erste Kandidatin war, sondern nur diejenige, die sich zu benehmen gelernt hatte. 

"Verstehe ich nicht", er schien wirklich verwundert. 

"Adoptiert in eine Millionärsfamilie - für ein kleines Mädchen wird ein Traum wahr, so hießen damals die Schlagzeilen. Manchmal muss man im Leben eben auf Glück hoffen." 

"Ich verstehe es immer noch nicht." Dieses Mal erschien er mir etwas begriffsstutzig, was langsam schon nervig war, da ich nicht die Lust dazu hatte ihm alles zu erklären. 

"Man kann in eine reiche Familie hineingeboren sein oder sich hinstellen und das Püppchen spielen. Beides kann zu siebzig Millionen Dollar führen. Nur dass der zweite Weg außer Glück auch noch Benehmen erfordert. Für mich blieb also nur dieser übrig", erklärte ich ihm nüchtern. 

Langsam schien er die ganze Geschichte zu begreifen. Doch auf weitere Fragen hatte ich wirklich keine Lust mehr, also ging ich hinaus. Die frische Luft war wirklich befreiend nach diesen ganzen Gesprächen. 

Plötzlich erblickte ich jedoch eine Kutsche, die nur ganz knapp und in einem wahnsinnig schnellen Tempo an mir verbeiraste. Wütend wollte ich gerade hinterherschimpfen, als ich ihn erkannte. Er war derjenige, der Leonore getötet hatte. 

Auf Wiedersehen, 

Cassie 

Manchmal sind Erinnerungen stärker, als man je denken könnte--- 

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