1. Rosen und Wölfe

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„Habt ihr die Wurzeln noch immer nicht gezogen? Der König kommt zu Besuch und ihr Mädchen sitzt nur herum und schwatzt, los jetzt bevor ich mich vergesse!", rief Schwester Onella, die sich trotz ihres stattlichen Alters von einhundertundfünf Jahren fast lautlos von hinten an die drei jungen Mädchen angeschlichen hatte, und hieb Mirabell mit ihrer flachen Hand auf den Hinterkopf.

Als Molly von König Ferdinand ins Kloster gebracht worden war, hatte er ihr alles genommen. Ihre Mutter, ihren Vater, ihre Geschwister, einfach alles. Er hatte sie als seine Tochter beansprucht nur um ihren Vater umzubringen und sie dann in ein Kloster abzuschieben.
Sie wurde aus ihren düsteren Gedanken gerissen als Schwester Onella weitersprach.

„Und dass ihr Mädchen euch ja heute benehmt, vor allem du Wilhelmine!" Schwester Onella deutete mit ihrem dünnen Zeigefinger auf sie.
Die Schwester verbag die paar grauen Haare, die sie noch ihr Eigen nennen durfte unter dem für Ordensschwestern typischen blauen Schleier, der im starken Kontrast zu ihrem grauen Kleid stand. Drei Ringe aus reinem Silber, die ineinander verschlungen waren, baumelten um ihren Hals. Ihre blauen Augen funkelten trotz ihres hohen Alters genau so aufgeweckt wie bei jeder anderen Nonne. Ihre Haut lag in Falten und ihre Wangen hingen von den hervorstechenden Wangenknochen
Als junge Frau musste sie eine Schönheit gewesen sein, wäre da nicht die dicke Warze gewesen, die an ihrem Hals wuchs, doch im Alter ähnelte ihr Gesicht mehr und mehr dem eines Hundes.

„Keine Sorge Schwester Onella, wir werden uns zu benehmen wissen!", versprach sie der alten Frau, die sich auf ihren Gehstock lehnte, bevor sie sich umdrehte und davon wackelte.
„Bei Kundra, ich weiß man soll niemandem den Tod wünschen, aber die alte Fledermaus hat es echt verdient!", spie Joanna aus. Joanna, trug so wie die anderen beiden einen roten Schleier, als Zeichen ihres Novizinnenstatus, deshalb konnte man auch ihre blonden Haare nicht sehen, nur einige Strähnen hingen vorne unter ihrem Schleier hervor. Sie hatte braune große Augen, hohe Wangenknochen und einen breiten Mund, der zu ihrem sonst so elfengleichen Gesicht nicht passte.

Mirabell und Molly grinsten zustimmend bevor sie mit ihrer Arbeit fortfuhren.
„Seid ihr schon neugierig weshalb der König kommt? Soweit ich weiß hasst er die Klöster...", fragte Mirabell in die Runde aus dreien, bevor sie sich den Schweiß von der Stirn wischte.
„Keine Ahnung...", antworteten sowohl Mirabell als auch Molly. Auch wenn das so nicht ganz stimmte. Molly konnte sich denken warum König Ferdinand ausgerechnet nach Jashier kam und es konnte nichts Gutes bedeuten. Als sie endlich die letzte Wurzel mit Mühe aus der Erde geholt hatten, mussten diese noch gewaschen und geschält werden.

Normalerweise waren die drei Novizinnen nicht in der Küche erlaubt da dies der Arbeitsbereich der ältesten Novizinnen war, die nur noch ein Jahr bis zu ihrem Gelübde hatten. Vor allem im Winter konnte man sie beneiden, da sie die ganze Zeit im Warmen waren, doch am heutigen Tag schien alles etwas anders zu sein. Denn die fünf älteren Novizen zerrten sie fast schon ins Innere der Küche und befahlen ihnen, die zehn Hühnchen für das Festmahl des Königs zu rupfen.
Die drei Jüngeren, die eigentlich noch mehr zu tun hatten, versuchten abzulehnen. Doch Annastasia, die älteste Novizin mit fünfundzwanzig Jahren, meinte nur, dass Mutter Hild sie von ihren restlichen Pflichten freistellte damit sie in der Küche helfen konnten.

„Glaubt ihr es ist wahr dass der König mit dem Prinz reist?", fragte Mirabell leise während sie sich um den großen Tisch setzten um die Hühner zu rupfen.
„Woher hast du das denn gehört?", fragte sie neugierig während sie begann dem ersten Hühnchen die weißen Federn auszureißen. Denn sie bekam so gut wie gar nichts mit, bis auf dass ihr Erzeuger herkam, wusste sie gar nichts.
„Ich hab Schwester Chelly und Olga belauscht. Sie haben darüber letzte Woche geredet kurz nachdem der Page gekommen war um uns die Nachricht zu überbringen", erklärte Mirabell im verschwörerischen Flüsterton, damit die älteren, die an der anderen Seite des Raumes schon begannen das Wasser zu erhitzen und miteinander zu reden, auch ja nichts von ihrer Konversation mitbekamen.
„Ich glaube nicht dass der Prinz mitkommen würde, warum auch? Es gibt hier nichts Spannendes, außer er möchte unbedingt unsere Tiere sehen", meinte Joanna leise kichernd.

Die BastardprinzessinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt