Am nächsten Morgen nimmt mein Wecker seine Aufgabe mal wieder viel zu ernst, denn er versucht, mich im Fünfminutentakt wach zu bekommen. Er scheitert natürlich kläglich, denn ich dresche immer wieder, sobald er mit dem Lärm anfängt, auf ihn ein. Als von Richtung Flur ein ohrenbetäubender Schrei ertönt, sitze ich mit vor Schreck aufgerissenen Augen kerzengerade in meinem Bett. „Stell endlich den VERDAMMTEN Wecker aus!!!", brüllt Luke und bevor er wie ein wütender Stier zu mir ins Zimmer gestürmt kommt, mache ich den Wecker aus. Jetzt brauche ich ihn eh nicht mehr, dank Luke bin ich schließlich ganz wach und falle nicht mehr in Gefahr, wieder einzuschlafen. Seufzend stehe ich auf und wickele meine Verbände ab, bevor ich Kys Salbe draufgebe und einen neuen Verband anlege.
Für den Fall, dass sich jetzt jemand wundert, warum ich nicht zu spät dran bin: Ich stelle den Wecker immer so, dass ich mich noch ungefähr eine Viertelstunde lang im Halbschlaf befinden kann, bevor ich aufstehen muss. Ich meine, wer liebt die Halbschlafphase denn nicht?! Man muss sich um nichts Gedanken machen, meistens träume ich die schönsten Sachen und erinnere mich sogar noch daran.
Heute fühle ich mich allerdings nicht erholt sondern eher wie gerädert oder besser gesagt so, als hätte ich mit Luke und seinen Freunden die Nacht durchgefeiert. Na ja, ich hab die halbe Nacht nicht geschlafen, schließlich war ich im Wailupe Beach Park und habe die wohl verrückteste Nacht ever erlebt. Ich hab endlich begriffen, dass ich seit Ewigkeiten in Keylam verliebt bin! Die Realisierung hat vielleicht wegen meiner vorschnell gebildeten Meinung so lange gedauert.
Eine Viertelstunde später gehe ich frisch geduscht und angezogen runter in die Küche, um mir eine Jause zu machen. Der Weg dahin ist gepflastert mit leeren Flaschen sowie leeren Chips Packungen. Tja Luke, viel Spaß beim Aufräumen, denke ich ein wenig schadenfroh. In der Küche angekommen mache ich mir heute die Mühe und belege mir ein Brot. Ich könnte mir eigentlich auch nur einen Apfel mitnehmen, aber ich habe noch ein wenig Zeit, bevor ich mich auf den Weg machen muss. Als ich das erledigt habe, packe ich das Brot in meine Jausen Box und werfe diese in meinen Rucksack. Meine Wasserflasche quetsche ich daneben rein und ziehe ich mir noch Schuhe an, bevor ich das Haus verlasse.
Die Sonne prallt bereits heiß vom Himmel und somit ist klar, dass die Temperaturen heute nicht geringer als gestern sein werden. Ich trage natürlich ein langärmliges Shirt, um meine Verbände nicht der breiten Öffentlichkeit auszusetzen. Es wäre mir egal, wenn sie zu sehen wären, aber ich habe keine Lust auf seltsame Blicke und Fragen. Ich bewege mich langsam die Ohialoke Street entlang, stecke mir meine Ohrstöpsel rein und gehe meinen, mittlerweile vertrauten, Schulweg.
Ein paar Minuten später, ich höre gerade „Where is the love" von The Black Eyed Peas, welches gerade mein absolutes Lieblingslied ist, als das Gewicht meines Rucksacks auf meinem Rücken plötzlich weg ist. Verärgert drehe ich mich um und sehe den Dieb, wie er in der nächsten Seitenstraße verschwindet. Seufzend nehme ich die Verfolgung auf, denn ohne meine Schulsachen bin ich leider ziemlich schlecht dran. Als ich ihn nach fünf Minuten sprinten immer noch nicht eingeholt habe, bleibe ich keuchend stehen und gebe innerlich zu, dass ich meine Sachen wohl nie wieder sehen werde. Na hoffentlich hat sich der Inhalt meines Rucksack für die „Fachkraft zur spontanen Eigentumsübertragung" gelohnt.
Zu allem Übel stelle ich fest, dass ich in die komplett falsche Richtung gelaufen bin, denn nun brauche ich sicherlich doppelt so lange wie sonst bis zur Schule und ich bin durch die Verfolgungsjagd sowieso schon spät dran. Tja, da hilft nur noch laufen, wenn ich nicht zu spät zu meinem ersten Kurs kommen möchte. Stöhnend setze ich mich in Bewegung und verfluche die Sonne, da ich bereits jetzt komplett verschwitzt bin. Nach zehn Minuten bin ich wieder in der Straße, wo ich bestohlen worden bin. Ihr fragt euch jetzt sicherlich, warum ich zehn Minuten gebraucht habe, wenn ich dem Dieb eigentlich nur fünf Minuten lang gefolgt bin, oder? Klare Antwort: Meine Puste ging mir aus und ich musste wohl oder übel vom Laufschritt in einen Schildkröten-Trott wechseln. Plötzlich höre ich hinter mir laute Musik, aufgrund derer ich näher zum Straßenrand gehe, denn wer weiß schon, ob ich nicht wieder fast überfahren werde.
Ich bin allerdings verwundert als das Auto neben mir stehen bleibt. „Hey Süße, spring rein!", sagt eine tiefe Stimme, nachdem die Beifahrerscheibe surrend runtergelassen wurde. Ich erkenne Koa an seiner Stimme und brauche alle meine schauspielerischen Fähigkeiten für ein freundliches Pokerface, als ich mich zu ihm umdrehe.
„Hey Koa, seit wann bin ich denn deine Süße?", frage ich ihn stirnrunzelnd und winke ab, als er Anstalten macht, die Beifahrertüre zu öffnen.
„Die Schule ist eh um die Ecke also gehe ich die restlichen Meter zu Fuß, danke dir trotzdem", sage ich lachend zu ihm und lasse einen verblüfften Koa zurück.
Tja, denke ich mir, ich habe nicht vergessen, dass du mich fast krankenhausreif gefahren hast, ich steige sicher nie in dein Auto ein. Als ich auf dem Schulhof ankomme, höre ich hinter mir den schnurrenden Motor eines Motorrads und drehe mich neugierig in die Richtung, aus der das Geräusch kommt. Ein kollektives Raunen geht über den Schulhof, als eine schwarze Kawasaki Ninja 125 um die Ecke biegt und auf einem der Parkplätze stehen bleibt. Der Fahrer hat eine braune Lederjacke an und schwingt sich lässig vom Motorrad. Langsam öffnet er seinen Helm und zieht sich diesen mit einer selbstbewussten Haltung ab.
Ich bemerke erst, dass ich meinen Atmen angehalten habe, als ich realisiere, dass es sich bei dem sogenannten Ungekannten um Ky handelt und ich aufgrund dieser Tatsache stockend Luft holen muss. Er hat mich natürlich längst bemerkt und kommt, während er sich seine schwarze Sonnenbrille aufsetzt, langsam auf mich zu. In dem Moment, als er vor mir zum Stehen kommt, läutet es zum ersten Kurs. Ich bin darüber ehrlich gesagt ziemlich erleichtert, denn ich habe keine Ahnung, wie ich mich nach dem, was heute Nacht geschehen ist, verhalten soll. Ich nicke ihm deshalb nur zu und mache mich auf den Weg in Richtung Kurs.
Womit ich allerdings nicht gerechnet habe, ist, dass Ky sich ebenfalls in Bewegung setzt und mit Lederjacke und Sonnenbrille neben mir die Schule betritt. Um uns herum ist es erschreckend still geworden und alle mustern uns. Ich nehme es meinen Mitschülern nicht übel, schließlich weiß mittlerweile die ganze Schule, dass wir beide aus Irland sind, dort auf dieselbe Schule gegangen sind und uns reiner Hass verbindet. Es ist also kaum verwunderlich, dass wir beide nun die Sensation des Tages, wenn nicht sogar die der Woche sind. Ich zische Ky auf irländisch zu: „Ky, was machst du da? Alle starren uns an!?". Er grinst nur und flüstert zurück: „Ich gehe doch nur mit meiner Freundin zusammen zum Unterricht, ist ja nichts dabei, oder?".
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Hey Leute, nach langer Zeit wieder mal ein besonders langes Kapitel... ♥
Ich habe versucht, die Geschehnisse aus den letzten Kapitel in dieses Kapitel einzubauen, wenn dir das zu wenig ist, freue ich mich, wenn du die letzten Kapitel nochmals liest. ♥
Und noch was: Welches ist euer Lieblingssong? Meiner ist zurzeit "You where there for me" von Henry Moodie, welcher auf Youtube zu finden ist - hört euch den Song unbedingt an!
Hier der Link: https://youtu.be/65ZRPTcxkWk
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Mystery / Thriller𝑩𝒂𝒏𝒅 𝑰 𝒅𝒆𝒓 𝑭𝒐𝒍𝒍𝒐𝒘-𝑹𝒆𝒊𝒉𝒆 Aislynn MacKennas Leben als irische Austauschschülerin auf Hawaii wird von etwas Düsterem und Gefährlichem überschattet. Von etwas, dass nur sie selbst lichten kann. Wird Aislynn dies gelingen und kann sie...